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Panoramawege/ Hochgefühl
wandern

Wandern Dolomiten: Sentiero Ivano Dibona

Anspruch:
schwer
Dauer:
06:15 Std.
Länge:
9 km
Aufstieg:
270 m
Abstieg:
1700 m

Ehemaliger Frontsteig am Cristallo. Ein anregendes Auf und Ab über mehrere Scharten, luftige Bänderquerungen, dazu das Dauerpanorama über die Ampezzaner Dolomiten und zeitweilig auch nach Norden bis zum Alpenhauptkamm. Diese Kurzcharakterisierung stempelt den Sentiero Ivano Dibona zu einem echten Dolomiten-Highlight. Hier kommen Landschaftsgenießer mit einem Faible für hochalpine Unternehmungen voll auf ihre Kosten.

Beschreibung

Auf den Spuren der Dolomitenfront

Der Sentiero Dibona, um 1970 aus ehemaligen Kriegssteigen am Westausläufer des Cristallostocks restauriert (was nicht zu übersehen ist!), präsentiert sich beileibe nicht als Spaziergang. Die Kategorisierung »Klettersteig« wäre jedoch fast zu viel der Ehre, auch wenn gerade im höchsten Abschnitt der Route einige exponierte, eisengespickte Passagen den sonst nur an typische Wanderwege gewöhnten Aspiranten ordentlich auf die Probe stellen. Schnee- und gewitterfreie Bedingungen müssen unbedingt vorausgesetzt werden, sonst kann es sehr ungemütlich werden. Passen sowohl die äußeren Umstände als auch die persönliche Lei­stungsfähigkeit, vereinigen sich Tourenverlauf und Aussicht zu einer friedlichen Sternstunde. Solcherlei erlebten die Soldaten im Ersten Weltkrieg wohl kaum. Entlang des heutigen Sentiero Dibona unterhielten die italienischen Alpini ihre Frontstellungen, während sich die österreichischen Kaiserjäger gegenüber am Forame und an der Schönleitenschneid verschanzten. Keiner der Kontrahenten konnte eine Überlegenheit ausspielen, allein der Tod war allgegenwärtig.

»Einbahnstraße« von der Forcella Stauniès

Ich persönlich habe zwar auch schon mal ganz ambitioniert die Gegenrichtung ausprobiert, aber normalerweise wird der Sentiero Dibona im überwiegenden Abstieg von der hoch gelegenen Forcella Stauniès her begangen. Diese erreichen wir in zwei Sektionen mit Sessel- und Stehgondellift. Wer oben im Rifugio Lorenzi (2932 m) übernachtet, kann in der Früh gleich ohne Stau und Zeitverlust starten und womöglich die allerschönsten Stimmungen einfangen; dies nur als Tipp. Der Sentiero ferrato Dibona beginnt ziemlich spektakulär mit einigen Stiegen, einem kurzen Tunnel und Drahtseilpassagen zum prickelnden »Ponte Cristallo«, jener schwankenden Hängebrücke über einem tiefen Spalt. Danach über Leitern auf die Grathöhe und zum Abzweig Richtung Cristallino d’Ampezzo (3008 m), den Gipfelsammler nicht versäumen werden. Ein kurzer, ebenfalls klettersteigartig ausgebauter Stich leitet bereits zum Kulminationspunkt der Tour.

Anschließend geht es über steilen, gut gestuften Fels fast durchgängig gesichert zum Kreuzungspunkt in der Forcella Grande (2874 m) hinab. Die Cresta Bianca wird von der Südseite her passiert, ehe schräge Bänder in die Forcella Padeòn (2760 m) und zu einer Kriegsbaracke als Notunterschlupf hinableiten. Hier befand sich im Krieg ein Kommandostand. Wir bleiben jetzt auf der Südseite und queren – nach kurzem Gegenanstieg zu einer Schulter – mit Drahtseil die bröseligen Steilflanken des Vecio del Forame entlang markant ausgewitterter, luftiger Schichtbänder: einfach fantastisch! In splittrigem Geröll führt die atemberaubende Traverse über den Abgründen schräg abwärts und um mehrere Ecken herum in die Forcella Alta (2687 m). Nicht ganz so viel Spaß macht ein sandiger Steilabstieg im Bereich einer langen, haltlosen Rinne. Danach schwenkt der Sentiero Dibona nach rechts, um erneut auf Bändern um eine Kante herum zum nächsten Einschnitt an der Forcella Bassa (2417 m) voranzukommen. Von einem »Fluchtweg« talwärts wird entschieden abgeraten.

Luftiger Pfad zum Col dei Stombe

Ein höchst abwechslungsreicher Verlauf mit häufigen Nahszenenwechseln bleibt uns auch in der zerschlissenen Südwestflanke des Zurlonkammes erhalten. Immer wieder geht es leicht auf und ab, durch mehrere Nischen und zwischendrin nochmals die Grathöhe tangierend, von Zeit zu Zeit auch an alten Kriegsruinen vorbei. Die Kavernen, Laufgräben und verfallenen Baracken erzählen eine traurige Geschichte von Gemetzeln und Überlebenskämpfen inmitten einer oft unerbittlichen Natur. Mitunter müssen wir sogar aufpassen, unseren Weg nicht mit einer wilden Pfadspur aus dem Krieg zu verwechseln. Schließlich erreicht man über die Forcella Zurlon (2363 m) mit letzten Sicherungen einen weiteren sandigen Hang, der gegen den Col dei Stombe (2168 m) abdacht.

Gute Gelegenheit, ein letztes Mal ausgiebig das Panorama zu würdigen: Gegenüber baut sich der Pomagagnon auf, dahinter die drei Gipfel der Tofane. Gen Norden gibt sich die Hohe Gaisl zu erkennen, flankiert von den weitläufigen Gebieten der Sennes und Fanes. Am westlichsten Ausläufer des langen Gratzuges liegt das ruppige Terrain hinter uns. Wir vertrauen uns dem guten Kehrenweg hinunter ins Val Padeòn an, wo man auf eine breite Trasse stößt. Mit ihr geht es hinaus nach Ospitale, zuletzt aus dem Bachgraben in kurzem Gegenanstieg zum Gasthaus an der Straße.

Touren-Charakter

Sehr lange, alpine Höhenroute mit etlichen Klettersteigelementen (Grad A bis B). Einige heikle Passagen verlangen Bergerfahrung, absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit obligatorisch. Umgekehrte Richtung wesentlich anstrengender, im Bergab gute Kondition erforderlich.

Beste Jahreszeit

Anfang Juli bis Ende September

Ausgangspunkt

Forcella Stauniès (2918 m), erreichbar mit der Seilbahn von Rio Gere an der Straße von Cortina zum Passo Tre Croci. Betriebszeiten Mitte/Ende Juni bis Mitte/Ende September (8.30 bis 16.30 Uhr)

Endpunkt

Ospitale (1490 m), an der SS 51 zwischen Cortina und Toblach

Route

Forcella Stauniès - Cristallino d'Ampezzo ½ Std. - Forcella Padeòn 1¼ Std. - Forcella Bassa 1¾ Std. - Col dei Stombe 1¼ Std. - Ospitale 1½ Std.; insgesamt 6¼ Std.

Höchster Punkt

Cristallino d’Ampezzo (3008 m)

Variante

Wem die Organisation mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu umständlich erscheint, der kann im Val Padeòn die entgegengesetzte Richtung einschlagen und mit einem anhänglichen Gegenanstieg zur Mittelstation Son Forca (2215 m) gelangen. Dafür braucht man gut 1 Std. länger.

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Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.