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So liest du den Lawinenlagebericht richtig

Einen Lawinenlagebericht lesen zu können, ist für Wintersportler Pflicht. Wie auch du das aktuelle Lawinenrisiko einschätzen kannst, erfährst du hier.

Lawinengefahr-Schild
Wer sich in offenes Gelände wagt, muss unbedingt den Lawinenlagebericht lesen und interpretieren können.© kiono - stock.adobe.com

Für alle, die sich im Winter in ungesichertes Gelände in den Bergen wagen, ist eine sorgfältige Tourenplanung und vor allem eine realistische Beurteilung der Lawinengefahr unerlässlich. Dabei spielt der Lawinenlagebericht (LLB) eine zentrale Rolle. Damit die Lawinengefahr am Zielort richtig eingeschätzt werden kann, müssen die verschiedenen Begrifflichkeiten der Lawinenwarndienste aber bekannt sein und richtig interpretiert werden. Wir erklären dir, was du zum Lawinenlagebericht wissen musst.

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Lawinenwarndienst lesen: Die wichtigsten Infos im Überblick

In diesem Ratgeber verraten wir dir

Welche Lawinenwarndienste gibt es?

Der Lawinenlagebericht wird je nach Region von unterschiedlichen Warndiensten ausgegeben. So gibt es im Alpenraum 17 verschiedene Lawinenwarndienste, die auf nationaler oder auf regionaler Ebene (z.B. Bundesländer, Provinzen, etc.) tätig sind. Der einzige Lawinenwarndienst aus Deutschland ist der Lawinenwarndienst Bayern.

In Österreich gibt es für jedes Bundesland mit Ausnahme vom Burgenland und Wien einen eigenen Lawinenwarndienst. Eine Übersicht über alle österreichischen Lawinenwarndienste findet sich hier. Daneben finden sich auf der Website lawinen.report Informationen zur Lawinensituation im österreichischen Bundesland Tirol, aber auch aus den norditalienischen Provinzen Südtirol und Trentino.

In der Schweiz gibt das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) auf seiner Website Informationen zur aktuellen Lawinensituation. Informationen zur Lawinenlage in Frankreich finden sich auf der Website Meteo France.

Mann fährt abseits der Piste Ski
Wer eine Tour abseits der Piste plant, sollte unbedingt das vorherrschende Lawinenrisiko bestimmen können.© fesenko - stock.adobe.com

Welche Informationen enthält der Lawinenlagebericht?

Jeder Wintersportler, der eine Tour abseits präparierter Pisten plant, sollte am Vorabend unbedingt das aktuelle Lawinenrisiko im Zielgebiet beurteilen. Der Lawinenlagebericht gibt detaillierte Auskünfte, die mit etwas Erfahrung eine Einschätzung der Lawinensituation ermöglichen. Der Lawinenlagebericht gibt meist Informationen zu den folgenden Kategorien:

Nachfolgend stellen wir die einzelnen Kategorien näher vor.

Lawinenwarnstufen

Die Berichte verschiedener Lawinenwarndienste sind nicht immer exakt gleich aufgebaut, enthalten jedoch dieselben Informationen. Sie beziehen sich auf ein Gebiet von rund 100 km². Ganz oben findest du meist schematisch dargestellt die zentralen Bergketten der Region. Diese sind jeweils mit einer Lawinenwarnstufe versehen. Es handelt sich dabei um eine europaweit einheitliche Einordnung, die fünf Stufen umfasst.

Bereits ab Stufe 2 (von 5) besteht Lebensgefahr für Wintersportler. Um das Risiko also richtig abschätzen zu können, ist es unentbehrlich, die verschiedenen Kategorien und Informationen interpretieren zu können.

Stufe 1: Geringe Gefahr

Sobald Schnee in den Bergen liegt, herrscht ein gewisses Lawinenrisiko. Stufe 1 stellt die niedrigste Gefahrenstufe der Lawinenwarnskala dar. Doch auch, wenn die Schneedecke hier allgemein als stabil gilt, kann auf vereinzelten Steilhängen oder bei hoher zusätzlicher Belastung bereits Lawinengefahr bestehen.

Stufe 2: Mäßige Gefahr

Bei Stufe 2 ist die Schneedecke weiterhin gut verfestigt. An einigen Steilhängen kann sie aber auch bereits weniger verfestigt sein. Bei großer zusätzlicher Belastung kann es an solchen Hängen bereits zu Lawinenabgängen kommen. Grundsätzlich lassen sich Regionen mit dieser Einordnung dennoch gut befahren, sofern man die entsprechende Vorsicht walten lässt.

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Stufe 3: Erhebliche Gefahr

Ab dieser Stufe sollten Touren nur unter sorgfältiger Abwägung durchgeführt und im Zweifelsfall auf bessere Tage verschoben werden. An Steilhängen ist der Schnee nur noch mäßig oder gar schwach verfestigt. Bereits geringe Zusatzbelastungen gehen dort mit einem erhöhten Lawinenrisiko einher. Außerdem besteht die Gefahr von spontanen Lawinenabgängen, also ohne äußere Einflüsse.

Stufe 4: Große Gefahr

Warnstufe 4 wird nur relativ selten ausgerufen. Umso ernster sollte man sie nehmen, wenn sie tatsächlich in der Zielregion vorliegt. Die meisten Steilhänge weisen hier eine schwach verfestigte Schneedecke auf, schon kleine Zusatzbelastungen lösen Lawinen aus. Häufig benötigt es diese externen Auslöser nicht, da die Schneemassen auch von alleine abgehen. Auf Touren in freiem Gelände sollte man bestenfalls verzichten. Wer sich doch ins Gelände wagt, sollte steiles Gelände und die Auslaufflächen von Lawinen unbedingt meiden.

Stufe 5: Sehr große Gefahr

Die letzte Warnstufe gilt für Regionen, in denen das Lawinenrisiko nicht nur an Steilhängen, sondern auch in gemäßigten Gebieten besonders hoch ist. Die Schneedecke ist hier locker, auch ohne Belastungen gehen regelmäßig Lawinen ab. Touren sind bei dieser Einstufung auf keinen Fall zu empfehlen!

Hinweis: Die Lawinengefahr steigt exponentiell mit jeder Gefahrenstufe. Die Lawinengefahr bei Stufe 2 ist doppelt so hoch wie bei Stufe 1. Bei Stufe 3 beträgt die Lawinengefahr bereits das Vierfache von Stufe 1.

Gefahrenstellen: Höhenlage und Exposition

Neben der Einordnung des Lawinenrisikos erläutert der Lawinenlagebericht auch besondere Gefahrenstellen, die zu berücksichtigen sind.

So findest du weitere Informationen zur Höhenlage, in der mit der Gefahr zu rechnen ist. Aussagen darüber sollten allerdings mit Bedacht ausgewertet werden. Zum einen erfolgt die Einordnung in 200-m-Schritten, gibt also nur eine grobe Einschätzung ab. Zum anderen handelt es sich dabei natürlich nicht um absolute Angaben. Ist die Lawinengefahr ab 2000 Metern besonders hoch, bedeutet das nicht, dass du auf 1900 Metern absolut sicher Touren gehen kannst. Die Übergänge sind fließend, im Zweifelsfall sollte Sicherheit immer vorgehen!

Die Exposition ist die Richtung, in die ein Hang ausgerichtet ist. Ein Nordhang “schaut” nach Norden, ein Südhang nach Süden. Der Lawinenlagebericht gibt an, in welchen Expositionen Gefahrenstellen auftreten können.

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Auch Höhenlage und Exposition haben Einfluss auf das Risiko eines Lawinenabgangs.© Maygutyak - stock.adobe.com

Lawinenprobleme

Lawinen werden nicht immer von denselben Schneeverhältnissen ausgelöst. Konkret gibt es fünf Situationen, die für eine erhöhte Gefahr sorgen können. Man spricht hier von sogenannten Lawinenproblemen. Im Lawinenlagebericht werden momentan vorherrschende Lawinenprobleme angeführt und näher erläutert. Welche Lawinenprobleme auftreten können, erklären wir nachfolgend. 

Gleitschnee

Gleitschnee liegt vor, wenn die gesamte Schneedecke nass ist. Das kommt vor allem im Herbst und Frühjahr vor, wenn der Boden noch warm ist beziehungsweise wenn die Sonne bereits so viel Kraft hat, um den Schnee an der Oberfläche zum Schmelzen zu bringen. Die nasse Schneemasse kann dann insbesondere auf steilen Hängen abgehen.

Triebschnee

Von Triebschnee ist die Rede, wenn stärkere Windverhältnisse Schneemassen mit sich nehmen. Das passiert bereits ab einer Windgeschwindigkeit von 15 km/h. Schneedünen können ein erster Hinweis auf gefährdete Bereiche sein. Zudem spielt die Windrichtung hier eine entscheidende Rolle.

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Neuschnee

Vor allem bei großen Mengen von Neuschnee, die auf eine vereiste Hangoberfläche treffen, besteht die Gefahr einer Neuschnee-Lawine. Dabei bildet sich eine lose Schicht, die bei Belastung oder Wind ins Rutschen kommen kann.

Altschnee

Altschnee kann verborgene Schwachschichten enthalten, über denen die Schneedecke kaum befestigt ist. Sie sind mit dem bloßen Auge in der Regel nicht zu erkennen und daher besonders gefährlich, auch, weil sie häufig zu Lawinen mit sehr großen Schneemassen führen. Enthält der Lawinenlagebericht eine Warnung aufgrund von Altschnee, sollte die Tour aus Sicherheitsgründen abgesagt oder in eine andere Region verlegt werden.

Nassschnee

Nassschnee ist besonders im Frühjahr ein Problem, wenn Regen oder Sonne die Schneedecke instabil machen. Ein Warnzeichen ist das zunehmende Einsinken in den Schnee im Tagesverlauf. In diesem Fall sollte die Tour rechtzeitig beendet oder notfalls abgebrochen werden.

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Weitere Informationen im Lawinenlagebericht

Neben der Lawinenwarnstufe, möglichen Gefahrenstellen und Lawinenproblemen bietet der Lawinenlagebericht in der Regel noch weitere Informationen, die bei der Beurteilung der Lawinengefahr helfen sollen. So wird näher darauf eingegangen, ob Steilhänge oder Mulden, ganze Talkessel oder einzelne Bereiche betroffen sind. Darüber hinaus gibt es in vielen Fällen auch noch Informationen zum Aufbau der Schneedecke sowie Hinweise zum Wetter und eine Tendenz, wie sich die Lawinensituation in den kommenden Tagen entwickeln könnte.

Unser Fazit zum Lawinenlagebericht

Der Lawinenlagebericht ist ein unverzichtbares Werkzeug zur Beurteilung der Lawinengefahr. Um ihn richtig lesen und interpretieren zu können, benötigt es aber viel Übung. Wer sich in freies Gelände wagt, sollte zudem unbedingt in der Lage sein, die Lawinensituation vor Ort richtig zu beurteilen und mit den Erkenntnissen aus dem Lawinenlagebericht abzugleichen. Hier empfielt sich ein Lawinenkurs, der von Alpenvereinen und Bergschulen im Winter angeboten wird.

Unabhängig von der Lawinensituation solltest du die notwendige LVS-Ausrüstung*, bestehend aus

stets mit dabei haben. Im Notfall kann sie Leben retten!

Solltest du nur den geringsten Zweifel haben, gilt bei der Beurteilung der Lawinengefahr immer: Lieber einmal auf den Winterspaß verzichten, als sich möglicherweise in Lebensgefahr zu begeben!

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