Alix von Melle: Auf Skitour im Süden von Chile
Skitouren auf die Vulkane im Süden von Chile: Hier findest du lohnenswerte Ziele, besondere Tipps und Highlights sowie wichtige Sicherheitshinweise - zusammengestellt von der Bergsteigerin Alix von Melle.
Im Süden von Chile locken zahlreiche Vulkane in grandioser Landschaft mit traumhaftem Firn. Wie gemacht für eine außergewöhnliche Skitourenreise! Bei Planet Outdoor erfährst du die wichtigsten Tipps und außergewöhnlichsten Highlights dieser einmaligen Bergregion.
Vulkan-Skitouren in Chile: Die wichtigsten Infos im Überblick
In diesem Artikel erfährst du:
- Warum Chile für Skitouren ein besonders lohnenswertes Ziel ist
- Welche Skitouren im Natioonalpark Conguillio möglich sind
- Auf welche besonderen Gefahren man bei Vulkan-Skitouren achten muss
- Warum der Osorno ebenfalls ein lohnenswertes Skitouren-Ziel ist
- Wichtige Tipps und Adressen für deinen Skitouren-Urlaub in Chile
Chile: Mit Tourenski auf den Vulkan Villarica
Am Gipfel des Villarrica spüren wir die Macht des aktiven Vulkans mit allen Sinnen: Beißender Schwefelgeruch aus dem Krater, ein bedrohliches Rumoren, das Flimmern der heißen Dämpfe über uns. Wir sind überwältigt und sprachlos, ehrfürchtig vor den ungezähmten Kräften der Erde. Zu unserem Glück werden die heißen Schwefeldämpfe von einem starken Nordwind weggetrieben, so dass wir die archaische Szenerie ungefährdet bestaunen können.
In den Krater hinein hat sich eine gewaltige Schneewechte gebildet. Seitlich umgehen wir sie, um einen Blick in die Ursuppe werfen zu können. Doch dort kommen Schwefelgase aus dem Schnee, die in der Kehle brennen. Respektvoll treten wir den Rückzug zu unseren Skiern an. Der Gipfel des Villarrica wird uns noch lange in Erinnerung bleiben.
Chile: Land der Vulkane und der Skitouren
Zuckerhut-Berge, kristallklare Seen, urwüchsige Araukarien und gleichmäßige Idealhänge: All das kennzeichnet die Vulkan-Skitouren in Chiles südlichen Landesteilen Araucania Andina, Los Rios und Los Lagos, die auch "Kleiner Süden" oder "Chilenische Schweiz" genannt werden. Unter Insidern kursiert das Gerücht, dass es hier den besten Firn der Welt gibt.
Schon der Flug von Santiago de Chile nach Puerto Montt erlaubt einen ersten Blick auf die Objekte unserer Begierde. Unter uns reiht sich ein schneebedeckter Vulkan an den anderen. 4350 Kilometer lang erstreckt sich Chile von der Grenze zu Peru im Norden bis nach Feuerland im Süden. Der zentrale Teil des Landes zwischen Temuco und Puerto Montt ist gespickt mit Nationalparks und mit über 3000 Meter hohen Stratovulkanen, von denen landesweit 158 Stück gezählt werden – bis zu 90 werden aktuell als aktiv eingestuft.
Über Nacht hat es weit heruntergeschneit, und wir sind froh um die Schneeketten, die Hubert organisiert hat. Der Bergführer unserer achtköpfigen Gruppe kommt aus dem Südtiroler Villnösstal. Nach zahlreichen Reisen durch Südamerika ist er ein ausgesprochener Gebietskenner und spricht perfekt Spanisch. Beides Umstände, die wir während der nächsten Wochen zu schätzen lernen werden.
Die Fahrt nach Corralco, einem kleinen Skigebiet am Fuße des 2865 Meter hohen Vulkans Lonquimay, führt durch einen tief verschneiten Araukarienwald. Als wir die Waldgrenze erreichen, reißt es auf. Wir legen unsere Spur in die frisch verschneite Winterlandschaft. Weiter oben umhüllen die Wolken wieder den Gipfel, ein starker Wind kommt auf. So schenken wir uns die letzten Meter und machen uns auf die Bretter.
Chile: Skitour im Nationalpark Conguillio
Der Schnee ist hier anders. Durch die Nähe zum Pazifik ist er relativ feucht und setzt sich schnell. Die Abfahrt endet, wo der Araukarienwald beginnt. Aus dem Schneefall ist im Tal Dauerregen geworden. Am großen Kaminfeuer unserer Unterkunft machen wir es uns gemütlich und stoßen auf die erste Tour an. Der mächtige Llaima (3125 m) im Nationalpark Conguillio lockt als nächstes Ziel.
Wir fahren soweit es geht mit dem Auto und gehen dann mit den Fellen weiter. Unser erstes Etappen-Ziel ist ein Ort mystischer Schönheit: die Laguna Captrén. Sie liegt am Fuße des Vulkans, umgeben von Urwald. Wir lassen unsere Blicke über die gefrorene Wasserfläche streifen. An diesem Ort fühlen wir uns wie die ersten Menschen auf Erden. Nach diesem magischen Moment tasten wir uns an den mächtigen Berg heran, gut 2200 Höhenmeter wollen bezwungen werden.
Besondere Gefahren bei Vulkan-Skitouren in Chile
Wir sind vom aussichtsreichen Anstieg mit Blick auf die Laguna Conguillio und die vielfältigen Baumarten begeistert. Der steile Gipfelhang wartet indes mit einer bislang unbekannten Gefahrenquelle auf: Hohlräume unter der Schneedecke, die durch warme Gase ausgeschmolzen sind und in die man ohne jegliche Vorwarnung einbrechen kann. Die hohe vulkanische Aktivität hat aber auch ihre gute Seite: Was gibt es Schöneres, als sich nach einer Firnabfahrt über 2000 Höhenmeter im Thermalwasser einer natürlichen Quelle treiben zu lassen, wie es in den vielen "Thermas" in der Umgebung von Pucon möglich ist?
In seiner Form makellos, präsentiert sich der Villarrica, dessen rauchende Spitze sich 2857 Meter über den Pazifik erhebt. Die Morgensonne strahlt uns beim Aufstieg ins Gesicht, dazu der sensationelle Blick hinunter zum tiefblauen Villarrica-See und die umliegenden Bergen. Die letzten Meter zum Kraterrand gehen wir ohne Ski.
Dort eröffnet sich ein furchteinflößender Blick in den Höllenschlund, an dessen Grund rotes Magma brodelt. Wir bevorzugen den Himmel und wählen die andere Seite des Berges, auf der der Villarrica mit einer unvergleichlichen Abfahrt zu begeistern weiß. Der Firn lässt keine Wünsche offen und zeigt sich über einen Höhenunterschied von 1500 Metern in gleichbleibender Konsistenz.
Mit breitem Grinsen im Gesicht feiern wir in Pucon am Lago Villarrica den Butterfirn. Unser Grinsen wird noch breiter, als wir in der jungen Gastro-Szene des Orts das Café Berlin entdecken und leckeren Käsekuchen genießen. Nicht nur die beiden Berliner in unserer Gruppe, Sandra und Udo, sind davon angetan. Der ganze Tag ein Genuss!
Ein weiterer toller Skitouren-Vulkan: Der Osorno
Erhaben thront der 2662 Meter hohe Osorno zwischen zwei kolossalen Seen, dem Lago Todos Los Santos und dem Lago Llanquihue. Ein Vulkan wie aus dem Bilderbuch, dessen glänzender Gipfel aus der üppig grünen Landschaft in das Blau des Himmels ragt. Der Osorno befindet sich bereits im Norden Patagoniens, in unmittelbarer Nähe zum Pazifik.
Dadurch herrschen hier sehr wechselhafte Wetterbedingungen, die das Skitourengehen erschweren. Voluminöse Anraumpilze am Gipfel und schwierig einzuschätzende Spaltenzonen bei der Abfahrt sind zusätzliche Herausforderungen. Am frühen Morgen fahren wir zum Skiresort, das – wie in Chile üblich – bis Mitte September in Betrieb und nun menschenleer ist.
Mit den Fellen geht es der Geometrie eines Vulkanes folgend anfangs gemütlich, dann immer steiler nach oben. 35 bis 40 Grad Hangneigung sind – zumindest unterhalb der Gipfel – keine Seltenheit und erfordern häufig Pickel und Steigeisen. Plötzlich stehen wir vor einem surrealen Eispanzer. Hubert versucht den logischen Weg durch das Eislabyrinth zu finden.
Über einige Schleifen, kurze Stufen und Eiskamine gelingt es uns, das Gipfelplateau zu erreichen. Ein letztes Mal fallen wir uns am Gipfel in die Arme und lassen den Zauber des Moments wirken. Weit am Horizont lässt sich Puerto Montt und der Pazifik erkennen. Starker Wind und eisige Kälte zwingen uns bald zum Abstieg. Die Abfahrt dem Lago Llanquihue entgegen und dem Vulkan Calbuco vis à vis ist der krönende Abschluss dieser Skitourenreise.
Die Sonne steht bereits tief, als wir unser Quartier erreichen. Der Hot Tub ist schon eingeheizt, und wir genießen zum Abschied einen perfekten Sonnenuntergang über der Wasserfläche des Lago Llanquihue. Genau der richtige Ausklang für eine unvergessliche Reise!
Vulkan-Skitouren in Chile: Tipps und Adressen
Du bist ganz hin und weg von der Aussicht auf perfekten Firn und beeindruckendes Vulkan-Panorama? Du kannst es kaum erwarten, deine Reise zu den andinen Vulkan-Steilhängen Chiles zu planen? Dann haben wir hier einige wichtige Tipps und Adressen für dich, mit denen dein Urlaub garantiert zum Efolg wird.
Chile: Lage & Anreise
Das Land Chile erstreckt sich auf dem südamerikanischen Kontinent über 4275 Kilometer in Nord-Süd-Richtung entlang der Anden und des Pazifischen Ozeans. Die Regionen Araucania Andina, Los Rios und Los Lagos liegen im sogenannten Kleinen Süden. Mehrere europäische Linien bieten Flüge nach Santiago de Chile an.
Im Inland ist es sinnvoll, weiter bis Temuco oder Puerto Montt zu fliegen. Als Mietauto ist ein Allrad-Fahrzeug samt Schneeketten empfehlenswert, das man z.B. in Temuco leiht und in Puerto Montt zurückgibt. Rückflug dann von Puerto Montt nach Santiago de Chile. Die beste Reisezeit für Skitouren ist der chilenische Frühling von Anfang September bis Mitte Oktober.
Übernachten in Chiles Süden
Die Auswahl an Hotels oder Lodges ist groß. Wer sein Programm flexibel gestalten möchte, kann auch kurzfristig buchen. Unsere Tipps: das Hotel Andenrose in der Region Araucania sowie Zapto Amarillo in der Region Los Lagos
Weitere Informationen für deinen nächsten Chile-Besuch
- Buchtipp: Frederic Lena "Chile - Argentina, Handbook of Ski Mountaineering in the Andes", Belupress, 2007
- Karten: Travel & Trekking Maps 1:50 000, u.a. die Blätter Pucon, Lonquimay, Puyehue, Llanquihue – je nach Ziel
- Empfehlung: Die Südtiroler Bergschule Globo alpin führt unter anderem die beschriebene Skitourenreise durch.