Nachhaltigkeit am Spitzingsee: Die Albert-Link-Hütte
Die Sektion München des DAV gestaltet zusammen mit Forschenden der Universität Innsbruck seine Hütten nachhaltiger. Wir haben uns dazu auf der Albert-Link-Hütte umgeschaut, die am Projekt teilnimmt.
Eigentlich wollte er nur eine Saison ausprobieren, wie das Leben als Hüttenwirt ist. "Inzwischen sind daraus 22 Jahre geworden", sagt Uwe Gruber, der Pächter der Albert-Link-Hütte nahe des Spitzingsees, und grinst verschmitzt.
Albert-Link-Hütte: Regionale Zutaten aus der Nähe
Der inzwischen 60-Jährige erinnert sich noch gut an die Anfänge, als die Hütte auf den Valepp-Almen nur schlecht besucht war. Sie liegt weder direkt am See, noch besonders alpin. Also musste ein anderer Grund her, warum die Hütte dennoch einen Besuch wert ist. "Wir haben den Büchsenöffner weggeschmissen und selbst gekocht". Damals sei das noch etwas Besonderes und Außergewöhnliches gewesen.
"Am Anfang konnten wir noch gar nicht richtig kochen. Das kam erst durch viele neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, erklärt Uwe achselzuckend. Jede:r habe mindestens ein besonderes Gericht gehabt, das fortan auf der Hütte etabliert wurde. Wichtig war dem Wirt aber nicht nur, dass selbst gekocht wird, sondern auch, wo die Produkte herkommen.
"Vor rund 18 Jahren gab es ein Projekt vom Landratsamt Miesbach, wo sie regionale Erzeuger und Gastronomen zusammengebracht haben". Das Projekt ist zwar inzwischen beendet, aber die Kooperationen bestehen weiter. Aufgrund der vielen regionalen Zutaten ist die Hütte auch mit dem Alpenvereins-Siegel "So schmecken die Berge" ausgezeichnet.
Eigenes Brot und Nudeln vom Spitzingsee
Die Philosophie des regionalen Essens ist Uwe eine Herzensangelegenheit: Inzwischen ist die Albert-Link-Hütte selbst ein Direktvermarkter. In einem Anbau ist die eigene Bäckerei untergebracht – das Brot wird im Landkreis und in München verkauft. Mithilfe einer neuen Maschine können eigene Alm-Nudeln hergestellt werden, die es direkt auf der Hütte zu kaufen gibt.
Durch die Innovationen brummt inzwischen das Geschäft: 25 Mitarbeitende, im Sommer sogar mehr als 30, bereiten an Spitzentagen bis zu 800 Essensportionen zu. Im Gegensatz zu einem Gasthaus im Tal sei sein Betrieb aber sehr abhängig vom Wetter. "An schlechten Tagen sind es auch nur 40 oder noch weniger Teller", resümiert der gebürtige Vogtländer.
Albert-Link-Hütte: Dauerhafte Beschäftigung für das Personal
Was er bei schlechtem Wetter macht, wenn keine Radler oder Familien kommen und niemand von Rotwand und Stolzenberg absteigt? "Das ist kein Problem, dann produzieren wir vor oder machen mehr in der Bäckerei", sagt Uwe und schaut dabei kurz in die armbreite Rührschüssel, in der schon der nächste Nudelteig darauf wartet, in Form gebracht zu werden.
Als Hüttenpächter muss er auf die finanzielle Sicherheit seines Betriebs achten. Er ist deshalb froh, dass er durch die Backstube und die Nudelherstellung seinem Personal eine dauerhafte Anstellung bieten kann, auch wenn mal schlechtes Wetter ist. So konnte er seine Mitarbeiter:innen auch während des Corona-Lockdowns, als die Hütte geschlossen bleiben musste, weiter beschäftigen und bezahlen. Es wird klar, wie wichtig dem Pächter die soziale Nachhaltigkeit ist.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf der Berghütte
Die Albert-Link-Hütte ist eine von insgesamt sechs Alpenvereinshütten in Bayern und Tirol, die im Zuge des Projektes Alpine Nachhaltigkeit auf Hütten (ANAH) von der Sektion München des DAV und dem Institut für Geographie der Universität Innsbruck erforscht werden. Für die Initiatoren des Projektes steht dabei die nachhaltige Bewirtschaftung der Hütten – und wie man diese verbessern kann – im Vordergrund.
Die Albert-Link-Hütte wurde für das Projekt ausgewählt, weil sie durch ihre Lage einfach erreichbar ist und auch an das Kanal- und Stromnetz angeschlossen ist. Drei Viertel der Besucher:innen sind Tagesgäste, auch im Winter ist die Hütte geöffnet. Schon jetzt liegt der Fokus unter anderem auf regionalen Lebensmitteln.
Mobilität, Stoffströme und Mitarbeiterzufriedenheit
Die Forschenden waren mehrfach auch selbst auf der Hütte: Sie haben untersucht, wie viele Gäste am Tag kommen und mit Fragebögen analysiert, ob die Wandernden im eigenen PKW oder umweltfreundlich per Zug und Bus anreisen. Um die Stoffströme auf der Albert-Link-Hütte verstehen und nachvollziehen zu können, wurde dokumentiert, welche Lebensmittel, Ersatzteile und andere Dinge zur Hütte kommen und gleichzeitig, wie viel Müll anfällt und was alles entsorgt werden muss.
Bei dem Projekt ist aber nicht nur die ökologische und die ökonomische Nachhaltigkeit wichtig, sondern auch die soziale Komponente. Dafür wurden die Mitarbeiter befragt, wie zufrieden sie zum Beispiel mit ihrer Arbeitszeit sind. Aktuell werden die erhobenen Daten ausgewertet, die Ergebnisse werden demnächst veröffentlicht.
Hüttenwirt mit Lebenserfahrung auf der Albert-Link-Hütte
Die Phase der Forschung auf der Hütte klingt nach viel Aufwand für den Pächter, doch Uwe winkt sofort ab. "Durch meine Lebenserfahrung und allgemeine Gelassenheit lasse ich mit nicht so schnell aus der Ruhe bringen", schmunzelt er.
Auch wenn Uwe das Wort Nachhaltigkeit selbst vermutlich eher nicht verwenden würde, so handelt er doch nachhaltig. Pläne für die Zukunft hat er auch: So sollen in Kürze Wärmetauscher installiert werden, um die Abwärme aus der Küche und von den Kühlschränken im Keller künftig für das Warmwasser und die Heizung des Hauses nutzen zu können. "Durch den Anschluss an das Stromnetz und ein kleines Wasserkraftwerk sind wir beim Strom schon jetzt gut aufgestellt. Mit den Wärmetauschern könnten wir aber sicher noch mal etliche Kubikmeter Gas beim Heizen sparen", rechnet der Hüttenpächter vor.
Von diesen Projekten abgesehen wird es aber keinen weiteren Ausbau der Albert-Link-Hütte geben: "Es ist eine räumliche Grenze erreicht", erklärt Uwe. Damit stellt er sich dem allgemeinen Trend entgegen.
Ziel: Leitfaden nachhaltigere Berghütte
Ziel des ANAH-Projekts ist es, einen Leitfaden zu erstellen, der für alle Berghütten angewandt werden kann. Dieser Leitfaden soll die Verhältnismäßigkeit zwischen sozialen Ansprüchen, ökologischen Herausforderungen und ökonomischen Notwendigkeiten aufzeigen: Es geht darum, ein Gespür zu finden, worauf Hüttenpächter:innen und Alpenverein zu achten haben.
Die Ergebnisse des ANAH-Projekts wird Uwe nur teilweise umsetzen können. In drei Jahren gibt er die Hütte an seinen Nachfolger Marcel Roth ab. Marcel steht bereits jetzt in der Küche und kocht ebenfalls mit regionalen Produkten. Die Philosophie und Einstellung von Uwe werden so auf der Albert-Link-Hütte weiterleben.
Wissenswertes zur Albert-Link-Hütte am Spitzingsee
- Lage: Die Albert-Link-Hütte liegt leicht südlich vom Spitzingsee in den Schlierseer Bergen im Mangfallgebirge
- Eigentümer: Sektion München des DAV e. V.
- Erbaut: Ursprünglich als Valeppalm 1739. In Besitz der Sektion seit 1929. 1939 Neubau in jetziger Form. Seitdem immer wieder zahlreiche Sanierungen und Umbauten. Im Jahr 2014 wurde ein neuer Anbau fertiggestellt, darin befindet sich die Backstube.
- Ver- und Entsorgung: Die Hütte ist an das allgemeine Versorgungsnetz im Tal angeschlossen, Lebensmittel kommen per LKW.
- Kapazität: 36 Betten und 27 Schlafplätze im Matratzenlager
- Besonderheit: Die Hütte hat eine eigene Backstube, deren Produkte durch mehrere Verkaufswägen auch in den Landkreisen Miesbach und Rosenheim sowie in der Stadt München erhältlich sind.
- Öffnungszeiten: Ganzjährig geöffnet, montags Ruhetag, Betriebsferien im April und November
- Anreise: Am besten mit dem Zug nach Fischhausen-Neuhaus, weiter mit dem RVO-Bus 9562 bis zur Haltestelle Spitzingsee Kirche. Alternativ gebührenpflichtige Parkplätze am Spitzingsee
- Zustieg: Vom südlichen Seeende südlich Richtung Valepp an der Alten Wurzhütte (Schranke) vorbei und auf der Teerstraße entlang der Valepp leicht bergab, rechts haltend und über eine Holzbrücke, bis der Steinbau der Albert-Link-Hütte zu sehen ist (einfach, 16 Hm, 1 km, 20 Min).
- Touren: Zahlreiche Touren rund um die Hütte. Beliebt sind Jägerkamp, Rotwand, Stolzenberg oder Bodenschneid.
*Dieser Artikel ist im Zuge einer Kooperation zwischen der Sektion München des DAV und dem Bergsteiger entstanden.