Einfache Hochtour in der Türkei

Ararat (5165m), Türkei - "Berg der Mythen und Legenden"

Für uns Mitteleuropäer ist der Ararat der am schnellsten zu erreichende 5000er. Auch alpintechnisch gilt er als eher einfach zu besteigen. Wir verraten dir alles Wichtige rund um den höchsten Berg der Türkei.

Ararat (5165m) Türkei »Berg der Mythen und Legenden«
Unterwegs am weitläufigen Gipfelplateau des Ararat, mit 5165 Metern Höhe höchster Berg in der Türkei© Eckehard Radehose

Der Große Ararat im Osten der Türkei ist ein Problemberg der besonderen Art, denn es gibt nur wenige Trekking-Berge, die neben so vielen Mythen und Legenden zugleich auch ein derart politisch bedingtes Konfliktpotenzial aufweisen. Dem Alten Testament nach soll hier die Arche Noah gestrandet sein (1. Buch Mose, Kapitel 8, Vers 4), was bis heute freilich nicht bewiesen ist.

Realer Anlass hingegen für die bereits lang anhaltenden Probleme der Moderne ist die andauernde politische Misere zwischen dem türkischen Staat und der in dieser Region ansässigen kurdischstämmigen Bevölkerung. Wiederholt gab es in der Vergangenheit Konflikte, die in regelmäßigen Zeitabschnitten längere Sperrungen des Berges zur Folge hatten.

Aus Sicherheitsgründen ist auch gegenwärtig eine Besteigung ohne eine besondere Besteigungsgenehmigung der türkischen Regierung und ohne einheimischen Bergführer und dessen Begleitmannschaft streng verboten. Trotz dieser Gegebenheiten – oder vielleicht auch gerade deswegen – besitzt der Ararat, der bereits 1929 von dem russischen Universitätsprofessor und Arzt Fréderic Parrot erstbestiegen wurde, eine fast magische Anziehungskraft.

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"Büyük Agri Dagi"

Dogubayazit am Fuß des Berges liegt 1600 Meter hoch und nur wenige Kilometer von der türkisch-iranischen Grenze entfernt. Die kurdische Bevölkerung hier lebt vom geschäftigen Grenzhandel und profitiert vom Ararat und den zahlreichen Reisenden. Als Fremder spürt man die spannungsgeladene Atmosphäre um die untereinander konkurrierenden Mitbewerber im lukrativen Bergtourismus. Doch niemals wird man die komplizierten Clan-Strukturen der »Ararat-Dienstleister« in Konfrontation mit dem dort stationierten türkischen Militär durchschauen können. Sicher ist nur, dass man als Individual-Bergsteiger hier chancenlos auftreten wird.

Auf die Bezeichnung "Ararat" wird in aller Regel die türkische Bevölkerung nur mit einem verständnislosen Kopfschütteln reagieren; dagegen ist der Name "Büyük Agri Dagi" (Großer Ararat) oder "Agri Dag" sogar den Menschen in Istanbul vertraut. Dass der Berg vom Bosporus an die 1600 Kilometer entfernt ist, dürfte allerdings auch vielen Leuten in Istanbul fremd sein. Am östlichen Ende Ostanatoliens, westlich bzw. südlich der Grenzverläufe zu Iran und Armenien, erhebt sich das riesige, weithin sichtbare Massiv des erloschenen Vulkans aus dem Hochland.

Der relative Höhenunterschied beträgt auf der Nordseite respektable 4200 Meter, auf der Südwestseite gegen die Stadt Dogubayazit immerhin noch 3500 Höhenmeter. Bis hinab auf 4900 Meter Höhe ist der Berg vollständig mit Gletschereis bedeckt; speziell an der Nordseite reichen die Gletscher erheblich weiter herunter. Es gäbe mehrere Anstiegsrouten – sogar eine 40 bis 50 Grad steile Gletscherroute an der Nordseite des Berges; doch leider wird für Bergsteiger nur die Besteigung über die Südwest-Flanke genehmigt, und es kommt nicht selten vor, dass die türkischen Behörden einzelnen Gästen von Reiseveranstaltern ohne Angabe von Gründen die Bewilligung verweigern.

Die übliche Normalroute führt von einem Basislager (je nach Jahreszeit etwa zwischen 2700 und 3200 Metern) über ein Hochlager (je nach Jahreszeit etwa zwischen  3750 und 4200 Metern) zum Gipfel. Während der Sommersaison von Anfang Juli bis September erfolgen die meisten Gipfelbesteigungen.

In dieser Zeit ist der Winterschnee auch in den Hochlagen zwar meist abgeschmolzen, statt dessen erwartet den Trekker reichlich Schotter-, Geröll- oder Blockgelände. In dieser Zeit ist erfahrungsgemäß im Tagesverlauf mit starker Quellwolkenbildung zu rechnen. Auch die Gewitterhäufigkeit in den Nachmittagsstunden ist nicht zu unterschätzen. Während der Abendstunden lösen sich die Wolken meist auf und der nächste Tag beginnt mit einem klaren Morgen.

Im Juni kann mit günstigen Firnbedingungen gerechnet werden, die ein angenehmes Steigen ermöglichen. Unter ziemlich ungünstigen Voraussetzungen erreichte ich in den 80er-Jahren den höchsten Punkt. Nicht nur ein halber Meter Neuschnee, beißende Kälte und der Höhensturm am Gipfel, sondern auch die chaotische Organisation vor Ort, die uns mehrere Tage des Abwartens bescherte, sind mir nachhaltig in Erinnerung geblieben.

Dennoch kam ich danach noch viele Male zurück zum Ararat. Der Berg vermittelte mir fast drei Jahrzehnte lang neben einer Vielzahl von Gipfelerfolgen fast die gesamte Palette an möglichen Impressionen: neben einer Sternstunde mit außergewöhnlicher Fernsicht und einer großartigen Firnabfahrt auch Tage mit orkanartigen Stürmen oder Gewittern mit der zwingenden Notwendigkeit zur Umkehr.

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Besteigung des Ararat im Sommer

Am ersten Tag wird im Laufe des Vormittags mit einem geländegängigen Kleinbus oder auf der Ladefläche eines Lkws zum Ausgangspunkt gefahren. Bei einem Militärposten auf der Fernstraße werden in der Regel nochmals die Pässe und die Permits der Bergsteiger kontrolliert, was je nach Willkür der Soldaten einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Nach dem kleinen Lehmhüttendorf Eli geht es über eine Piste möglichst weit hinauf in Richtung Basislager. Der jeweilige Zustand des Fahrweges bestimmt den Endpunkt der Fahrt. Dort wartet die Begleitmannschaft und die Kurden mit ihren Tragtieren. Danach wird man noch etwa 1000 Höhenmeter zu Fuß zum Basislager ansteigen. Der zweite Tag wird dazu genützt, die Akklimatisation zu fördern, indem sehr langsam ins Hochlager aufgestiegen wird. Über einen gut sichtbaren Steig erreicht man ohne Schwierigkeiten in vier Stunden eine Stelle, an der auf einigen winzigen Plattformen die Zelte aufgestellt werden. Nach einer längeren Rast wird wieder ins Basislager zurückgekehrt.

Am dritten Tag wird ein zweites Mal zum Hochlager aufgestiegen und übernachtet. Am Gipfeltag wird noch während der Nachtzeit zwischen drei und vier Uhr gestartet. Über Blockgeröll wird eine markante Gratrippe erreicht, über die man ziemlich steil und mühsam bis auf etwa 4900 Meter zum Beginn des harmlosen, ziemlich flachen Gipfel-Gleschers ansteigt. Das Gipfelziel wird sichtbar und je nach Leistungsvermögen nach weiteren eineinhalb Stunden und einer Gesamtzeit von fünf bis sechs Stunden erreicht. Bergsteiger mit guter Kondition steigen problemlos die knapp 2000 Höhenmeter bis zum Basislager wieder ab. Am fünften Tag erfolgt der Abstieg zur Piste und die Rückfahrt nach Dogubayazit.

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Der Ararat als Skitour

Seit einigen Jahren wird der Ararat immer häufiger auch im Frühjahr bestiegen. Das völlig baumfreie und extrem weiträumige Gelände mit seinen idealen Hängen ist für Skitouren bestens geeignet. Aufgrund der völlig anderen Schneesituation und der daraus resultierenden Versorgungssituation durch die Tragtiere wird das Basislager zur Skitourenzeit meist etwas tiefer bei etwa 2800 Metern liegen. Tragtiere stehen ab dem Basislager für die Einrichtung des Hochlagers nicht mehr zur Verfügung, so dass die einheimischen Träger und die Tourengeher selbst diese Tätigkeit übernehmen müssen. Auch den Platz für das Hochlager wählt man im Frühjahr in der Regel einige hundert Meter tiefer an einem lawinensicheren Platz.

Vom Hochlager aus steigt man beim ersten Licht des Tages mit Harscheisen über mittelsteile bis steile Skihänge auf, bis in der Höhe von etwa 4300 Metern zur erwähnten Felsrippe gequert werden kann. Ab hier erfolgt der weitere Aufstieg über den Sporn. Je nach den Gegebenheiten wird man hier die Entscheidung treffen müssen, ob die Tourenski deponiert oder bis zum Beginn des flachen Gletschers unter dem Gipfel am Rucksack getragen werden. Steigeisen können für diesen Abschnitt notwendig sein. So oder so – an die 1700 Abfahrts-Höhenmeter addieren sich auf jeden Fall zusammen. Bei günstigem Wetter und mit dem Gipfelerfolg eines Fünftausenders im Gepäck dürften bei Einigen langjährige Bergträume in Erfüllung gehen.

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