KLETTERAUSRÜSTUNG

Klettergurte für Gletscher- und Hochtouren im Test

Die besten Gletscher- und Hochtourengurte sind ultraleicht, lassen sich komplett öffnen und bleiben bei einem Sturz sicher in Position. Wir zeigen, was für die Auswahl des richtigen Klettergurts besonders wichtig ist.

Klettergurt Titelbild
Keine Hängepartie: Der Planet Outdoor Klettergurt Test© Silhouette Media - stock.adobe.com

Ein Klettergurt gehört für Bergsteiger zur Grundausrüstung. Dabei unterscheiden sich die Modelle am Markt nach den alpinen Spielarten. Sportkletterer hängen oft eine längere Zeit im Seil und schätzen komfortable, gut gepolsterte Gurte. Bei Touren im Hochgebirge, in Fels, Eis und Schnee, ist hingegen Minimalismus angesagt.

Erwünscht sind ein geringes Packmaß und Gewicht, der Komfort spielt eine untergeordnete Rolle. Für reine Gletschergurte reichen zwei Materialschlaufen aus, während Hochtourengurte als Allrounder wenigstens vier Materialschlaufen benötigen. Wir haben Gurte getestet, die sowohl bei kombinierten Hochtouren als auch am Gletscher zum Einsatz kommen.

Augenfällig ist zunächst der Unterschied im Gewicht: Allrounder wie die Modelle von Camp oder Bergzeug (420 g in Größe L) sind deutlich schwerer als die neuartigen Leichtgurte, wie sie der Hersteller Edelrid (210 g in Größe L) anbietet. Geeignet sind solche Leichtgewichte vor allem für Gletscher- und Skihochtouren sowie für Expeditionen.

Eine Ausnahme von der Regel ist der Hirundos Gurt von Petzl: Dieser Allrounder wiegt in Größe M gerade einmal 300 Gramm und ist somit ein empfehlenswerter Kompromiss zwischen Ausstattung und Gewicht.

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Klettergurte im Test: Der Hüftverschluss

Besonders gut gefallen uns Gurte mit Slideblock-Schnallen, mit denen die meisten Modelle ausgerüstet sind. Der Vorteil: Sie sind leicht zu bedienen und öffnen sich bei Belastung nicht ungewollt. Weniger gut anpassen lassen sich der Direktverschluss von Edelrid und die klassischen Rückführungsschnallen von Salewa oder Skylotec.

Achtung: Wer das Zurückschlaufen vergisst, riskiert, dass sich der Sitzgurt infolge von Belastung öffnet. Wichtig ist, dass der Gurt immer sauber in Position bleibt. Ist der Anseilring nicht fest am Hüftband fixiert – wie bei Salewa, Skylotec und Singing Rock – ist der Gurt zwar problemlos zentrierbar, kann aber auch leicht in sich verrutschen.

Mit der Folge, dass man bei einem Sturz eventuell schräg im Seil hängt. Bei Petzl und Bergzeug dagegen verschiebt sich beim Fixieren der Gurt links je nach Hüftumfang und bleibt rechtsseitig fix. Ansonsten ist die Zentrierung der Modelle gut.

Tragekomfort des Klettergurtes

Breite, schweißabsorbierende Polster kennzeichnen die Allroundgurte (Bergzeug, Camp). Ohne nennenswerten Komfortverlust leiten die dünneren Leichtgurte (Petzl, Singing Rock) den Schweiß gleich nach außen weiter. Weniger komfortabel waren die Gurte von Salewa (zu spartanisch), von Skylotec (sitzt an der Hüfte suboptimal) und von Edelrid (zwickt im Schritt). Gewöhnungsbedürftig: Bei den Ultraleichten (Petzl, Edelrid) besteht das tragende Hüftteil nicht mehr aus einem Band, sondern lediglich aus einem dünnen Rahmen.

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Beinschlaufen

Die Beinschlaufen sind normalerweise wie der Gurt gepolstert (außer bei Skylotec) und mit demselben Schnallensystem ausgestattet. Einige Modelle (Salewa, Singing Rock) sind mit Steckschnallen ausgerüstet – so kann man selbst mit Ski problemlos einsteigen. Bei Petzl oder Edelrid haben die Beinschlaufen gar keine Verstellung. Mit dem Gurt verbunden sind die Beinschlaufen hinten mittels elastischer Riemen.

Zum besseren Entwirren lassen sich diese Riemen auch abhängen. Präzise einzeln verstellbar, aber mühsam abhängbar sind die Modelle von Singing Rock und Camp. Bei Salewa und Skylotec sind die Beinschlaufen fix befestigt, was bei kurzen Beinen zum Nachteil wird, weil die Schlaufen dadurch hängen. Bei den minimalistisch gepolsterten Ultraleichtgurten drücken die Beinschlaufen naturgemäß stärker am Oberschenkel – gleiches gilt aber auch für Petzl. Der Gurt von Mammut drückte besonders innen und im Schrittbereich.

Stabilität beim Klettern 

Ohne Rucksack am Rücken hinterlassen alle Gurte beim Belastungstest einen guten Eindruck. Der Körperschwerpunkt bleibt vor dem Anseilpunkt und man hängt ohne Anstrengung gerade im Gurt, am stabilsten bei den getesteten Gurten von Salewa, Singing Rock, Camp und Edelrid.

Anders sieht die Sache mit einem gefüllten Rucksack (10 bis 15 Kilo) aus: Ohne zusätzlichen Brustgurt droht man bei allen Modellen nach hinten überzukippen und braucht viel Kraft, um sich gerade zu halten. Früher galt die Lehrmeinung, dass bei schwerem Gepäck immer ein zusätzlicher Brustgurt angelegt werden müsse.

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Doch weil durch den nach oben verlagerten Schwerpunkt Probleme bei der Kollegen-Sicherung auftraten, favorisiert der Deutsche Alpenverein inzwischen das Modell ohne Brustgurt und mit niedrigerem Schwerpunkt.

Um sich in die optimale Hängeposition zu bringen, sollte der Gestürzte seinen Rucksack in jedem Fall vom Rücken nehmen und an die vorderste Materialschlaufe des Gurts hängen. Bei Edelrid ist das allerdings nicht möglich: Die Schlaufen halten nicht mehr als die vom Gesetzgeber verlangten fünf Kilo.

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