JBerg-Verlag
Bergwandern
wandern

Wandern Zugspitz Region: Mauerschartenkopf und Nordwandsteig

Anspruch:
mittel
Dauer:
05:00 Std.
Aufstieg:
600 m
Abstieg:
900 m

Wiesenrücken zwischen Felsenwänden. In der Felsenmauer, mit der der Blassenkamm das Reintal überragt, tut sich eine Scharte auf, durch die der anspruchsvolle Schützensteig Kreuzeck- und Reintalangerhütte verbindet. Direkt darüber bietet ein kleiner Felsengipfel prachtvolle Tief- und Ausblicke.

Beschreibung

Die erste Einkehr gibt’s ganz ohne Schweiß.

Zur Terrasse des Kreuzeckhauses (1650m) sind es nur ein paar Meter von der Gipfelstation der gleichnamigen Seilbahn, die den Knien und Oberschenkeln rund 900 Höhenmeter transpirationsfördernden Anstieg durchs Skigebiet erspart – ein Vergnügen, das man nicht unbedingt braucht, sofern man nicht für ganz hochgesteckte Ziele trainieren muss. Das Tagesziel ist definitiv überschaubar: zwar eine hübsche Felszacke, aber die Höhenmeter und auch die Anforderungen des Geländes halten sich in Grenzen. So bleibt genug Zeit für eine Toureneröffnungseinkehr; sogar ein Weißbier – am besten stilgerecht zu ebensolchen Würsten genossen – wirkt sich hier nicht allzu sehr als alpine Gefahr aus. Denn die erste Stunde Weges geht fast eben dahin.

Gemütlich schlendert man auf dem breiten Pfad vom Kreuzeck in Richtung Hochalm bergab, zweigt dann aber unter den Felsen nach dem kleinen Sattel links ab auf den Bernadeinsteig in Richtung Stuiben- und Bockhütte. Wilde Felszähne recken sich hier und da über oder unter dem Weg, der immer angenehm zu begehen ist. Mal bieten Bäume Schatten im Osthang, der von der Morgensonne aufgeheizt wird, mal öffnet sich ein freier Blick tief hinunter ins wilde Reintal oder zu den Gipfeln darüber: der Felsenkrone von Dreitorspitzen und Schüsselkarspitze über dem berühmt-berüchtigten Kletterrevier Oberreintal oder sogar weiter nach Osten ins Karwendel und auf die grünen Kuppen des Estergebirges.

Nach der Stuibenwand zweigt der Weg zur Stuibenhütte (1640m) scharf rechts ab und steigt gemächlich an, aus dem Wald heraus und über freie Almwiesen hinauf zur schnucke­ligen mit Holzschindeln verkleideten Hütte unter dem felsigen Kamm, der vom Mauerschartenkopf über den Hohen Gaif zum Hochblassen führt. Rechts wird die Szenerie abgeschlossen von der Felsenknolle der Alpspitze, in der man von hier mit etwas Fantasie beinahe weibliche Rundungen erkennen könnte.

Die Stuibenhütte ist nur im Winter geöffnet,

obwohl sie so einladend romantelt: In jedem Heidifilm hätte sie beste Chancen, beim Casting als Kulisse einen Spitzenplatz abzuzocken. Die lange Bank auf der Sonnenseite lädt trotzdem zur Rast ein nach der ersten Wegstunde, mit Blick übers Loisachtal hinaus Richtung München im Dunst der Ebene.

Das große Finale lockt: Noch mal eine Stunde oder 300 Höhenmeter sind es noch bis zum Gipfel des Tages; über offene, bunt beblumte Wiesen schlendert man hinauf bis in die Mauerscharte, dann heißt es, sich zu konzentrieren – vielleicht sogar die Hände aus den Hosentaschen nehmen – auf dem steilen, weglosen Grashang, der zum Mauerschartenkopf (1924m) hinaufführt. Ein spektakulärer Aussichtspunkt: tief unten der Graben des Reintals, darüber die zerfressenen und von Schuttkaren unterbrochenen Felswände des Wettersteinhauptkamms, auf der anderen Seite der Blick über die grünen Voralpenhügel in die Weite. Man darf es hier genießen, denn der Abstieg auf gleichem Weg zum spritzigen Tourenabschlussgetränk auf dem Kreuzeckhaus geht relativ flott.

Es sei denn, man will noch eins drauflegen.

Dann geht die Tour jetzt erst richtig los: zurück in die Mauerscharte und steil etliche teure Höhenmeter nach Norden hinunter in das Latschengelände unter der Alpspitze. Gut aufpassen heißt es jetzt, denn der schwache Pfad unter den Nordwänden des Hohen Gaif schlängelt sich diskret zwischen Krummholz und zerfressenen Karstfelsen durch. Wenn es hier geregnet hat, kann der erdige Boden die Schuhsohlen rutschig machen, und das Tänzeln auf den scharf zerfressenen Karrenrippen wird zum Balanceakt. Dann aber kommt die Belohnung: Ganz hartgesottene Nichtweicheier gönnen sich die Abschreckung im Stuibensee (ca. 1930m), Ästheten begnügen sich mit dem optischen Genuss des kitschigblauen Tümpels in seiner Wiesenmulde mitten im Hochgebirge.

Noch mal 200 Höhenmeter heißt es nun aufzusteigen zum Bernadeinkopf (2144m), einem kreuzgeschmückten Gipfel, der sogar die 200-Meter-Marke knackt. Dann aber noch ein paar Meter weiter hinauf (schließlich ist die Alpspitze weitere 500 Meter höher), bevor es endlich abwärtsgeht. Wobei sich die alte Bergsteigerweisheit wieder einmal bestätigt: Auf dem Gipfel warst du erst, wenn du unten bist. Der »Nordwandsteig« ist zwar als Klettersteig fast etwas hochtrabend angesprochen, Konzentration und koordiniertes Hinsteigen (das bedeutet ja die viel zitierte »Trittsicherheit«) sind trotzdem nötig. Kurze Leitern und ein paar Drahtseile helfen über die steilsten Stellen weg; unterhalb der Steilwände der Alpspitz-Nordwand ist ein misstrauischer Blick nach oben angesagt, wenn man keinen Helm mitgeschleppt hat, denn dort verlaufen beliebte Kletterrouten durch nicht immer festes Gestein. Der krönende Beinahe-Abschluss ist ein kurzer Tunnel, in dem es gilt, halb blind dahintappend den Pfützen auszuweichen. Dann aber kommt, nach einem kurzen felsigen Durchschlupf, schon die Gipfelstation der Osterfelderbahn in Sicht, die den Abstieg um den unangenehmsten Part verkürzt und die eine großzügige Sonnenterrasse ihr Eigen nennt, auf der man ganz vorzüglich einkehren kann. Guten Appetit und wohl bekomm’s!

Touren-Charakter

Bis unter den Mauerschartenkopf leichter Wanderweg, die letzten Meter weglos durch steile Grasschrofen, dort Trittsicherheit nötig. Bei der Variante zum Stuibensee Fels­passagen, die bei Nässe rutschig werden, am Nordwandsteig kurze Leitern und Drahtseilpassagen

Ausgangspunkt

Garmisch-Partenkirchen, 707m

Information

Höhenmeter: 600 bzw. 900 Hm

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Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.