Wandern Südtirol: Mutspitze
Ein Meraner Schau-ins-Land der Extraklasse. Auch diese Tour dürfen wir als Meraner Klassiker bezeichnen, doch ist sie ganz anders geartet als die Spaziermeilen in Talnähe. Schließlich bewegen wir uns hier in luftiger Höhe, erklimmen den südöstlichen Eckpfeiler der Texelgruppe und brauchen dafür erheblich mehr Schmalz in den Waden.
Meran wie aus der Vogelperspektive
Die tollsten Aussichtspunkte rund um Meran möchte dieses Buch versammeln, und da darf die Mutspitze zweifellos nicht fehlen. Der formschöne Berg weiß sich nämlich in die rechte Position ganz vorn in der ersten Reihe zu rücken, und wer sich beispielsweise von Süden über die MeBo nähert, erkennt ihn sofort als hoch aufgerichtete Landmarke. Die Höhendifferenz zum Talboden beträgt fast 2000 Meter, entsprechend gewaltig nehmen sich Tief- und Fernblicke aus, obgleich das Reich der Texelgruppe im Rücken sogar noch bis zu 1000 Meter höher in den Himmel ragt. Jedenfalls gehört die Mutspitze zu einer Handvoll Bergen, die die alpine Kulisse von Meran prägen.
Das Gros der Aspiranten startet bei der Seilbahnstation neben dem Gasthof Hochmuth und wendet sich dem Normalweg über den stumpfen Ostrücken zu – eine Tour, die sich jeder berggewohnte Wanderer zutrauen darf. Noch mehr Pep kommt mit dem alpineren Rundkurs über die Taufenscharte ins Spiel, und wer – wie nachfolgend beschrieben – schon mit dem Vellauer Felsenweg beginnt, packt den Gipfel fast vollständig »by fair means«. Damit steht freilich schon eine ausgewachsene Bergtour auf dem Programm.
Normalweg von Osten
Nachdem wir mit Seilbahn, Bus oder dem eigenen Fahrzeug nach Vellau gelangt sind, wenden wir uns ostwärts zum Gasthof Oberlechner und schlagen dort den Vellauer Felsenweg ein. Das erste Waldstück bringt uns zum Oacherhof, bevor es in die gewaltige Runse unterhalb der Mutspitze hineingeht. Der Vellauer Felsenweg ist dem Gelände großartig angepasst, schmiegt sich regelrecht an die exorbitant steilen Flanken und besitzt trotz seiner zuweilen sehr ausgesetzten Routenführung stets eine vorzügliche Trasse, zuweilen auch eine Kettensicherung als psychologische Hilfe. Ziemlich moderat und gleichmäßig gewinnt man nach Durchschreiten des Grabens in der nur noch vereinzelt von Gebäum bestandenen Felslehne an Höhe und steigt direkt auf der Terrasse des Gasthauses 1 Hochmuth (1361 m) aus.
Nun zur 10 Minuten oberhalb gelegenen Jausenstation Steinegg und entgegen der Kartendarstellung erst dort mit Nr. 22 weiter nach rechts. Die Diagonaltraverse durch die dichte Waldflanke führt zum renovierten Gasthaus Mutkopf (1680 m), wo man den Ostausläufer unseres Berges betritt. Dieser gibt jetzt die Gipfelroute vor. Den zwischenzeitlich rechts abzweigenden Jägersteig ignorierend, vollziehen wir bis auf circa 2000 Meter Höhe einen von Holzgeländern geleiteten Zickzackkurs (der die Erosion eindämmen soll) und lassen derweil die Baumgrenze komplett unter uns. Zuletzt wird es im schrofigen Gelände noch etwas steiler, doch stellen sich bis zu den groben Gipfelblöcken der Mutspitze (2294 m) keine ernsten Hindernisse in den Weg.
Überschreitung via Taufenscharte
Den Übergang nach Westen sollte nur unternehmen, wem es auch in alpinerem Gelände nicht an der nötigen Routine mangelt. Da man teilweise nordseitig ausbiegt, müssen im Frühsommer und Herbst etwaige Tücken durch Schnee oder Vereisung bedacht werden. Man folgt zuerst dem felsig-blockigen Grat abwärts, wendet sich schon bald jedoch auf die rechte Seite und tangiert die Schneide im weiteren Verlauf nur noch zwischendurch. Sämtliche Zwischenerhebungen werden nordseitig gequert, einmal an einem markanten Plattenschuss vorbei. Über einen seichten Geländerücken hinweg zu einer weiteren Traverse, die in die markante Taufenscharte (2230 m), unserem Tor zurück auf die Südseite, leitet.
Die dort ansetzende Grasrinne ist sehr steil, der Weg in Kehren aber gut angelegt und durch viele Stufen auch stabilisiert. Am Auslauf rechts in den Wald, wo man sich an einen Rücken neben der großen Runse hält. Nachdem ein Stich zur Kuhalm abgezweigt ist, laufen wir mit Markierung 25 bei der viel besuchten Leiteralm (1522 m) ein. Diese Wegnummer ist auch zurück nach Vellau maßgebend, falls wir das Angebot der nahen Seilbahn ausschlagen (etwa 1 Std. Unterschied), und auf ordentlichem, teils etwas holprigem Waldsteig die Runde zu Fuß schließen. Man berührt dabei noch einige Berghöfe.
Region
Touren-Charakter
Meist sehr gut ausgebaute und markierte Bergwege, zwischen Gipfel und Taufenscharte verstärkt alpiner Charakter; Normalweg spürbar leichter (Einstufung mittel). Am Vellauer Felsenweg Schwindelfreiheit nötig, für die Gipfelüberschreitung zudem Trittsicherheit und Ausdauer.
Beste Jahreszeit
Bei guten Bedingungen Juni bis Oktober
Ort
Algund (354 m)Ausgangspunkt
Vellau (908m), Weiler oberhalb des Etschtals, erreichbar sowohl per Sessellift von Mitterplars als auch über eine Bergstraße und per Bus
Route
Vellau - Hochmuth 1.15Std. - Gasthaus Mutkopf 0.50Std. - Mutspitze knapp 2Std. - Taufenscharte 0.45Std. - Leiteralm 1.15Std. - Vellau 1Std.; insgesamt 6-7Std.
Information
Aufstieg/Abstieg 1400 Hm von Vellau zur Mutspitze plus geringe Gegenanstiege zur Taufenscharte
Der Hans-Frieden-Weg
Mögliche höher gelegene Startpunkte liegen auch beim Gasthof Hochmuth (erreichbar mit der Seilbahn von Dorf Tirol) sowie bei der Leiteralm, wobei der Hans-Frieden-Weg die recht spektakuläre Querverbindung herstellt (vgl. die Beschreibung beim Meraner Höhenweg, Etappe 2). Die Gehzeit reduziert sich auf ca. 5.30 Std. oder falls man sich auf den bestens angelegten Flankensteig beschränkt, ist es gar nur ein gemütlicher, einstündiger Höhenbummel.
Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden.
Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.