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Zeit zum Wandern
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Wandern Dolomiten: Zum Rifugio Torre di Pisa

Anspruch:
mittel
Dauer:
04:15 Std.
Länge:
7.8 km
Aufstieg:
620 m
Abstieg:
620 m

Jedes Ding hat zwei Seiten, das gilt auch für Berge. Was sich zunächst als pittoreske Kulisse des Karersees zeigt, schaut von hinten besehen ganz anders aus. Das schmälert den Reiz dieser spannenden Wanderrunde aber keineswegs: viel Aussicht, bizarre Felszacken zuhauf und eine kleine Hütte.

Ein Logenplatz: das Rifugio Torre di Pisa, noch vor dem jüngst erfolgten Ausbauwandern, mittel
Ein Logenplatz: das Rifugio Torre di Pisa, noch vor dem jüngst erfolgten Ausbau© Eugen E. Hüsler, Manfred Kostner
Beschreibung

Die Runde beginnt an der Liftstation Oberholz  mit viel Aussicht. Zur Linken hat man die schroffen Felsen des Latemar, nach Westen geht der Blick übers Etschtal hinweg bis zu den fernen Eisriesen des Ortlermassivs. In leichtem Auf und Ab läuft der Höhenweg südwärts über die weiten Blumenwiesen. Man kreuzt einen Steig, der von der Mayrlalm (2037 m) heraufkommt und sich durch das westseitige Kar unter der Cima Valbona (2691 m) fortsetzt (mögliche Alternative – kürzer, aber auch steiler). Das Reiterjoch, Übergang ins Val di Fiemme, bleibt rechts unterhalb. Der Weg steuert, in etwa die Höhe haltend, die (unsichtbare) Provinzgrenze zum Trentino an. Hier mündet er in den Hüttenzustieg zum Rifugio Torre di Pisa (2:20 Std.).

Mit der rot-weißen Mar­kierung 516 steigt man, zuletzt auf recht steinigem Trail, am linken Rand eines mächtigen Geröllhangs an zu dem Haus. Es steht am Hauptkamm des Latemar und bietet eine herrlich freie Sicht in drei Himmelsrichtungen, von dem stark vergletscherten Adamello bis in die östlichen Dolomiten. Angesichts dieses tollen Panoramas lässt man sich gerne zu einer längeren Rast verführen. Die Hütte hat ihren Namen übrigens von einem Felszacken ganz in der Nähe, der mindestens so schief ist wie sein berühmtes Vorbild in der Toskana …

Von dem felsigen Rücken gleich über dem Rifugio ist der Weiterweg gut einzusehen: zunächst kurz abwärts in das Geröllkar unter der Cima Valsorda (2752 m), dann mit einer kleinen Gegensteigung in eine Minischarte an ihrem Ostgrat. Dahinter betritt man den riesigen Valsordakessel. Der wirkt im Vergleich zur attraktiven Nordansicht des Massivs die Karersee-Besucher genießen, fast wie ein Potemkinsches Dorf: Geröll, Dolinen, Schrofen – eher wüst als schön, kein senkrechter Fels. Die eleganten Türme im Karerseebild sind auf der Rückseite solide abgestützt, doch das sieht drunten an der Großen Dolomitenstraße keiner.

Mitten in dieser eigenartigen Mondlandschaft erhebt sich ein breiter Felsrücken. Zan de Montagna (2576 m) lese ich auf meiner Landkarte, Ausgabe 2010. Früher hatte der unscheinbare Buckel einen weniger unverfänglichen Namen: Cima Tolomei, nach Ettore Tolomei (1865–1952), dem fanatisch-uneinsichtigen Kämpfer wider jedes Deutschtum in Südtirol. Noch heute begegnet der Besucher jenseits des Brenners seinem »Lebenswerk«. Er war es nämlich, der alle deutschen Orts-, Flur- und Bergnamen (oft sehr willkürlich) ins Italienische übersetzte, um so die Zugehörigkeit des Landes an Etsch und Eisack zur großen Nation Italien zu zementieren. Und dann wird er – Ironie der Geschichte – selbst das Opfer einer Namensänderung …

Auf dem Weiterweg, der am Rand des Valsordakessels entlang in die Gamsstallscharte führt, hat man den Hauptkamm des Latemar direkt vor sich. Höchster Zacken ist die Latemarspitze (2842 m), rechts dahinter versteckt sich der Chris­to­mannos-Turm. Sein Name erinnert an einen Pionier des Südtiroler Tourismus, Theodor Christomannos (siehe Tour 8). Der Valsordakessel öffnet sich nach Osten zum Fleimstal (Val di Fiemme) hin. Da steht über der markanten Senke des San-Pellegrino-Passes ein ganz großer Dolomitengipfel, die Civetta (3220 m). Am südöstlichen Horizont zeigen sich noch ein paar faszinierende Felsbauten: die Pala, angeführt vom Cimòn della Pala (3184 m), dem »Matterhorn der Dolomiten«.

Unterhalb der Gamsstallscharte  (3:00 Std.) gabelt sich der Weg. Über den Schrofenhang steigt man hinauf zu dem Grateinschnitt (schöne Rastplätze). Dahinter geht’s durch eine Steilrinne (Drahtseil) hinab in den Gamsstall, ein verwirrend verwinkeltes Felslabyrinth, das seinen Namen nicht ganz zufällig hat (Gämsen). Der gut markierte

Weg findet nach einigem Auf und Ab den Ausstieg in die offene Westflanke des Latemarmassivs. Über Serpentinen steigt man über den erst noch schrofigen, dann grünen Hang hinunter zur Liftstation Oberholz(4:15 Std.). Dieser letzte Wegabschnitt bietet nochmals freie Sicht auf das grüne Herz Südtirols bis übers Etschtal hinaus. Fern am Horizont blinken die Gletschergipfel von Adamello, Ortler und Ötztaler Alpen.

Ausgangspunkt

Bergstation des Oberholz-Sessellifts (2096m)

Wegbeschaffenheit

Überwiegend Bergwege, teilweise steinig; viel Geröll. An der Gamsstallscharte kurze gesicherte Passage

Der Karersee

Manchmal kann er einem ja leidtun, dieser zu- und abflusslose Bergsee, der da, umsäumt von hochstämmigen Fichten, am Nordfuß der Latemarzacken liegt. Denn die Große Dolomitenstraße führt unmittelbar am Karersee vorbei, und das garantiert im Sommer viel, zu viel Besuch (Rundweg). Wer den Zauber des sagenumwobenen Gewässers erleben will, muss sich frühmorgens auf den Weg machen (vielleicht vor der Latemar-Tour) oder spät am Tag, wenn sich die bleichen Zinnen hoch über dem See rötlich verfärben: faszinierend.

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