Bruckmann CMYK quer
Panoramawege/ Hochgefühl
wandern

Wandern Dolomiten: Höhenweg am Latemarkamm

Anspruch:
schwer
Dauer:
07:15 Std.
Länge:
13 km
Aufstieg:
1350 m
Abstieg:
1000 m

Große Überschreitung über dem Karerpass. Seine türmegespickte Kulisse über dem Karersee ist ein viel bewundertes Dolomitenmotiv, doch in seinen oberen Bereichen führt der Latemar eher ein Schattendasein - kein Vergleich zum bevölkerten Rosengarten! Wer die kammnahe Überschreitung der Gruppe absolvieren will, braucht Erfahrung im Umgang mit rauem Gelände und eine gute Portion Durchhaltevermögen. Der Lohn ist ein Bergerlebnis, das garantiert nicht »von der Stange« kommt.

Beschreibung

Ursprünglichkeit ist Trumpf

Die Vorderseite des Latemar mag optisch Aufsehen erregen und am verwunschenen Karersee für einen Pflichtstopp aller Reisenden auf der »Großen Dolomitenstraße« gut sein. Doch diese Verheißung entpuppt sich als Fassade, der Latemar als Janusgestalt. Wer weiß schon von der Welt da oben, hat je von den Latemarspitzen hinunter auf den waldumsäumten See geblickt und den öden Valsorda-Kessel auf der Rückseite wahrgenommen Traditionell zieht es die Bergsteiger halt eher in den benachbarten Rosengarten, wo die Infrastruktur wesentlich besser ausgebaut wurde. Der Latemar gibt sich wesentlich weniger zugänglich, wirkt auch viel spröder und bietet ein notorisch brüchiges Gestein, um das die Kletterer lieber einen großen Bogen machen. Für reine Wanderer erscheinen die Zustiege oft zu mühsam und das Hüttenangebot mit einem einzigen Exemplar vergleichsweise dürftig. Fairerweise muss man jedoch konstatieren, dass das Rifugio Torre di Pisa einen ausnehmend reizvollen Standort besitzt. Wie ein Adlerhorst klebt es hoch oben am Grat des Cavignon. Aber all die genannten Attribute – das weiß jeder Bergfreund – haben auch ihre positiven Aspekte, belassen sie dem Gebirge doch die viel beschworene Ursprünglichkeit.

Vom Karerpass über die Östliche Latemarspitze

Rüsten wir uns also für eine lange, fordernde Tour und beginnen am besten schon frühmorgens auf den sanft ansteigenden Lärchenwiesen über dem Karerpass. Auf Route Nr. 517 bleiben einige Skilifte rasch zurück. Bei der ehemaligen Malga Vallace (1983 m) zweigt man rechts ab und gelangt in einem Kar nun zusehends höher. Besonders die vielen kleinen Zacken am Massiv der Poppekanzel faszinieren. Über Gras und Geröll erreichen wir die Kleine Latemarscharte (2526 m) am Hauptkamm der Gruppe. Es tut sich ein herrlicher Blick auf die düstere Nordwestseite auf, wo ebenfalls ein Zugang hinaufzieht, die etwas längere Variante über die Latemarwiesen.

Der Kammrücken zum Col Cornon trägt nun zunächst den Weiterweg, doch werden wir bald zum Ausweichen in die südliche Flanke gezwungen. Auffällig ist der wiederholte Wechsel des Untergrundes zwischen Dolomit und Vulkangestein. In dem von Rinnen zerklüfteten, abschüssigen Gelände müssen wir stellenweise sogar die Hände zur Hilfe nehmen, mitunter auch kleinräumige Auf-und-ab-Manöver bewältigen. Umso größer wird unser Enthusiasmus mit Erreichen der Östlichen Latemarspitze (2791 m) sein. Das Kreuz empfängt uns dabei rechts auf einer vorgeschobenen Kanzel. Ganz nah gegenüber stehen nun die mächtigen Latemartürme Spalier, in der weiteren Dolomitenumgebung vor allem Rosengarten, Marmolada, Pala und die Lagorai. An klaren Tagen reicht die Aussicht sogar bis zur Ortlergruppe und zum Alpenhauptkamm!

Hohe Route durch den Valsorda-Kessel

Da ein direkter Abstieg in die nächste Scharte durch Abbrüche vereitelt wird, holt unser Schrofensteig nach Süden aus und leitet steil und etwas heikel tiefer. Später quert man hinüber zum Bivacco Rigatti nahe der Großen Latemarscharte (2650 m), wo sich der Weiterweg in zwei Varianten aufspaltet. Attraktiver ist jetzt zweifellos die Begehung der Via ferrata Campanili del Latemar, die fortlaufend die bizarr ausgewitterten Scharten zwischen den Latemartürmen tangiert und somit – teils über Bänder – höchst abwechslungsreich in Richtung Forcella dei Campanili hinübertraversiert. Dieser Klettersteig ist jedoch nur für gut ausgerüstete, absolut schwindelfreie Bergsteiger zu empfehlen. Zum Glück gibt es für alle Zaghaften auch eine leichtere Ausweichroute. Dabei quert man die markant geneigte südseitige Schuttabdachung einfach auf tieferer Linie. Das triste Antlitz des verkarsteten, einst von Gletschern ausgeformten Valsorda-Kessels ist ein prägendes Merkmal unserer Durchquerung.

Immerhin durchmessen wir diesen noch längere Zeit am oberen Ansatz entlang. Nach dem Wiedervereinigungspunkt der Routen unterhalb der von skurrilen Türmchen flankierten Forcella dei Campanili (Rotlahnscharte, 2685 m) schlagen wir mit Nr. 516 einen Bogen unter die Ostseite der Erzlahnspitze und nehmen über flache, schuttbedeckte Böden Kurs südwärts. In Abständen kommen wir an weiteren markanten Einschnitten vorbei, zunächst an der Erzlahnscharte (2582 m) und etwas später an der Gamsstallscharte (2560 m), wo jeweils Routen auf die andere Seite abzweigen. Über die Gamsstallscharte könnte man binnen einer Stunde nach Oberholz absteigen. Doch auch die Cima Vasorda gilt es jetzt noch zu queren. Allmählich steigt unser Weg wieder leicht an und führt mit einigen Felsstellen hinüber zum Rifugio Torre di Pisa (2671 m), im deutschen Sprachgebrauch mitunter auch schlicht Latemarhütte genannt.

Abstieg nach Obereggen

Die einzige Einkehrstation unterwegs wird man lange herbeigesehnt haben, denn besonders an heißen Sommertagen kann im staubtrockenen Valsorda-Kessel der Durst groß werden. Umso mehr freuen wir uns auf diesen Ausklang. Das Rifugio Torre di Pisa umgibt auf drei Seiten ein weiter Horizont und nebenan eine fast schon latemartypisch bizarre Nahkulisse. Das namengebende Türmchen, bildhafte Vergleiche mit einem sehr berühmten Bauwerk in der italienischen Stadt Pisa hervorrufend, trotzt beharrlich der Schwerkraft – wie lange noch Wem der Abstieg am gleichen Tag zu lang wird, der kann hier oben natürlich auch über Nacht bleiben. Hat man sich früher oder später von diesem Logenplatz getrennt, folgt man dem Serpentinenweg gen Süden und dann einer eventuell nicht beschilderten Abzweigung nach rechts. Sie stellt eine effektive Abkürzung Richtung Meierlalm und Oberholz dar – empfehlenswert, auch wenn man bald in und neben einer steilen Geröllrinne absteigen muss. In der Karbucht oberhalb der Meierlalm kommt unweit einer Skiliftstation die Umgehungsroute dazu. Wir queren nun in Richtung Norden und steuern damit den Oberholz-Sessellift an, der uns das letzte Stück bis in den kleinen Ort Obereggen abnimmt. Fürwahr eine große Latemar-Tour!

Touren-Charakter

Lange, recht anspruchsvolle Bergwanderung in hochalpinem Gelände. Phasenweise abschüssiges Schutt- und Schrofengelände, meist aber passabel trassiert, Trittsicherheit und tadellose Kondition obligatorisch.

Beste Jahreszeit

Ende Juni bis Anfang Oktober

Ausgangspunkt

Karerpass (1745 m), Straßenverbindung zwischen Bozen bzw. Eggental und Val di Fassa

Endpunkt

Oberholz (2090 m), Bergstation des Sessellifts von Obereggen; Betriebszeiten von Mitte Juni bis Anfang Oktober (8.30 bis 18 Uhr)

Route

Karerpass - Kleine Latemarscharte 2¼ Std. - Große Latemarscharte 1½ Std. - Erzlahnscharte 1¼ Std. - Rifugio Torre di Pisa 1 Std. - Oberholz 1¼ Std.; insgesamt 7¼ Std.

Höchster Punkt

Östliche Latemarspitze (2791 m)
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Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.