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Wandern Bodensee: Von Heiden zum Fünfländerblick

Anspruch:
schwer
Dauer:
02:30 Std.
Länge:
9 km
Aufstieg:
500 m
Abstieg:
500 m

Auf das Dach der Tour. Auf den höchsten Punkt unserer Wanderungen geht es ins Appenzeller Land - zum Glück mit der Zahnradbahn. Ein paar Höhenmeter gilt es aber trotzdem zu überwinden, um den Fünfländerblick genießen zu können.

Beschreibung

Nach oben mit der Zahnradbahn

Wer mit dem Pkw anreist, parkt in Rorschach und fährt am besten mit der roten Appenzeller Rorschach-Heidener-Bergbahn (RHB), einer Zahnradbahn, nach Heiden. Es werden in knapp 20 Minuten fast genau 400 Höhenmeter überwunden, und man rollt (links) an den beiden Schlössern Wartegg (430 m, 16.–19. Jh.) und Wartensee (561 m, 13. Jh.–19. Jh.) vorbei.

In Heiden

Schließlich kommen wir in Heiden an, auf ziemlich exakt 800 Meter über Meeres- und 400 Meter über Seehöhe. Auch eine Kantonsgrenze haben wir überschritten, von Sankt Gallen nach Appenzell-Außerrhoden. Die Geschichte des Ortes Heiden im hügeligen Voralpenland mit freiem Blick auf den See ist selbst ein Auf und Ab. Um das Jahr 1650 standen hier nur vereinzelte Höfe. Später siedelten sich zahlreiche Weber und Textilbetriebe an, Heiden wuchs stark. 1838 errichtete man eine klassizistische Kirche, doch kurz vor deren Fertigstellung brach in der entfernt liegenden Schmiede ein Feuer aus – begünstigt durch Föhnwetterlage zerstörte der Brand das Dorf bis auf einige wenige Häuser. Aus dieser Katastrophe erwuchs durch Solidarität der gesamten Schweiz, aber auch internationale Hilfe, das neue Heiden. In sehr kurzer Zeit entstand nach 1838 das regelmäßig geplante »Biedermeierdorf« mit seinen akkuraten klassizistischen Gebäuden. Jetzt begann Heidens zweite große Phase: Heiden wurde zum mondänen Kurort, und wenn auch dieser Boom nach den Weltkriegen abgeflaut ist, bietet der Ort heute noch Ruhe und Erholung bei herrlicher Alpenluft.

Es geht noch höher

Von der Pfarrkirche laufen wir über Seeallee bis zur Kreuzung, wo wir rechts in die Nordstrasse einbiegen. Nun geht es erst einmal längere Zeit bergab. Wir kommen zu einer schönen Holzbrücke, die wir jedoch nicht betreten, für uns geht es weiter hinab in den Wald: Wir müssen nämlich den tief eingeschnittenen Tobel des Mattenbaches überqueren, in dem gleichzeitig die Kantonsgrenze verläuft. Auf der anderen Seite am Waldrand folgen wir den gelben Schweizer Wanderschildchen nach »Grub SG/Fünfländerblick« mitten über die Bergwiesen, von nun an wieder bergauf.

Grub und Grub

An der Fahrstraße wenden wir uns links ins Dörfchen Grub. Wir zweigen nicht bei dem ersten Hinweisschild rechts ab, sondern laufen noch kurz weiter ins Dorf, um einen Blick in die schmucke kath. Dorfkirche (18. Jh.) und in den nahe gelegenen Nachbarort zu werfen. Dessen Name: Grub. Nacheiner blutigen Konfrontation im 15. Jahrhundert mussten sich Appenzell und das Kloster Sankt Gallen die Ortsherrschaft teilen, nach Einführung der Reformation im östlichen – Appenzeller – Teil wurde das Verhältnis nicht gerade herzlicher. Kurzerhand bildeten sich zwei Orte mit Namen Grub heraus: das katholische Sankt Galler Grub (SG) und das reformierte Appenzeller Grub (AR). Wir lassen schließlich die alten Konfessionsstreitigkeiten hinter uns und laufen zur Fahrstraße zurück und überqueren sie.

Der Fünfländerblick

Nach den letzten Gruber Häusern geht es nun etwas steiler auf den Höhenkamm des Rorschacherberges. Der Weg endet an einer kleinen modernen Kapelle auf 899 Metern Höhe. Von hier haben wir – bei gutem Wetter – Sicht auf Deutschland direkt gegenüber, Österreich im Nordosten, die Schweiz vor unseren Füßen, die italienischen Gipfelspitzen weit hinter uns im Süden und für Kenner weit im Osten ein Zipfelchen Liechtenstein. Und dazu der überragende Blick auf die blaue Gesamtfläche des Sees.

Zum Mariaberg

Wir wenden uns auf dem Kamm nach rechts, im Weiler Unterbilchen heißt es kurz achtzugeben: Der Wanderweg führt geradeaus weiter durch den Wald bis Landegg. Hier gleich hinter dem ersten Gebäude geht es scharf links in den sogenannten Korporationswald – der Wegweiser nennt bereits den Mariaberg. Recht schnell überwinden wir zahlreiche Höhenmeter, bis wir über Hof die Autobahn unterqueren und anschließend an der nächsten Brücke den Zebrastreifen ins Stadtinnere nehmen. Über die Heidenerstrasse kommen wir zum Spital, wo wir links in die Seminarstrasse einbiegen und zum Kloster Ma­riaberg kommen, das nie ein Kloster war.

Der ständigen Streitereien mit der Stadt Sankt Gallen überdrüssig, beschloss der Abt Ulrich Rösch 1483 kurzerhand die Verlegung des gesamten Klosters an den See nach Rorschach – der Ort gehörte praktischerweise der Abtei. Dieser Abzug der Mönche konnte den Städtern nun auch wieder nicht recht sein, und so tat man sich mit den Appenzellern zusammen und zerstörte den Neubau. Ein Pyrrhussieg. Der Abt zog viermal so viele Truppen zusammen, schlug die Aufrührer und trotzte ihnen Zugeständnisse, Landgewinne und den Wiederaufbau des Mariaberges ab. Die Mönche blieben in Sankt Gallen, das Rorschacher Kloster wurde ohne Kirche fertiggebaut und diente als Sommerresidenz, Statthalterschaft und Schule. Wir verdanken den Streitigkeiten eines der schönsten spätgotischen Gebäude des Bodensees mit einem eleganten Kreuzgang und einer Renaissance- und Barockausstattung.

Hafenstadt Rorschach

Einst stand der Mariaberg recht einsam am Hang, doch schon Mitte des 18. Jahrhunderts bildete sich zu seinen Füßen eine edle barocke Siedlung: Anno 947 mit besonderen Marktprivilegien ausgestattet, war sie immer eine Handelsstadt. Im 18. Jahrhundert nahm sie u. a. durch die Leinweberei großen Aufschwung, wovon die erwähnten barocken Wohnhäuser an der Mariaberg­strasse zeugen, die wir zum See hinab hinunterlaufen, sowie das Kornhaus als Wahrzeichen der Stadt (heute ein Erlebnismuseum). Rorschach leidet ein bisschen unter dem Durchgangsverkehr, insbesondere durch zwei die Innenstadt unterteilende Bahnlinien. Dafür ist die lange Seepromenade mit Strandbad sehr schön.

Touren-Charakter

Der Aufstieg von gut 150 Metern ist gut bewältigbar, der Abstieg über fast exakt 500 Meter mal bequem, mal etwas anspruchsvoller, insgesamt aber selbst für Nichtbergfexe kein großes Problem. Schwindelfreiheit ist im Mattenbach- tobel Pflicht.

Ausgangspunkt

Rorschach Bahnhof (alternativer Ausgangspunkt: Heiden Bahnhof)

Endpunkt

Rorschach Bahnhof

Der Rorschach-Test

Die berühmte psychologische Interpretation von Tintenklecksen geht zwar auf einen Schweizer zurück, doch hat er nichts als den Namen mit der Hafenstadt gemein: Hermann Rorschach (1884–1922) stammte aus Zürich.

Ein Heidler Gast

Der gesundheitlich angeschlagene Henry Dunant, Gründer des Roten Kreuzes, verbrachte seine letzten Lebensjahre von 1892 bis 1910 bei einem befreundeten Arzt im alten Heidler Bezirksspital. Ein Museum dort erinnert an ihn (www.dunant-museum.ch).

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