Wandern Südtirol: Zum Castelfeder
Sagen, Legenden und Geschichte. Das Laub der Korkeichen aus dem letzten Jahr raschelt unter unseren Füßen, es ist ein milder Frühlingstag und wir erkunden den sagenumwobenen und geschichtsträchtigen Felsen Castelfeder, der über dem Dorf Auer aufragt. Der Porphyrfelsen verbirgt nicht nur manche Geheimnisse, er ist ein geschütztes Biotop mit einem ganz eigenen Mikroklima.
Mikroklima
Vom Parkplatz Schwarzenbach wandern wir über die Holzbrücke, wenden uns nach links und folgen gleich wieder rechts den Wanderwegschildern »Castelfeder 5«. Zunächst passieren wir die Tennisplätze, unterqueren im Tunnel die Schnellstraße und sehen dann linker Hand, bereits bergauf, einen Wanderparkplatz. Hier wendet sich unser Weg nach rechts. Bald teilt er sich, beide Wege führen ans Ziel. Wir wählen den rechten und treffen bald auf einen ersten schönen Aussichtspunkt, der uns nach Norden über den Ort Auer bis Bozen blicken lässt. Weiter steigen wir durch einen alten Flaumeichenwald bergan. Es sind wahre Baumgreise drunter, die ihre uralten knorrigen Stämme in den Himmel strecken. Sanft wehen laue Winde aus dem Tal nach oben und die Wärme staut sich schnell auf dem felsigen Plateau. Bald schon wandern wir an den ersten Mauerresten einer mittelalterlichen Burg vorbei. Hinweistafeln erklären nicht nur die geschichtlichen Hintergründe, sondern auch die einzigartige Flora und Fauna dieses Biotops. Die nachtaktiven Siebenschläfer konnten wir nicht entdecken, dafür aber eine wunderschöne filigrane Gottesanbeterin.
Castelfeder
Bis zum höchsten Punkt ist es nicht weit und wir stehen ganz oben am Felsen. Er ist durch die Reste der romanischen Barbarakapelle markiert, die einst zur Burg Alt-Enn gehörte. Von der Burg selbst findet man nur mehr wenige Grundmauerreste. Wendet man sich von der Kapelle aus nach Westen, so kommt man an der Hangkante zu einer Mauer mit drei Durchbrüchen. Sie werden Kuchelen genannt und sind die Reste der früher so bedeutenden Ringmauer der römischen Befestigung. Daneben stehen ein paar Porphyrsteine schräg aus dem Boden. Einer dieser Felsen ist oben auffällig blank geschliffen. Das war die Stelle eines vorchristlichen Fruchtbarkeitskults. Wenn eine Frau bäuchlings über diesen Felsen rutschte, hoffte sie schwanger zu werden. Offensichtlich hat sich der Brauch bis weit in die christliche Zeit hinein erhalten, denn später wusste man ein Kreuz einzumeißeln, um diesen heidnischen Zauber zu bannen. Liebevoll wird der Platz heute noch »Jungfernrutsche« genannt.
Aussicht
Das Beste von allen ist jedoch die Aussicht. Hier finden sich jede Menge lauschige Plätzchen für eine mitgebrachte Brotzeit. Unter uns zieht sich das glitzernde Band der Etsch Richtung Süden. Die Grenze zum Trentino an der Salurner Klause ist schnell ausgemacht. Im Osten sehen wir Montan mit seiner Burg und das nette Kirchlein St. Daniel. Im Westen steigen steil die Felswände des Schwarzerkopfs und des Paterkopfs oberhalb von Tramin empor. Richtung Norden glänzt der von Weinbergen umgebene Kalterer See. Der Mitterberg mit der Burgruine Laimburg teilt das Etschtal.
Rückweg
Der schnellste Weg führt über den Hinweg zurück. Aber wir können die Runde noch etwas ausdehnen. Dafür steigen wir hinter der Kirchenruine die felsigen Stufen abwärts. Am Brunnen biegen wir rechts ein und nehmen nach Süden den malerischen alten Römerweg mit seinem Steinpflaster. Unten treffen wir auf einen größeren Feldweg, in den wir links einbiegen, um auf dem Naturlehrpfad Castelfeder das Feuchtgebiet Langsee zu passieren. Wir umrunden nun die Ostseite von Castelfeder und kommen auf dem Steig Nr. 5 A zurück an die Stelle in der Nähe der Umgehungsstraße, die wir vom Hinweg bereits kennen. Jetzt geht es auf gleichem Weg zurück.
Region
Touren-Charakter
Eine kurze sonnige Wanderung, überwiegend auf Pfaden und kleinen Wanderwegen. Besonders schön Anfang Frühling, die Wege im unteren Südtirol sind schnell schneefrei.
Ausgangspunkt
Auer/Ora, Parkplatz Schwarzenbach
Endpunkt
Auer/Ora, Parkplatz SchwarzenbachAuf Spurensuche
Castelfeder war schon in der frühen Eisenzeit, etwa 2000 Jahre v. Chr., besiedelt gewesen. Das ist nicht verwunderlich, denn dieser ins Etschtal vorgeschobene Porphyrhügel erlaubt eine weite Sicht, anrückende Feinde ließen sich frühzeitig entdecken. Archäologen konnten eine römische Burg, Castellum vetus, sowie frühmittelalterliche Siedlungsreste finden, die hinter schützenden Mauern lagen. Reste der großen Ringmauer sind heute noch gut erkennbar. Von allen Volksstämmen, die während der Völkerwanderung das Etschtal als Durchzugsland benutzten, sind am Castelfeder Befestigungen nachzuweisen. Der jüngste und letzte Bau war die romanische Burg Alt-Enn, die schon Ende des 12. Jahrhunderts wieder verlassen wurde. Auf der Erkundungstour zwischen den Weißdornbüschen und Steineichen stößt man unweigerlich auf mehr oder weniger deutliche Spuren menschlicher Besiedlung – eine geheimnisvolle Tür in die Vergangenheit.
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sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.