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Wandern Silberregion Karwendel: Vom Plumsjoch zur Montscheinspitze

Anspruch:
schwer
Dauer:
08:30 Std.
Aufstieg:
1030 m
Abstieg:
1030 m

Auch bei Sonnenschein ein Genuss. Bei Mondlicht ist der Aufstieg zu diesem Einzelgipfel im Ostkarwendel nicht zu empfehlen. Stellenweise heißt es auch mal Fels anpacken, und manches darf man gar als Hatsch empfinden. Aber die Mühe wird belohnt: mit einem ganz großen Panorama.

Beschreibung

Ob es ein Zufall ist,

dass man vor der Plumsjochhütte oft Räder geparkt sieht? Wer ein Bike besitzt, kann es bei dieser Tour jedenfalls vorteilhaft verwenden. Langweilig ist im Karwendel zwar selten ein Weg; die Schotterstraße in den Plumssattel allerdings ist trotz zunehmend schöner werdender Aussicht mit jedem aufgestiegenen Höhenmeter nichts, was man zu Fuß besser genießen könnte als auf dem Rad. Zumindest am Abend, wenn man jubelnd hinunterbrausen kann; aufwärts mag man durchaus das Phänomen verfluchen, dass ein Radfahrer, der eine gewisse Mindestgeschwindigkeit unterschreitet, schnell mal umkippt – und dass diese Mindestgeschwindigkeit beim Bergaufradeln granatenmäßig mühsam sein kann.

Es sollte also eine gewisse Entscheidungsfreiheit bestehen, ob man nach dem Motto »es ist so schön, wenn am Abend der Schmerz nachlässt« die erste Etappe radelt oder ob man gemütlich zu Fuß hinaufdackelt und am Ende des Tages die Knie und Sohlen rauchen lässt. Irgendwann, so nach gut zwei bis knapp drei Stunden ungefähr, wird jedenfalls die Plumsjochhütte (1630m, Tel. 0043/5243/43111 oder 43299, www.plumsjoch-huette.at) erreicht sein, und wer ihre Terrasse nicht für ein Getränk oder eine Brotzeit nutzt, ist selber schuld. In den Hüttenfenstern reflektieren die meisten der großen Karwendelgipfel: Gamsjoch und die Falkengruppe in vorderer Reihe, dahinter spitzen die dunklen Wände der Grubenkarspitze hervor und das kecke Horn der Birkkarspitze.

Aber es gibt noch was zu tun!

Zuerst einmal ein potenzielles Missverständnis aus dem Weg räumen. So steht die Plumsjochhütte nicht etwa im Plumsjoch, sondern im Plumssattel. Das Plumsjoch (1920m) ist ein Gipfel – Tiroler Sprachverwirrung, so was kommt schon mal vor im Land, wo die Banane Banane-ch heißt. Und ob man nun den Plumssattel im Sattel oder auf Schusters Braunem erreicht hat: Das gipfelige Joch will zu Fuß erstürmt sein. Etwas zach wälzt sich der Weg durch Latschen und Schrofenhänge nach oben, bevor man auf dem Zwischengipfel zur Rast niederplumpsen darf. Erst die Hälfte ist geschafft.

Und rund 160 wertvolle Höhenmeter gehen wieder beim Abstieg auf luftigem, teils gerölligem Kammweg hinunter in die Montscheinsinke verloren. Mit dem unguten Bewusstsein im Magen, dass man das alles beim sogenannten Abstieg wieder hinaufmuss. Nun, auch der Mond hat ein wechselhaftes Wesen. Warum soll eine Scheinspitze, die nach ihm benannt ist (Tiroler Sprachfinessen sind uns ja mittlerweile zur Genüge begegnet), ein Straightforward-Auffihatscher sein?

Sie hat sogar noch mehr zu bieten,

unsere Edelquacke, als die sie sich nun bald präsentiert. Wirkte die Montscheinspitze vom Plumsjochgipfel wie ein felsdurchsetzter Wanderberg, so bäumt sie sich über ihrer Senke wie eine Dolomitenbastion auf, mit stotzigen Felsabstürzen, durch die kein Weg denkbar scheint. Braucht er auch nicht direkt. Aber indirekt muss er schon durch. Listig umschlenkert der ausgetretene Geröllpfad die abweisenden Mauern, und man möchte schon glauben, dass dahinter eine gemähte Wiese gipfelwärts führen möge. Bis man dann doch den Realitäten ins Gesicht schauen muss, in Form einer splittrigen Felsenrinne, wo man sich nicht zu schämen braucht, wenn die Hand Halt suchend zum Kalkstein irrt. Immer dran denken: Aufwärts geht oft mal was – aber hier muss man jeden Meter auch wieder runter! Und dabei lässt sich der Tiefblick nicht so leicht ausblenden, das Stichwort Schwindelfreiheit gesellt sich dann gnadenlos zur ebenso berüchtigten Trittsicherheit.

Wer von beidem genug hat,

wird die fiese Rinne ohne schuldhaftes Zögern überwinden und sich auch nicht von dem einen oder anderen felsigen Stück Wegs aus dem inneren Gleichgewicht bringen lassen, das die letzten Meter zum Gipfel interessant zu halten versucht. Als ob das nötig wäre. Wer Augen hat zu sehen, der kann die mitgebrachte Brotzeit im Rucksack lassen und sich sattsehen am großen Panorama. Zwischen den 1000 Meter hohen Felswänden der Karwendelhauptkette und den Almen und Waldhügeln des Vorgebirges ragt die Montscheinspitze wie ein Solitär in die Luft; im Osten ergänzen die Eisgipfel der Tauern die Rundumschau und tief unten zeigt sich noch der südlichste blaue Zipfel des Achensees.

Irgendwann ist es Zeit zu gehen.

Ob der Abschied vom Gipfelblick schwerfällt oder etwas Respekt vor der Felsrinne den Aufbruch hemmt: Unten lockt ja die Hütte mit bewährter Terrasse. Wer noch nicht genug hat vom Karwendelblick, kann sich eine Zusatzportion sichern auf dem Höhenweg hinüber zum Hasentalalm-Hochleger (1740m, ca. 1Std.), über den man auch zur Haglhütte absteigen kann. Oder man entert – tamtatam, Bonanza! – das Bike und genießt den Lohn morgendlicher Mühe.

Touren-Charakter

Lange Bergwanderung mit ernsthafter Felspassage am Gipfelaufbau; bis zum Plumsjoch keine großen Schwierigkeiten

Ausgangspunkt

Haglhütte im Rißtal, 1077m

Information

Höhenmeter: 900 Hm

Ein Scheinberg?

Babylonisch-tirolerisch-romanische Sprachverwirrung: Der Mond im Gipfelnamen hat nichts mit unserem Erdtrabanten zu tun, sondern ist wie beim Mont Blanc ein Überbleibsel aus der Zeit, als die Römer den Germanen zeigten, wo der Bartl die Milch macht. Der »Schein« entstammt dem Verkleinerungssuffix »cino«; so ist die Montscheinspitze ein »kleiner Berg«. Ähnliche Romanismen findet man unten in Pertisau bei den Almen Gramai (gra-mina = Unkrautboden) und Pasill (pu-silla = ärmliche Alm). Woher allerdings die Vorgipfel »Mantschen« und »Kotzen« ihre Namen haben, darüber mag man höchstens bei mühsamem Wandern nach Regen nachdenken.

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Bitte beachten!

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.