JBerg-Verlag
Bergwandern
wandern

Wandern Seefeld: Pleisenhütte und Pleisenspitze

Anspruch:
leicht
Dauer:
10:00 Std.
Aufstieg:
1600 m
Abstieg:
1600 m

Dem Toni sein Lebenstraum. Nur wenige der höheren Karwendelgipfel sind so leicht zu ersteigen wie die Pleisenspitze: Ein markierter Weg führt verblüffend problemlos durch den steilen Hang zum Aussichtsgipfel über Scharnitz. 1600 Höhenmeter machen trotzdem eine ganz schön harte Tour daraus.

Beschreibung

Ein Visionär muss er gewesen sein,

so würde man das heute wohl ausdrücken, der »Pleisentoni«, der Scharnitzer Bergführer Anton Gaugg. Ein ganzer Kerl, ein Mann, der einen Traum hatte und diesen in Wirklichkeit verwandelte. Aber wohl auch ein bisschen Romantiker, denn als Platz für »seine« Hütte hätte er nicht leicht einen schöneren finden können: 800 Meter über dem tief eingekerbten Karwendeltal, über dem die grausligen Nordwände von Gleirsch, Jägerkar- und Praxmarerkarspitzen aufragen, mit freiem Blick über Scharnitz und die Leutasch hinaus zur einsamen Hohen Munde über dem Inntal. Es mag ihm auch zugutegekommen sein, dass 1953/54 die baurechtlichen und vor allem gastronomischen Ansprüche an eine Berghütte noch nicht so – ja was? überzogen? – waren wie heute; noch vor wenigen Jahren duldeten dort die Behörden ein Plumpsklo, wenn auf Alpenvereinshütten schon biologische Kläranlagen vorgeschrieben waren. Aber der Pleisentoni war halt auch ein Original, einer der bekannteren Einheimischen, denen man nicht in die Suppe spucken will, die er seinen Gästen serviert. Und auch wenn er heute nicht mehr lebt, führt sein Sohn Siegfried (Siggi) doch die Tradition fort, die auf diesem Haus zu spüren ist. Zum Wohle der Bergsteiger: denn die Pleisenhütte steht nicht nur auf einem prächtigen Aussichtsplätzchen, sie ist auch Zwischen- und Kräftigungsstation für einen der markantesten Berge des Vorderen Karwendelhauptkammes.

Fährt man von Innsbruck her auf Scharnitz zu, dann springen sie gleich ins Auge, die beiden großen Endpunkte der zwei Karwendelkämme, Pleisenspitze und Gleirsch, mit weiten, freien Steilflanken nach Süden hin abfallend. Auf beide führen markierte Wanderwege, die Pleisen ist der leichtere Gipfel und gleichzeitig der höhere; keine schwere Tour also, trotzdem mit Anspruch für rechte Kerlinnen und Kerle, denn die exakt 1600 Höhenmeter müssen erst mal gegangen sein.

Ein früher Aufbruch lohnt sich.

Denn der Anstieg verläuft genau südseitig und wird von der Sonne gründlich verwöhnt. Wieder können Radfahrer punkten, indem sie von den Parkplätzen »Karwendeltäler« bei Scharnitz zuerst auf der Teerstraße bis zum Wiesenhof fahren und dann links ab Richtung Pleisen noch einige Meter die Forststraße hinaufstrampeln – Mühe in der Morgenkühle, die später mit flotter Abfahrt in der Mittagshitze vielfach entlohnt wird. Bis auf 1400 Meter (ca. 5,5km von Scharnitz) lässt sich die Straße ganz gut fahren, die letzten Meter zur Pleisenhütte, »vom Wasserlegraben über die Würfelriss zur Labalehnerbrünst«, wie der AV-Führer so schön dichtet, sind gemütlicher zu Fuß zurückzulegen. Dann steht man nach rund drei Stunden vor dem Traumhaus (1757m, 35 Übernachtungsplätze, Tel. 0043/664/9158792), das mittlerweile beachtliche Dimensionen angenommen hat: mit braunroter Holzbeplankung, auf einem Fundament riesigerWackersteine. So ein Lebenstraum verlangt eben ein bisschen Arbeit. Doch auch für den Aufstieg hier herauf, ob mit Radlhilfe oder ohne, hat man sich eine Stärkung verdient, die auf der Aussichtsterrasse in der Vormittagssonne ein rechter Genuss wird.

Ein paar Meter fehlen freilich noch;

erst die Hälfte des Wegs ist an der Hütte bewältigt. Und der Start zur zweiten Portion ist eher zach, denn die Latschenhänge speichern jeden noch so scheuen Sonnenstrahl und entwickeln sich im Lauf des Tages zu einem veritablen Brutofen. Erst ab etwa 2100 Metern dünnen die Büsche aus, führt der Weg über »Die Pleisen« hinauf, einen offenen, grasigen Hang mit einer Gänsehaut aus Felsbrocken, der erst unverschämt weit oben im goldenen Dreieck der Pleisenspitze (2569m) kulminiert. Schwierig ist das nicht, der Weg zwar geröllig, aber harmlos zu begehen, nur eben lang – und nach Schatten wird man sich vergebens umsehen. Es sei denn, man war so umsichtig, sich einen etwas bewölkten Tag für den Gipfelsturm zu wählen. Was andererseits schade wäre, denn die Aussicht von der Pleisenspitze ist noch ein gutes Stück besser als die von ihrer Hütte aus.

Mit jedem Schritt nach oben weitet sich das Panorama, und wenn man unter dem mächtigen Gipfelkreuz steht, hat man einen guten Teil des Karwendels und noch einiges mehr im Blick. Zuallererst springt der Karwendelhauptkamm ins Auge, der sich von der Pleisen- bis zur Birkkarspitze reckt, eine Staffel von zerhackten Felsmauern über ihren Zerfallsprodukten, den weiten Schuttkaren. Im Gegenlicht des Südens der Gleirschkamm und die Solsteinkette als dunkle Wellen, darüber glänzen ein paar Gipfel aus dem Zillertal und Stubai herüber. Und nach Nordwesten späht man über das Karwendeltal und den Mittenwalder Höhenweg Richtung Wetterstein und ins Bayerische Voralpenland hinaus. Da bleibt man gern ein bisschen länger sitzen – bis dann die Terrasse der Pleisenhütte mit einem gut gezapften Glas Hopfen-Elektrolyt oder einer anderen Erfrischung zur Vision wird. Schon zu verstehen, der Pleisentoni …

Touren-Charakter

Bis zur Hütte Fahrstraße und Weg, im Gipfelhang felsig, aber ohne Schwierigkeiten auf markiertem Weg

Ausgangspunkt

Scharnitz, 964m

Information

Höhenmeter: 1700 Hm

Ein findiger Typ

Der »Pleisentoni» war nicht nur als Hüttenbauer kreativ (und fleißig: Da Holzschlag damals verboten war, musste er alle Baustoffe zu Fuß hinauftragen) – als Höhlenforscher entdeckte er im Karwendelkalk über ein Dutzend Höhlen, darunter knapp unter dem Gipfel der Pleisenspitze den 120 Meter tiefen »Anton-Gaugg-Eisschacht«. In der Vorderkarhöhle fand er ein 7000 bis 8000 Jahre altes Skelett eines Elchkalbs – in der damaligen Warmzeit konnte der Waldbewohner auf 1800 Metern Höhe leben. Toni Gaugg starb 2007 mit 87 Jahren und wurde neben seiner Hütte begraben.

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Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.