JBerg-Verlag
Bergwandern
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Wandern Seefeld: Auf den Hohen Gleirsch

Anspruch:
mittel
Dauer:
10:00 Std.
Aufstieg:
1700 m
Abstieg:
1700 m

Top-Sicht vom einsamen Eckpfeiler. Als imposanter Karwendel-Vorposten im Westen ragt der Hohe Gleirsch weit mehr als 1000 Meter über den Talböden des Hinterau- und Gleirschtales auf. Der Hausberg von Scharnitz ist eine viel gerühmte Aussichtsloge; der kleine Ort wirkt von dort oben wie aus der Modelleisenbahn.

Beschreibung

Hinter dem verschlafenen Grenzort Scharnitz,

dem Ausgangsort in die lang gezogenen Karwendeltäler, bildet der Hohe Gleirsch einen markanten Blickfang. Der westliche Eckpfeiler der Gleirschkette fällt nach Norden mit einer gruseligen 900-Meter-Felswand Richtung Isarursprung ins Hinterautal ab. Nach Südwesten zeigt sich der formschöne Berg deutlich zahmer: Wälder, Latschengürtel, Schrofen und die für das Karwendel typischen Geröllhalden bestimmen das Bild. Letztere sollen auch für seinen Namen verantwortlich sein – »Gleirsch« leitet sich demnach aus dem lateinischen glarea für »grober Sand, Kies« ab. Wer auf den Hohen Gleirsch will, sollte keine Abneigung gegen Schotter und Geröll hegen. Und auch nicht vor einer ziemlich einsamen Tour zurückschrecken – viele Gleichgesinnte wird man nicht treffen. Immerhin warten über 1300 Höhenmeter bis zum Gipfel, und auch der Zustieg von Scharnitz ist nicht gerade ein Klacks. Dafür zählt der Hohe Gleirsch zu den leichteren der hohen Karwendelgipfel – laut Wikipedia steht er an 39. Stelle unter den 125 Karwendel-Zweitausendern, und mit 2491 Metern ist er der höchste 2400er. Routinierte Karwendelfreaks werden ihre Freude haben und sich mit einem sagenhaften 360-Grad-Panorama belohnen.

Zum »Normalweg« auf den Hohen Gleirsch

muss man erst einmal kommen. Der beginnt nämlich hinter dem Forsthaus Amtssäge im Gleirschtal, kurz vor der Möslalm. Praktisch ist es, mit dem Mountainbike über die Forststraße hinauf zur Gleirschhöhe zu strampeln, rechts ins Gleirschtal abzubiegen, zur jungen Isar hinabzurollen, für einen zweiten steileren Aufstieg über etwa 140 Höhenmeter anzutreten und ins Gleirschtal bis zur Amtssäge hineinzuradeln. Dahinter stellt man das Bike ab. Nichtradler können entweder über die Radlstrecke oder alternativ über den Isarsteig/Nederweg ins Gleirschtal wandern. Dort treffen auf etwa 1100 Metern Höhe beide Routen zusammen und führen zur Amtssäge. Oberhalb davon zieht ein Almweg zur Möslalm, einige Meter weiter zweigt der hier wenig markante Steig zum Berg ab. In vielen Serpentinen geht es durch den wuchernden Wald hinauf ins Gleirscher Riegelkar in die Latschenzone. Bei einem Geröllfeld knickt der Steig scharf nach Westen ab und führt oberhalb des Unteren Sagkopfes aufwärts. Bei starker Sonneneinstrahlung heizen sich die Latschen schnell auf, und es wird ziemlich schweißtreibend – also lieber etwas mehr Getränke mitnehmen! Je höher man steigt, desto freier wird der Blick nach Süden auf die Inntalkette. Es folgt eine frisch und breit ausgeschnittene Wegpassage durch die Latschen. Dann öffnet sich der gewaltige Südwesthang in voller Größe bis zum Gipfel, dessen Kreuz noch fast 600 Höhenmeter weiter oben blinkt.

Mühseliger ist der Aufstieg jetzt

und anspruchsvoller. Unterhalb des Oberen Sagkopfes werden die Markierungen seltener, verzweigen sich die Wegspuren in mehrere Varianten. Man ist gefordert, den möglichst optimalen Weg selbst zu finden. Das Gelände steilt sich auf, der Hohe Gleirsch macht seinem Namen alle Ehre und liefert viel glarea. Der bröselige Untergrund verlangt sicheres Auftreten, man steigt Richtung Grat weiter und achtet auf Steinschlag, den Gämsen oberhalb auslösen können. Auf der Grathöhe angelangt, öffnen sich nach Osten erstaunliche Einblicke über den Karboden des Gleirscher Riegelkars auf den Kamm mit dem Katzenkopf und den einsamen Jägerkarspitzen. Hier hat der Karwendelpionier Hermann von Barth 1870 den ausgesetzten Barthgrat erstbegangen, eine bis heute anspruchsvolle Gratüberschreitung im Schwierigkeitsgrad III.

Endlich ist der Gipfel mit dem mächtigen Kreuz erreicht

– und die Aussicht in alle Himmelsrichtungen hervorragend. Im Süden liegen hinter den Gipfeln der Inntalkette die Zillertaler und Stubaier Alpen, im Westen baut sich über den Spielzeughäusern von Scharnitz das Wetterstein und die Mieminger Kette auf, und nach Norden reihen sich die Gipfel der westlichen Karwendelhauptkette aneinander, von der Pleisenspitze bis zum Roßloch. Eindrücklich ist der Tiefblick ins Hinterautal zur jungen Isar. Dazwischen liegen fast 1500 Höhenmeter und die gewaltigen Abbrüche der Nordwand, durch die einige alpine Kletterrouten (III–V) führen. Im Gipfelbuch sind zeitgenössische Begehungen verzeichnet – Respekt!

Vom Gipfel kann man auch den obersten Teil des Gleirschwestgrates begutachten, über den die nicht markierte Route über den Ochsenbodenweg und die Blutsgrabensenke führt. Diese Variante verlangt Orientierungsvermögen und Kletterfähigkeiten, ist nur im Aufstieg zu empfehlen und routinierten Bergsteigern vorbehalten, die sich in weglosem alpinem Gelände wohlfühlen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Abstieg entlang der Aufstiegsroute. Der Eiertanz über den losen Gleirsch-Schotter fordert noch einmal volle Konzentration. Danach hat man sich den Einkehrschwung in der Möslalm wirklich verdient.

Touren-Charakter

Technisch keine hohen Anforderungen, anspruchsvolles Gelände mit Schotter und Geröll im oberen Teil, Vorsicht vor Steinschlag; Kondition nötig

Ausgangspunkt

Großparkplatz am Beginn der Karwendeltäler in Scharnitz bzw. Parkplatz beim Gasthof Wiesenhof am Eingang Hinterautal, 1000m

Information

Höhenmeter: Hütte: 800 Hm (+ ca. 50 Hm Gegenanstieg), Gipfel: ca. 1100 Hm

Hausgemachter Graukäse in der Möslalm

Den erfolgreichen Gipfelsturm auf den Hohen Gleirsch kann man bei einer anschließenden Einkehr in der Möslalm nach Gebühr begießen. Die gepflegte Alm mit reichhaltigem kulinarischem Angebot reicht bis ins 14.Jahrhundert zurück, gehört der Stadt Innsbruck und wird in dritter Generation von der Familie Kircher aus Arzl betrieben. Im weiten Talboden fühlen sich neben Wanderern und Mountainbikern auch jede Menge Rindviecher wohl. Geöffnet ist die Möslalm von Mitte Mai bis Anfang Oktober; besonders zu empfehlen ist der in der almeigenen Sennerei hergestellte Graukäse.

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Bitte beachten!

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.