Wandern Schwäbische Alb: Zu Schloss Lichtenstein und der Nebelhöhle
Neuschwanstein auf der Alb. Ein wahrhaftiges Märchenschloss erhebt sich über dem Ort Honau: Schloss Lichtenstein. Für alle, die gerne etwas länger schlafen, gibt es hier eine interessante Wanderung, die auch zur Nebelhöhle führt. Zwei Sehenswürdigkeiten an einem Nachmittag! Wo gibt's denn das?
»Zwoimol umzoga s’isch wie oimol obrannd!«
So erklärte mir ein Einheimischer, warum Friedrich Wilhelm Alexander Ferdinand Graf von Württemberg in den Jahren 1840–1842 das Schloss Lichtenstein errichten ließ. Wie das Schloss Neuschwanstein in Bayern fasziniert dieser herrschaftliche Bau hier auf der Alb die Besucher. Elegant thront es in luftiger Höhe. Um dorthin zu kommen, wandern wir am Parkplatz bei der Nebelhöhle los. Diesen Tipp bekamen wir von einem Schwaben und dies bestätigt, dass die Älbler sparsam sind. Denn im Gegensatz zum kostenpflichtigen Parkplatz bei Schloss Lichtenstein ist jener bei der Nebelhöhle gratis und weniger überlaufen.
Die Nebelhöhle und Schloss Lichtenstein gehören zusammen wie Stan und Ollie oder Derrick und sein Assistent Harry Klein. Den einen gibt es ohne den anderen nicht. So steht die Nebelhöhle in direkter Verbindung zum Schlossbau. Denn Wilhelm Hauff, der schwäbische Shakespeare, schrieb in seinem Roman Lichtenstein, dass der geächtete Herzog Ulrich von Württembergsich vor seinen Verfolgern in der Nebelhöhle verstecken musste. Streitbar ist der mittelalterliche Herzog auf jeden Fall gewesen und legte sich mit dem schwäbischen Bund und dem Kaiserreich an. Und oh Wunder, plötzlich mangelte es ihm nicht an Widersachern, die alle nur das eine wollten: ihn am herzoglichen Kragen packen. Da flüchtete der bärbeißige Revoluzzer im März 1519 und versteckte sich an einem geheimen Ort. Für den Romantiker Wilhelm Hauff ist die Nebelhöhle der Zufluchtsort gewesen. Wobei etliches dagegenspricht. Zu aufwendig ist die Hofhaltung von Herzog Ulrich gewesen, wie sollte er es wochenlang in solch einer zugigen und feuchten Tropfsteinhöhle wie dem Nebelloch aushalten? Vor allem hätte es unter Tage auch der eh schon schlechten Laune von Herzog Ulrich sicher weniger gutgetan. Wilhelm Hauff gefiel diese Idee trotzdem. Noch heute heißt ein Teil der Höhle »Ulrichshöhle«. Wer möchte, kann das Nebelloch ohne Führung besichtigen und sie ist einen Besuch wert. Alle anderen biegen am Höhleneingang nach rechts ab und folgen dem Weg nach Schloss Lichtenstein.
Durch den Stellenwald geht es am Albtrauf entlang bis zum Kalkofenhaus. Wenn dieses geöffnet ist, dann lohnt es sich, dort eine kurze Pause einzulegen. Weiter auf einer kleinen Straße über wellige Wiesen. Am Wochenende sind hier oft Mountainbiker und Rennradfahrer unterwegs. Zum Glück nehmen die Radsportler Rücksicht auf die Wanderer und niemand muss auf diesem Streckenabschnitt Angst haben, unter die Räder zu kommen.
Zum Schloss Lichtenstein
Bergab geht es vom Wechselfeld durch einen kleinen Wald. Links und rechts der Straße wachsen dichte Schlehenhecken. Bald gabelt sich der Weg. Wir biegen nicht links ab, sondern gehen weiter in Richtung Schloss Lichtenstein und durch Felder voran. An der nächsten Weggabelung (auch hier nicht links abbiegen!) bietet sich ein erhabener Blick auf Schloss Lichtenstein. An einer Scheune am Waldrand führt scharf rechts nun der Weg in einen Wald und zum finalen Anstieg zum Schloss. Moderat geht es bergauf. Bald ist das alte Forsthaus erreicht – ein Geheimtipp sind die hausgemachten Kuchen und anderen schwäbischen Spezialitäten.
Nach einigen Hundert Metern liegt Schloss Lichtenstein vor uns. Hier ringen manche Schwaben nach Luft. Das liegt weniger am geringen Sauerstoffgehalt wegen der zu großen Höhe, sondern daran, dass sie die Eintrittspreise gesehen haben. »Fürschtlich, fürschtlich!«, kommentiert ein Wanderer und zieht trotzdem die Geldbörse. Wer möchte, wandert am Schloss vorbei und hält sich links. Ein Wegweiser zeigt zum Wilhelm-Hauff-Denkmal: Eine Büste ist ihm zu Ehren dort errichtet und eine kleine Pyramide. Wer noch weitergehen möchte, folgt den Hinweisschildern zur Ruine Alter Lichtenstein. Dort errichtete wahrscheinlich Gebhard von Lichtenstein zwischen 1150 und 1200 eine Burg. 1311 zerstörten sie die Reutlinger während des Reichskrieges. Bauwütig wie die Schwaben nun mal sind, bauten sie die Festung wieder neu. Leider hielt das Glück der eigenen vier Wände nur kurz.
Wieder kamen die Reutlinger mit ihrer Streitmacht vorbei und machten im Schwäbischen Städtekrieg den Eigenheimträumen von der Burg ein Ende. Wer, warum und wieso sich bei diesem Konflikt von 1387 bis 1389 bekriegte, ist unglaublich kompliziert. Es mischten damals der Salzburger Erzbischof, der schwäbische Städtebund, König Wenzel von Böhmen, Pfalzgraf Ruprecht der Rote, der bayerische Herzog Stephan III., der französische König Karl VI. und viele andere mit. 1389 endete der Krieg mit dem Landfrieden von Eger – eine deftige Niederlage für den schwäbischen Städtebund. Seit dieser Zeit verfiel die ramponierte Burg Alt Lichtenstein zur Ruine. Auf demselben Weg, den man hergekommen ist, geht es zurück zur Nebelhöhle. Wie sagen die Schwaben so schön: »Zwoimol umzoga s’isch wie oimol obrannd.«
Region
Touren-Charakter
Gemütlich am Albtrauf entlangwandern und dabei zwei bekannte Sehenswürdigkeiten der Schwäbischen Alb sehen: Für eine spontane Tour am Nachmittag ist diese Wanderung perfekt.
Beste Jahreszeit
Frühling, Sommer und Herbst
Ausgangspunkt
Parkplatz Nebelhöhle
Endpunkt
Parkplatz Nebelhöhle
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Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.