Wandern Schwäbische Alb: Roßberg
Blick aufs Kuckucksuhren-Land. In Babel bauten die Menschen, so die Bibel, einen Turm, um Gott näher zu sein. Auf der Schwäbischen Alb gibt es mehrere Türme, und hier ist man tatsächlich dem Allmächtigen näher: Der Ausblick ist göttlich, und unterwegs kann man himmlisch einkehren. Diese Wanderung zum Roßberg dauert keine Ewigkeit.
Am Schützenhaus von Gönningen
stellen wir das Auto ab. »Ah, zum Roßberg wandert ihr! Da habt ihr ein perfektes Wetter!«, erklärt ein Schützenbruder. Neidisch sieht uns der Mann nach. Wir gehen los und folgen dem Weg mit der blauen Raute in Richtung Öschingen. Nur einen halben Kilometer später wenden wir uns links den Roßberg hinauf. Mit einem blauen Dreiblock ist der Weg markiert. Steil zieht sich die Passage hinauf. Wer seine Wanderstöcke zu Hause gelassen hat, entwickelt schnell einen Selbsthass. Der Ärger verflüchtigt sich aber sofort, wenn man am Sattel des Roßbergs angekommen ist.
Ein breiter Weg bringt uns zum Roßbergturm, auch er gehört dem Schwäbischen Albverein. Wer auf Nummer sicher gehen will, wandert an einem Tag mit Föhnlage. Dann reicht der Blick vom Turm bis zum Schwarzwald. Bei so einem Wetter klicken hier oben die Fotoapparate. Gut zu erkennen sind der Pfullinger Berg, und auch Burg Teck zeichnet sich markant von der restlichen Landschaft ab. Mit etwas Glück ist auch der Hohenstaufen zu sehen. "Dort drüben", erklärt ein Ortskundiger, "sind der Pfullingerberg und der Urselberg zu erkennen!" Und er schiebt grinsend nach: "Der hat aber nix mit der Bundesverteidungsministerin zu tun!" An wenigen Tagen zeichnen sich am Horizont die Gipfel der Alpen ab. "Das ist aber meistens unter der Woche, wenn die Besucher arbeiten müssen!", nimmt uns der Einheimische jede Hoffnung. Nun kommt der ältere Herr richtig in Redelaune. Er kennt hier jeden Berg und hat eine passende Anekdote parat: "Im April 1983 ist es gewesen. Da rauschte der halbe Hirschkopf in die Tiefe! Die Mössinger haben ganz schön geschaut, als es den Bergrutsch gegeben hat. Es war der schlimmste seit gut 100 Jahren in Baden-Württemberg!" Dazu reißt der Erzähler weit seine Augen auf. "Zu Schaden ist zum Glück niemand gekommen. Es hat damals im Frühjahr ’83 in vier Wochen so viel geregnet, wie sonst nur in einem Vierteljahr runterkommt!" Der Blick schweift von Mössingen mit dem arg ramponierten Hirschkopf über Tübingen, Reutlingen und Pfullingen. Auch hier hat der Einheimische einen Geheimtipp: "Sie sollten diesen Ausblick mal in einer sternenklaren Nacht sehen. Die vielen Lichter da unten. Das ist ein unvergesslicher Anblick!"
Und er schwärmt vom Roßbergturm. Dieses Bauwerk gönnte sich 1913 der Schwäbische Albverein zum 25. Jubiläum. Die Lage ist außergewöhnlich, denn nur im Südosten ist das Roßfeld, so nennen die Einheimischen diese Hochebene, mit der Schwäbischen Alb verbunden. Wie fortschrittlich damals schon der Schwäbische Albverein gewesen ist, zeigt sich an der Bauweise des Roßbergturms. In Gussbetontechnik errichtete man dieses Gebäude. Für 1913 ein unglaublich modernes Verfahren. Per Hand mischten die Bauarbeiter den Beton vor Ort. Entsprechend fiel die Qualität aus, und das beschäftigt den Schwäbischen Albverein noch heute. Damals befand sich auch das Wanderheim im Turm. Jedes Stockwerk war ein eigenes Zimmer. Das hat sich geändert. Unweit des Roßbergturms befindet sich ein kleines Denkmal. Diese Steinpyramide erinnert an Friedrich August Quenstedt. Er war ein international anerkannter Geologe und Mineraloge. So trocken sich das alles anhört, Quenstedt hielt kurzweilige Vorträge und schaffte es so, die Zuhörer für sein Fachgebiet zu interessieren. Noch heute sind am Geologischen Institut der Universität Tübingen von ihm gefundene Fossilien zu sehen. Der gute Schwabe wirft eben nichts weg!
Im Roßbergturm
gibt es ein Gasthaus mit deftiger Küche, und wer dort übernachten möchte, bekommt ein Bett im Wanderheim. Vor dem Turm selbst stehen Tische und Bänke. An Werktagen sind die Schranken oben, und man kann die Straße zum Turm hinauffahren. Ältere Leute nutzen dies und genießen bei einem leckeren Mittagessen den Ausblick. Auch der öffentliche Dienst ist hier zur Mittagszeit gut vertreten, wie an den Dienstfahrzeugen am Parkplatz gut zu erkennen ist. Alle anderen steigen ab. Wir folgen der blauen Raute. Zuerst führt sie uns über die Roßbergwiese. So steil, wie wir raufmarschiert sind, gehen wir an der Bergflanke hinunter. Sobald wir den Albabbruch hinter uns haben, wandern wir auf eine Straße zu. Diese verbindet Öschingen und Gönningen. Die Straße überqueren und weiter dem Weg folgen. Wir erreichen den Wanderparkplatz Kohlgrube. Sein Name hat nichts mit einem ehemaligen Bundeskanzler zu tun.
Der Waldweg verläuft ins Bachtal hinein, an dessen Ende kommen wir wieder an eine kleine Straße. Ihr folgen wir und biegen rechts zu einem einzeln gelegenen Bauernhof ab. Weiter wandern wir durch Baumstückle, auf Hochdeutsch Streuobstwiesen, bis zum Parkplatz am Schützenhaus. Der freundliche Schütze kommt auch zu seinem Auto und fragt: »Na, was habt ihr alles gesehen?« Und schon geraten wir ins Schwärmen.
Region
Touren-Charakter
Diese 12km haben es in sich. Dafür ist die Aussicht jeden Schweißtropfen wert!
Ausgangspunkt
Schützenhaus Gönningen
Endpunkt
Schützenhaus Gönningen
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Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.