Wandern Schwäbische Alb: Kurz und heftig: der Hohenwittlingensteig
Wild, wilder, am wildesten!. Perfekt, denkt sich jeder Langschläfer, wenn er liest, dass der Hohenwittlingensteig »nur« sechseinhalb Kilometer lang ist. Diese Tour hat es aber in sich und bringt den Kreislauf garantiert in Schwung. Außerdem führt der Weg durch die wilde Wolfsschlucht.
Auf Premiumwanderwegen unterwegs
Fünf Premiumwanderwege gibt es um Bad Urach. Sie heißen Grafensteige und erinnern an Graf Eberhard im Bart. Er kam 1445 in Bad Urach zur Welt und war der erste Herzog von Württemberg und Teck. Neben einigen schlauen politischen Winkelzügen, die seine Macht vergrößerten, gründete der Graf die Universität Tübingen. Zu Ehren dieses umtriebigen Adeligen – er hatte auch einige Kinder außerhalb der Ehe – gibt es die fünf Grafensteige um Bad Urach. Wer weiß, vielleicht haben einige der Dörfler noch herzogliches Blut in sich, ohne es zu wissen. Wie sagte einmal ein Einheimischer zu mir: »I bin a adelig: von dr Alb ra!«, und er lachte herzlich über seinen eigenen Witz.
Beim Hohenwittlingensteig kommt selbst blaues Blut in Wallung. Zwar warten bei diesem Grafensteig lediglich sechseinhalb Kilometer Strecke auf die Langschläfer, doch dieser abenteuerliche Weg verläuft über 422 Höhenmeter und fordert die Kondition. Schon der Ausgangsort verheißt eine Tour durch die wilde Seite der Schwäbischen Alb: Das Dorf Wittlingen liegt ein wenig abseits von Bad Urach. Sein Ortsbild hat sich wunderbar schwäbisch erhalten. Hier ließen sich einige Spielfilme über das Ländle drehen! Die Wanderung auf dem Hohenwittlingensteig beginnt mit einer Suchfahrt. In der Ortsmitte befindet sich der Zehntplatz und von hier leiten Schilder zum Wanderparkplatz P65. Er liegt gegenüber einer Scheune. Ein kurzer Blick auf die Übersichtskarte und los geht es. Wir folgen den Schildern und wandern über eine Streuobstwiese. Pferde weiden hier und dahinter ist das Dorf Wittlingen zu sehen. Schwäbische Idylle pur! Über einen schmalen Wiesenweg geht es hinauf zum Waldrand. Wunderschöne alte Buchen wachsen dort. Ein Forstarbeitermeinte einmal: »Der echte Schwabe sieht hier weniger die Bäume, sondern das Parkett für sein Haus!« Bald gabelt sich der Weg.
Nun links halten, anschließend rechts und der Beschilderung zum »Geschlitzten Felsen« folgen. Hier geht es auf einem steilen Pfad bergab. Gute Schuhe sind bei dieser Wanderung unglaublich wichtig, ansonsten lernt das Hinterteil kennen, wie hart die Schwäbische Alb sein kann. Nun geht es auf einem breiten Forstweg weiter und wir kommen an der Ruine Baldeck vorbei. Vom »Mörderschlössle«, so nennen die Einheimischen dieses Gemäuer, ist nur noch wenig zu sehen: Ein spärlicher Mauerrest trotz dem Wetter und der Zeit. Außerdem gibt es noch in Stein gehauene Stufen aus dem Mittelalter vor Ort. Zwischen 1100 und 1200 entstand diese Höhenburg. Hier lebten die Herren von Baldeck, ein niedriger Landadel. Pragmatisch wie die Älbler sind, rissen sie um 1700 die Reste der verlassenen Burg Baldeck ab, damit sich dort keine Räuber und anderes Gesindel einnisten konnten.
Schroffe Felsen
Einen größeren Eindruck hinterlässt die zerklüftete Felswand. Kletterer schwärmen davon und es lohnt sich, ein paar Minuten diesen Athleten der Vertikalen zuzusehen. Noch einmal durchatmen, denn nun folgt ein steiler Anstieg in den Wald hinauf. Abenteuerlich geht es hier weiter. Rechts heißt es dem Forstweg bis zu einer Gabelung folgen. Kurz davor steht eine Schutzhütte. Sie ist aus Tuffstein gemauert und wer möchte, kann dort an einer Feuerstelle sein Würstl grillen. Nun den linken Weg nehmen, der ins Unterholz führt. Immer an der Hangkante entlang geht es weiter. Bald ist die Ruine Hohenwittlingen erreicht.
Jedem echten Langschläfer verschlägt es die Sprache, wenn er weiß, dass sich die ehemalige Burg auf 677 Meter Höhe befindet. Grenzwertig für alle, die es gerne langsamer angehen. Im Gegensatz zur Ruine Baldeck ist von dieser mittelalterlichen Festung mehr erhalten. Gut zu erkennen sind die Umfassungsmauern. Ebenso stehen noch viele Mauern der Kernburg oder des Palas. Ritter Burckhard von Wittlingen soll Anfang 1100 mit dem Bau begonnen haben. Wie wehrhaft Hohenwittlingen gewesen ist, lässt sich noch heute erahnen. So flüchtete sich der Reformator Johannes Brenz in die Festung. Ihm waren die Truppen des katholischen Kaisers Karl V. auf den Fersen. Ob der Glaubensgelehrte damals den Ausblick von der Burg auf die Uracher Alb genießen konnte?
Doch es wartet noch ein Höhepunkt bei dieser Langschläfertour. Über viele Stufen geht es hinunter zur Schillerhöhle. In dem 1878 erschienen Jugendroman »Rulaman« von David Friedrich Weinland spielt diese Höhle eine zentrale Rolle. Mit einem Gitter ist sie vor unbefugtem Zutritt geschützt. Steil führt der Weg nun hinunter in die Wolfsschlucht. Auch in einem heißen Sommer ist es hier erfrischend kühl. Noch einmal geht es steil bergan und wir müssen durch eine Engstelle. Nun folgen wir dem Bach und kommen bald zum Parkplatz. Ein gar gräflicher Weg!
Region
Touren-Charakter
Keine typische Langschläfertour! Sie ist anspruchsvoll und fordert Kondition. Trittsicherheit ist an manchen Stellen auch wichtig. Dafür gibt es auf dem Hohenwittlingensteig eine Menge zu sehen.
Beste Jahreszeit
Frühling, Sommer und Herbst
Ausgangspunkt
Wanderparkplatz P65 Hohenwittlingen
Endpunkt
Wanderparkplatz P65 Hohenwittlingen
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Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.