Wandern Schwäbische Alb: Boßler

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»Nein, da wollen wir bitte schon genau sein!«,

klärt mich ein Einheimischer auf. Ich wagte zu behaupten, der Boßler sei 800 m hoch. Doch, so der pedantische Wandersmann, dieser Berg am Albtrauf erreicht nur 799,70 m Höhe. Die Aussicht ist zum Glück nicht messbar, denn sie bekäme die volle Punktzahl. Unsere Tour auf diesen mysteriösen Berg beginnt in Bad Boll, und die Wanderung endet im Thermalwasser des örtlichen Heilbades. Ein wunderbares Mittel, um den Muskelkater erträglich zu halten. Egal wie hoch der Boßler genau ist, die Wadenmuskeln sind heiß, wenn wir den Gipfel erreicht haben.

In Bad Boll den Wegweisern mit dem roten Balken folgen, zuerst nach Eckwälden. Auf der Dorfstraße geht es durch den Ort und am Ende links in den Wald hinauf. Bald hört man dort ein monotones Rauschen. Gar ein Wasserfall, der sich glasklar über die Felsen stürzt? Nein, es ist die E 52. Wer sich den ganzen Irrsinn des Autoverkehrs ansehen möchte, der stellt sich für ein paar Minuten auf die Brücke, die über die Autobahn führt. Irgendwie jagt dort jeder jeden.

Bald ist der Gasthof Deutsches Haus erreicht. Selbst an Wochentagen kommen etliche Gäste hierher. Dafür gibt es einen guten Grund: Im Deutschen Haus kocht man kompromisslos schwäbisch. Jakobsmuscheln mit Balsamicosauce? Fehlanzeige! Dafür kommt ein appetitlich duftender Rostbraten auf die Teller und begeistert die Gäste. Bis 14 Uhr gibt es ein Tagesessen für 7 €, und dafür nehmen manche Freunde der schwäbischen Küche auch gerne längere Wege auf sich.

»Kennen Sie den Unterschied zwischen dem Deutschen Haus und dem VfB Stuttgart?«, fragt ein älterer Herr. »Dieses Gasthaus hat mich noch nie enttäuscht!« Wer auf den Boßler und zurück will, legt hier am besten eine Pause ein. Selbst Sir Edmund Hillary oder Reinhold Messner sind nicht in einem Stück auf den Mount Everest gestiegen und rasteten immer wieder.

Wir überqueren die Landstraße beim    

Gasthaus Deutsches Haus und wandern zum Fuße des Boßlers. Noch ist Zeit zum Umkehren. In engen Kurven geht es bergauf. Wenn es geregnet hat, verwandelt sich dieser Teil der Strecke in eine Rutschbahn. Ohne Trekkingstöcke und Wanderschuhe mit gutem Profil ist es dann extrem schwer, zum Gipfel zu kommen. Noch 160 Hm. Wer glaubt, schon das Ende des Anstiegs zu sehen, irrt sich meistens. Im Hintergrund rauscht die Autobahn. Am Aussichtspunkt wartet einer der schönsten Panoramablicke der Schwäbischen Alb: Die Kaiserberge Stuifen, Hohenstaufen und Rechberg sind wunderbar zu erkennen. Manchen Wanderer motiviert dieser Blick, die drei Berge zu besteigen. Ein Findling erinnert an die Flugunfälle am Boßler. Zwischen 1940 und 2004 starben 28 Menschen im schwäbischen Bermudadreieck.

Wer sich nach dem anstrengenden Gipfelsturm stärken muss, kehrt im Naturfreundehaus Boßler ein. Samstags und sonntags ist es geöffnet. Von nun an geht’s bergab. Über die Boßler-Steige zur Autobahn, über die Brücke und links die Treppen hinunter. Auf dem Pfad »Sinneswandel« kommen wir in den Ort. Alle, die sich nach diesen 12 km richtig schlecht fühlen, legen sich ins Heilbad oder weisen sich selbst in die örtliche Rehaklinik ein. Dort kann man dann trefflich über die Höhe des Boßlers diskutieren.