Wandern Schleswig-Holstein: Vom toten Kliff zum lebendigen Nord-Ostsee-Kanal
Unter der Bökelnburg. Wo Deutschland seinen Tiefpunkt verortet, erhebt sich eine ehemalige Steilküste aus der flachen Landschaft. Wir wandern von der Geest in die Marsch und dann Seite an Seite mit mächtigen Ozeanriesen.
Zur Bökelnburg
Ausgangspunkt dieser Wanderung ist der Bahnhof von Burg. Die Hauptstraße zieht sich quer durch den Luftkurort, der als »Perle der Westküste« gilt. Aufgrund seiner außergewöhnlich hügeligen Lage entspricht er so gar nicht dem allgemeinen Bild von Dithmarschen. Am Ortsausgang nach ca. 1,4 Kilometern weist ein Schild linker Hand zum Friedhof. Er befindet sich auf einer Anhöhe direkt am Geesthang. Seine Besonderheit: Der Friedhof liegt im Inneren eines sechs Meter hohen kreisrunden Wallrings. Im Jahr 800 befand sich hier die Bökelnburg, ein Verteidigungswerk, das der Bevölkerung in Kriegszeiten Schutz bot. Heute führt ein Rundweg um die Wallkrone. Obwohl keine Gebäudereste erhalten sind, kann man sich hier oben die Eignung als Fluchtburg gut vorstellen. Auf der weiten, flachen Marsch unterhalb des Geesthangs war es unmöglich, sich der Bökelnburg ungesehen zu nähern. Nichts verstellt den Blick, der weit über den Nord-Ostsee-Kanal hinausreicht. Am gegenüberliegenden Ufer befindet sich bei Neuendorf-Sachsenbande die tiefste Landstelle Deutschlands. Sie liegt 3,54 Meter unter Null.
Zum Nord-Ostsee-Kanal
Die Burgstraße windet sich vom Friedhof rechter Hand den Hang hinunter und mündet nach ca. 300 Metern in die Hafenstraße. Diese überquert nach weiteren 300 Metern die Burger Au. Hier geht es rechts zur Straße Am Hafen ab. Von einem Hafen ist zwar weit und breit nichts zu sehen, doch die Burger Au war bis ins 19. Jahrhundert ein wichtiger Verkehrsweg. Heute gleiten nur noch Kanus über das Marschgewässer der stillen Wiesen- und Moorlandschaft. Wenn bei Wind die Gräser wie ein Meer wogen, ist es beinahe wie vor 5000 Jahren. Damals brandeten noch Wellen an den Geesthang. Es handelt sich um ein ehemaliges Kliff. Heute liegt die bis zu 30 Meter hohe Steilküste rund 20 Kilometer von der Nordsee entfernt. Bei klarer Sicht kann man sie vom Aussichtsturm des Waldmuseums dennoch ausmachen (siehe Tipp). Dass Burg heute wieder am Wasser liegt, ist Kaiser Wilhelm I. zu verdanken. Er machte wahr, wovon die Schleswig-Holsteiner schon seit dem 7. Jahrhundert träumten. 8900 Arbeiter gruben eine Wasserstraße quer durch das Land. Seitdem müssen Schiffe nicht mehr um Dänemark herumfahren, wenn sie von einem Meer ins andere wechseln wollen. Wo die Straße Am Hafen nach rechts abknickt, führt linker Hand der Wanderweg Schuldamm direkt zum Nord-Ostsee-Kanal hinunter. Nach Hochdonn Noch bevor der Kanal zu sehen ist, kündet das Tuckern von Schiffsmotoren die Burger Fähre an. Vorbei am alten Fährhaus, einem beliebten Ausflugslokal, geht es auf den naturbelassenen Wirtschaftsweg, der den Kanal begleitet. Mehr als hundert Kilometer könnte man von Brunsbüttel an der Nordsee bis nach Kiel an der Ostsee wandern und würde kaum jemals von einem Auto gestört. Doch in der Gesamtheit eignet sich die Route wohl eher für eine Radtour. Die knapp fünf Kilometer der heutigen Strecke eignen sich perfekt zu Fuß.
Dass das Geradeausgehen nicht langweilig wird, erledigt der Schiffsverkehr. Der Nord-Ostsee-Kanal ist die meistbefahrene künstlich angelegte Wasserstraße der Welt. Panamakanal und Suezkanal können es nicht einmal zusammengenommen mit ihm aufnehmen. Bald ist die Eisenbahnhochbrücke Hochdonn zu sehen. Die Eisenfachwerkkonstruktion von 1920 misst an der höchsten Stelle über 56 Meter. Ihre Zufahrten befinden sich zum Teil auf ehemaligen Dünen – in Dithmarschen Donn genannt. Man findet die Wortendung in vielen Ortsnamen, so auch in Hochdonn. Der Ort verfügt über die einzige Badestelle des Nord-Ostsee-Kanals. Wer den Sandstrand von Klein-Westerland testen möchte, zählt knapp zwei Kilometer für die einfache Strecke zur Gesamtdistanz hinzu. Und badet neben Ozeanriesen.
Zurück nach Burg
Die Hochdonner Fähre setzt ans andere Kanalufer über. Wie alle Fähren am Nord-Ostsee-Kanal pendelt sie rund um die Uhr und befördert Passagiere, Räder und Autos kostenfrei. Diese Bestimmung geht noch auf Kaiser Wilhelm I. zurück. Er legte den Grundstein für das Mammutprojekt 1887. Sein Enkel Kaiser Wilhelm II. eröffnete die neue Wasserstraße acht Jahre später. Dabei wurden weder Budget noch Zeitplan überschritten. Heute eine unvorstellbare Leistung! Wanderer sollten sich am Kanal alle Zeit der Welt lassen. Am schönsten ist die Stimmung, wenn die Sonne auf- oder untergeht. Und der bekannte Rückweg vom Burger Fährhaus zum Bahnhof Burg ist so einfach, dass man ihn auch im Dunkeln findet.
Region
Touren-Charakter
Einfache Rundwanderung mit kurzem Ab- bzw. Aufstieg, zumeist auf kaum befahrenen Wirtschaftswegen
Ausgangspunkt
Burg (Dithmarschen)
Endpunkt
Burg (Dithmarschen)Burger Waldmuseum
Wald ist ein seltenes Gut in Dithmarschen. In Burg hat man ihm sogar ein Museum gewidmet. Im Erholungswald lässt sich die Ausstellung auf Lehrpfaden und Rundwegen erleben. Vom Aussichtsturm auf dem 66Meter hohen Wulfsboom reicht der Blick bis zur Elbmündung (Infos unter www.waldmuseum.de).
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