Wandern Sächsische Schweiz: Großer Teichstein
Im Reich der Moose und Flechten. Moose und Flechten – grün, schwefelgelb und weißgrau – umklammern uralte Bäume und Felsen und zaubern eine verwunschene Landschaft. 452 Moos- und 367 Flechtenarten sind in der Sächsischen Schweiz nachgewiesen worden. Darunter die gelbe Schwefelflechte, die fast unwirklich, wie von Menschenhand gemalt, leuchtet.
Die Buschmühle
Unsere Wanderung beginnt an der Buschmühle, im an Mühlen reichen Kirnitzschtal. Lange wurden mehr als 16 davon auch betrieben. Die Buschmühle ist 17 Kilometer von Bad Schandau entfernt und taleinwärts nach unzähligen Kehren zu erreichen
Wir überqueren den Hof mit Mühlrad, an Terrasse und Eingang zur Schänke vorbei und gehen auf die altehrwürdigen Sandsteinquader zu. Alles andere als brandneu ist der Weg, der uns steil nach oben bringt, hinaus aus dem Kirnitzschtal in den Wald. Ein Weg, gepflastert in der guten alten Zeit und bei schlechtem Wetter ziemlich rutschig. Nach ungefähr 500 Metern erreichen wir eine Kreuzung von Forstwegen. Wir nehmen links den breiteren Weg, der mit dem fast poetischen Namen »Flügel E« bezeichnet ist. In einem großen Bogen umrunden wir den Heulenberg, queren die Finsteren Schlüchte und wandern am Neunstelligen Hübel vorbei. Nur auf der Karte sind die Hügel an den Höhenlinien zu erkennen. Die Feuchtigkeit steigt aus dem Boden und umhüllt die Vegetation mit leichtem Dunst.
Uralte Bäume werden von dicken Moospolstern ummantelt, Flechten hängen federleicht von den Ästen herab und besetzen jede freie Ritze in der Rinde. Baumpilze überall. Egal, ob der Stamm noch steht oder als Totholz auf dem Waldboden liegt, der Pilz hat immer die gleiche Ausrichtung. Die Schirmunterseite mit den Sporen muss auf jeden Fall vor Regen geschützt sein. Fällt ein abgestorbener Baum um, drehen sich die Pilzkappen in die richtige Richtung. Der seltene Schwarzspecht hat in manche Stämme auffallend längliche Löcher gehämmert. Sein hiebfester Schnabel macht es möglich.Der Schäferstein taucht nach mehreren Kurven auf der linken Seite auf. Wie löchrige Käsewürfel sind die Vorblöcke im Wald verstreut.
Teichstein mit Tiefblick
Der Steig zum Teichstein rechts ist ausgeschildert und bringt uns in 20 Minuten auf den Gipfel des Großen Teichsteins (412,5 m). Der Aufstieg ist steil und teilweise mit Steighilfen gesichert, Trittsicherheit und Vorsicht bei eisigem oder nassem Wetter sind unbedingt nötig. Der Steig führt über das Riff, links und rechts Felsen. In nördlicher Richtung können wir direkt in die Wände des Kansteins blicken, nach Süden ins Tal des Großen Zschand, Herzstück des Nationalparks Sächsische Schweiz. Der Wind pfeift uns um die Ohren und wir steigen auf demselben Weg wieder ab, zurück bis zur Kreuzung
Von hier ein kleines Stück weiter den Flügel-E-Weg, aber dann sofort links bis zur nächsten Kreuzung. Wir haben den Saupsdorfer Weg mit einem blauen Strich als Markierung erreicht. Diesem folgen wir nach links bequem abwärts in Richtung Thorwalder Brücke. Tief unten fließt die Kirnitzsch. Fast im Tal angelangt, wenden wir uns am Abzweig nach rechts.
Mäuschenstille Einsamkeit – der Thorwald
Nach kurzer Zeit zweigen wir erneut rechts ab und gelangen auf den Vorderen Thorwaldweg, der, stetig ansteigend in einem feuchten, grünen Grund, sehr abgeschieden verläuft. Wir verlassen das Tal und wandern rechts bergan. Mehrere Wege treffen in spitzem Winkel aufeinander. Wir stehen am Rand der Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz: »Natur Natur sein lassen« ist nicht nur hier die Devise, sondern Motto vieler Nationalparks. Natur ist dynamisch, ein ständiger Kreislauf von Werden und Vergehen. Auf umgestürzten, vermodernden Baumriesen gedeihen Pilze, Moose und Flechten. Insekten verschwinden blitzschnell unter Borkenresten. Der ungestörte Lauf der Dinge soll geschützt bleiben, das Erleben natürlicher Prozesse ist für rücksichtsvolle Besucher inklusive. Voraussetzung dafür ist: keine Störung durch den Wanderer. Die Kernzone betreten wir deshalb nicht
Wir nehmen den Pfad nach rechts, parallel zum Hang. Es ist der Große Hochhübelweg, der sich um die gleichnamige Kuppe windet (Markierung grüner Strich). Geradeaus weiter erreichen wir schließlich den breiten Forstweg. Nach rechts geht es zum »Alten Zeughaus« – seit 1648 als Gasthaus verbürgt. In Zeughäusern der Städte und Burgen wurden ursprünglich Waffen und Kriegsgerät aufbewahrt. Hier, abseits der Zivilisation, diente das Gebäude zunächst Jagdzwecken. Neben dem Ausflugslokal hat der Nationalpark seine Informationsstelle »Zeughaus« in der ehemaligen Revierförsterei eingerichtet.
Jetzt wenden wir uns nach links, auf dem breiten Fahrweg den Großen Zschand entlang Richtung Kirnitzschtal (gelb-roter Strich).
Kellerklima mit Vegetationsumkehr
Feuchte Kühle wie aus einem Felsenkeller schlägt uns entgegen. Moose, Flechten und Farne beherrschen den tiefen Grund mit seinen senkrecht aufragenden Wänden. Ein krasser Gegensatz zum trocken-warmen Klima auf den sonnenexponierten Gipfeln und Riffen. Hier können wir ein seltenes Phänomen hautnah erleben: Das Kellerklima hat zur Folge, dass sich die Vegetationsstufen umkehren. Normalerweise sinkt die Temperatur mit zunehmender Höhe. In den Schluchten des Elbsandsteingebirges fällt sie hingegen, je weiter man nach unten kommt.
Als Folge davon gedeihen hier Pflanzen, die eigentlich in Mitteleuropa in sehr viel höheren Lagen vorkommen oder sogar Relikte aus der letzten Eiszeit darstellen, die anderswo längst ausgestorben sind. Wir finden zum Beispiel das Zweiblütige Veilchen, oft auch als Gelbes Veilchen bezeichnet, oder den Rippenfarn, das Silberblatt (Mondviole) und das Waldgeißblatt
Durch den nassgrünen Grund erreichen wir bald die Neumannmühle im Kirnitzschtal. Die im 14. Jahrhundert erbaute Mühle besitzt fast noch ihr historisches Aussehen. Die Mühle war eine Schneidemühle, die 600 Jahre lang, genauer bis 1955, als Sägewerk diente. Heute dreht sich das Mühlrad zu Museumszwecken wieder. Die Mühle ist als technisches Denkmal von Mitte April bis Ende Oktober zu besichtigen.Hier besteht Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr, die Fahrt mit der historischen Kirnitzschtalbahn ist ein Erlebnis. Auf der Straße rechts geht es zurück zum Ausgangspunkt Buschmühle.Tourvariante nach dem Teichstein
Den sehr steilen Dreisteigensteig direkt in Kirnitzschtal absteigen, der Markierung M für Malerweg sowie dem grünen Strich nach. Im Kirnitzschtal dann rechts bis zur Thorwalder Brücke. Über die Brücke nach rechts dann geradeaus, zweiter Abzweig erneut nach rechts auf den Vorderen Thorwaldweg. Von hier aus dann genauso weiter wie oben beschrieben.
Region
Touren-Charakter
Zum Teil steile Steiganlagen, zwischendurch moderate Strecken. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich. Bei Schnee und Eisglätte ungeeignet
Ort
Bad SchandauAusgangspunkt
Buschmühle im Kirnitzschtal, 236 m
Endpunkt
Neumannmühle im Kirnitzschtal, 228 mHöchster Punkt
Teichstein, 413 mTipp: Am Ende der Tour befindet sich das Technische Denkmal Neumannmühle links am Wegesrand. Voranmeldungen erwünscht.
Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden.
Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.