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Zeit zum Wandern
wandern

Wandern Norwegen: Dreiländereck Norwegen–Finnland–Russland

Anspruch:
leicht
Dauer:
03:30 Std.
Länge:
13.2 km
Aufstieg:
150 m
Abstieg:
150 m

Das Dreiländereck von Finnland, Russland und Norwegen ist eines von nur zweien in ganz Skandinavien und ein ganz besonderes, denn hier treffen nicht nur drei Staaten, sondern auch drei Zeitzonen aufeinander. Und das mitten in einem Bärengebiet.

Beschreibung

Der Wegverlauf

Schon am geschotterten Wanderparkplatz werden wir über die besonderen Eigenschaften der Region instruiert: In Norwegisch, Englisch und Deutsch weist uns eine Infotafel darauf hin, dass wir uns hier in einem Grenzgebiet befinden. Und zwar nicht nur in irgendeinem, sondern dort, wo die EU-Außengrenze auf die längste Grenze der Welt trifft – nämlich die von Russland. Hinweise darauf gab es auch zwischendurch immer wieder auf der langen Zufahrtsstraße von Kirkenes aus. Auf dem letzten Stück der ohnehin schon sehr welligen und schlecht befahrbaren Straße verließ uns zudem noch der Asphalt, sodass wir stellenweise im Schritttempo über die Schotterpiste fuhren, um diesen abgelegenen Ort zu erreichen. Und abgelegener kann ein Ort kaum sein: Eine 120 Kilometer lange Sackgasse führte uns von Kirkenes in diese traumhafte Landschaft, in der wir nun den Øvre-Pasvik-Nationalpark genießen dürfen.

Wir verlassen den Schotterparkplatz über den breiten Schotterweg in westliche Richtung und wundern uns über die Inschrift auf dem Holzschild am Beginn des Weges. Weniger wegen der Entfernungsangabe von fünf Kilometern, die sich im Endeffekt als etwas mehr herausstellen werden, als vielmehr über den Hinweis auf das Dreiländereck von »Norge – Sovjet – Finland«. Wie alt mag dieses Schild also sein und sich trotzdem in so einem guten Zustand befinden? In großen Lettern weist es uns den Weg zum Treriksrøysa, dem Dreiländereck dieser Staaten. Wir überqueren eine kleine Holzbrücke und tauchen in den dichten Kiefernwald ein, wo uns mit großer Wahrscheinlichkeit ein schwer bewaffneter Mann entgegenkommen wird.

Ein seltsames Gefühl beschleicht einen besonders dann, wenn keine anderen Wanderer unterwegs sind. Hier, mitten in der Wildnis und zweieinhalb Autostunden von der nächsten Stadt entfernt, wird man in einem Wald von einem Menschen mit Maschinenpistole begrüßt. Doch immerhin, man wird begrüßt. Freundlich sogar. Es stellt sich heraus, dass die Person im Grenzschutz tätig ist und uns schon von seinem Grenzturm aus gesehen hat. Er verließ seinen Posten, um uns entgegenzukommen und um auf die Besonderheiten der Region noch einmal ausdrücklich hinzuweisen. Dazu gehört, dass man auf den nächsten Kilometern dicht an der norwegisch-russischen Grenze entlangwandern wird und man diese auf keinen Fall überqueren darf. Es sei auch verboten, Steine oder andere Gegenstände über die Grenze zu werfen, und am Ende des Ziels darf man unter keinen Umständen das Dreiländereck umrunden. Dazu später mehr.

Abgesehen von der geopolitischen Situation befinden wir uns hier aber nicht nur in einem Grenzgebiet, sondern auch in einem Nationalpark und Bärengebiet. Der Øvre-Pasvik-Nationalpark wurde 1970 gegründet und im Jahr 2003 zu seinem heutigen Umfang erweitert. Er ist zwar nicht grenzüberschreitend, doch sowohl auf finnischer als auch auf russischer Seite wird die Natur rund um das Dreiländereck in besonderer Weise geschützt. Hier, im äußersten Zipfel Norwegens, ist man in einer Region unterwegs, die zu den Ausläufern der sibirischen Taiga zählt. Außerdem hat der Braunbär hier ein Rückzugsgebiet und kann im Nationalpark die dichteste Population Norwegens vorweisen.

Schon bald wird der Boden sehr morastig, und weite Teile des Wanderwegs wären nicht begehbar, wenn er nicht mit Holzbohlen ausgestattet worden wäre. Wie auf hölzernen Schienen wandern wir durch eine Landschaft, die zwischen Mooren und Wäldern abwechselt. Weiches Wollgras wächst zwischen den Holzbohlen empor, und immer wieder finden wir wilde Moltebeeren. Die rote Beere ist nur im äußersten Norden Europas beheimatet und gilt daher als Wahrzeichen Lapplands. Nicht zufällig ist sie auch auf der 2-€-Münze Finnlands abgebildet.

Die Grenze, die zwischendurch auch auf kleinen Informationstafeln erläutert wird, befindet sich lange Zeit links neben uns. Hinter einem einfachen Zaun stehen sich in regelmäßigen Abständen zwei Grenzpfähle gegenüber: Ein gelber Pfahl markiert norwegisches Staatsgebiet, und der grün-rote Pfahl steht bereits auf russischer Seite. Und dazwischen verläuft die Staatsgrenze, die sonst nicht weiter markiert ist.

Am Ende des leicht aufwärts verlaufenden Wegs ist das Ziel erreicht. Wir stehen vor einem mannshohen Steinhaufen (1:50 Std.), auf dem eine kleine weiße Pyramide den Punkt markiert, an dem auch Finnland an die Grenze stößt. Neben zahlreichen Hinweisschildern und Warntafeln erkennen wir in östlicher Richtung eine deutliche Schneise im Wald, die Erinnerungen an die innerdeutsche Grenze wach werden lässt. Ein Umrunden des Steinhaufens ist streng verboten, und sogar das Berühren der kleinen Pyramide wird mit einer Geldstrafe geahndet. Denn die Pyramide gehört ebenfalls zum Territorium Russlands, und das wäre daher ein illegaler Grenzübertritt. Man mag sich angesichts der Wildnis wundern, aber ein kurzer Rundumblick genügt, um die Videoüberwachung zu bemerken, die übrigens nur auf norwegischer Seite stattfindet. Oftmals ist es aber auch so, dass am Rande des Dreiländerecks ein paar Grenzbeamte um ein Lagerfeuer sitzen, Kaffee trinken und sich über den Besuch ziviler Wanderer freuen.

Bevor man den Rückweg zum Parkplatz (3:30 Std.) antritt, sollte man einen kleinen Blick auf das Display des eigenen GPS-Geräts werfen – je nach Genauigkeit des Gerätes steht man entweder auf norwegischer, russischer oder finnischer Seite. Und das hat zur Fo­lge, dass die Uhrzeit immer wieder wechselt. In Norwegen gilt die mitteleuropäische Zeitzone (MEZ), während uns Finnland eine und Russland sogar zwei Stunden voraus ist. Dürften wir also das Dreiländereck umrunden, dann würden wir also gleichzeitig eine Zeitreise unternehmen.

Region

Ausgangspunkt

Wanderparkplatz im Øvre-Pasvik-Nationalpark, rund 120 km südlich von Kirkenes. GPS- Koordinaten: 69.024342, 29.028733

Endpunkt

Wanderparkplatz im Øvre-Pasvik-Nationalpark, rund 120 km südlich von Kirkenes. GPS- Koordinaten: 69.024342, 29.028733

Wegbeschaffenheit

Markierter Wanderweg, der überwiegend auf Holzbohlen, sonst auf einem Waldweg verläuft

Freud & Leid

Diese Wanderung ist einfach zu interessant und auch zu leicht begehbar, um sie auszulassen. Doch die Anreise erfordert Geduld. Schon Kirkenes ist sehr weit weg, und von dort muss man noch einmal 120 km nach Süden fahren und sich darauf einstellen, die gesamte Strecke auch wieder zurückzureisen. Und das auf einer Straße, die sicherlich zu den schlechtesten in ganz Norwegen gezählt werden kann.

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In 40 Wanderungen erschließt dieser Wanderband das Land der Fjorde, empfiehlt leichte, mittlere und schwierige Routen, gibt viele hilfreiche Autorentipps
Bitte beachten!

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.