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Wandern Münchner Umland: Von Wolfratshausen entlang der Isar

Anspruch:
leicht
Dauer:
04:00 Std.
Länge:
16 km
Aufstieg:
100 m
Abstieg:
100 m

Zur ehemaligen »Schokoladenfabrik«. Im Gegensatz zu den meisten anderen Wanderern, die lieber die Pupplinger Au ansteuern, geht es für uns heute entlang der Isar gen Süden. Dabei dürfen wir den ungebändigten Wildfluss von Nahem erleben. Vorbei an Waldram erreichen wir Geretsried und kehren entlang der Loisach zurück zum Ausgangspunkt.

Beschreibung

Beliebter Lokalheiliger 

Wir starten am Bahnhof von Wolfratshausen und gehen über den Busbahnhof zur Sauerlacher Straße, in die wir links einbiegen. Auf dem kombinierten Rad- und Fußweg erreichen wir den Friedhof von Wolfratshausen mit dem Kirchlein St. Nantwein. Es besitzt eine feine Barockausstattung und im Eingangsbereich eine mittelalterliche Deckplatte mit dem Bild des heiligen Nantovinus. Der Legende nach war er ein adeliger Rom-Pilger, den der Pfleger der Burg Wolfratshausen auf dem Scheiterhaufen hinrichten ließ, um an sein Pferd zu kommen. Das stellte sich rasch als Justizmord heraus, man sah Nantovinus als Märtyrer an und eine Wallfahrt entstand, die bis ins vergangene Jahrhundert hinein lebendig war. Theatergänger und Filmliebhaber kennen diesen seltenen Lokalheiligen aus dem Stück »Der Brandner Kaspar«, wo er im Himmel gemeinsam mit dem Erzengel Michael sein Bier zischt.

Am wilden Fluss 

Nach dem Besuch der Kirche wandern wir auf dem Weg neben der Straße weiter und kommen zur Isarbrücke. Die meisten Wanderer queren sie, um in die Pupplinger Au zu gelangen. Wir bleiben aber auf unserer Isarseite, halten uns links und stehen gleich darauf an der Floßlände der Flößerei Angermeier. Schon frühmorgens werden diese traditionsreichen Fuhrtransporte zusammengebaut, und gegen 9 Uhr legen die Flöße Richtung München ab – danach ist es hier wieder ruhig. Wir gehen von der Floßlände unter der Autostraße hindurch und stoßen dahinter auf einen Weg, der parallel zur Isar flussaufwärts in den Wald führt. Geretsried ist ausgeschildert, überdies sind wir nun auch auf dem Bavarica-Tyrolensis-Radweg unterwegs. Es lohnt sich, links von dem breiteren Fuß- und Radweg einen der Pfade zur Isar einzuschlagen, um möglichst nah an ihrem Ufer weiter flussaufwärts zu wandern. Fließt die Isar zunächst noch gezähmt zwischen zwei Dämmen dahin, schlägt sie bald Schleifen, um jeweils auf den Innenseiten Kies und Geröll abzulagern, den ihre Wasser zuvor aus den Prallwänden ausgewaschen haben.

Geschichtsträchtiges Waldram 

Mit etwas Abstand passieren wir die Siedlung Farchet, die im Wesentlichen erst nach dem Zweiten Krieg entstanden ist. Dann hören wir ein wildes Rauschen und stoßen auf den Loisach-Isar-Kanal, der sein Wasser über eine große Kaskade in die Isar entlässt. Wir gehen am Kanal entlang und können ihn nach gut 300 Metern auf einer Eisenbrücke überqueren. Jetzt sind wir am Rand von Waldram angekommen, das wie Farchet ein Stadtteil von Wolfratshausen ist und eine interessante Geschichte aufweist. Bis 1937 stand hier nur Auwald der Isar. Dann baute man die für die damaligen Verhältnisse mustergültig ausgestattete NS-Siedlung Föhrenwald, in der die zivilen Arbeiter der Pulver- und Munitionsfabrik von Geretsried Häuser zugeteilt bekamen. Nach dem Krieg wurde die Siedlung zehn Jahre lang zum Auffanglager für heimatlose Ausländer, den »displaced persons«, darunter viele Juden, die den Holocaust überlebt hatten und auf ihre Ausreise nach Israel warteten. Später diente die Siedlung dazu, den Heimatvertriebenen neuen Wohnraum zu bieten. Damit brach eine neue Zeit im Föhrenwald an, und aus dem Namen Föhrenwald wurde Waldram nach einem der Gründer des Klosters Benediktbeuern. Wer sich mehr für diese Geschichte interessiert, findet in Waldram das Museum »Erinnerungsort Badehaus« (geöffnet Fr 9–17 Uhr, Sa/So 13–17 Uhr).

Badefreuden am Weg nach Geretsried 

Unser Weg führt am Ostrand von Waldram vorbei. Aber auch hier öffnen sich immer wieder Pfade hin zur Isar, die man mit etwas pfadfinderischem Geschick erreicht. Hier gibt es viele Kiesbänke, auf denen man sich in die Sonne legen oder von denen man zur Abfrischung ins Wasser waten kann. Aber Vorsicht: Die Isar ist ein Wildfluss und kein Schwimmbad mit Bademeister! Jeder muss sich selbst überlegen, wie weit er ins Wasser gehen kann.

Nach der Abkühlung wandern wir auf unserem Weg weiter Richtung Süden. Links von uns taucht schließlich eine große Weidefläche auf, ein baumbewachsenes Grasland. Das ist das Untere Gut Buchberg, im Eigentum der Stadt Geretsried, das immer noch landwirtschaftlich genutzt wird. Dann beginnt wieder der Auwald, und wir erreichen eine Wegverzweigung. Hier biegen wir rechts ab und wandern auf einem schnurgeraden Weg am Waldrand entlang in Richtung der 11. Reste der Sperrzäune der einstigen Rüstungsfabrik sind immer noch am Wegrand zu erkennen. Vor der Straße und dem Industriegleis biegen wir links auf den kombinierten Rad- und Fußweg ein, der Wolfratshausen mit Geretsried verbindet. Der Weg ist recht frequentiert, doch schon nach ca. 500 Metern erreichen wir die erste Einfahrt von Geretsried und können an einer Ampel (etwas umständlich) die 11 überqueren.

Auf dem alten Seegrund 

Jetzt geht es rechts den Leitenweg entlang. Der Weg bringt uns zum Oberen Gut Buchberg, zu dem eine wunderschöne Allee mit uralten Bäumen als Anfahrtsstraße von der 11 herführt. Wir queren die Allee und den Eingang zum Gut. Auch wenn das Tor hier meist offensteht: Das Gut ist in privatem Besitz und kann nicht besichtigt werden. Unser Weg führt daran vorbei und erreicht, jetzt als Leitenstraße, rasch den Rand des großen Gewerbegebiets von Gelting. Nach rechts genießen wir einen Blick bis nach Wolfratshausen, kein Hügel verdeckt die Sicht. Das ist kein Wunder, denn wir wandern auf dem Grund des Wolfratshauser Sees, der allerdings schon seit ein paar Tausend Jahren verschwunden ist. Die Leiten, an denen wir entlanggegangen sind, bildeten das einstige Seeufer. Das heutige Gewerbegebiet war noch bis vor wenigen Jahrzehnten eine gewaltige Kiesgrube, die im Vergleich zum Niveau des ehemaligen Seebodens viel tiefer ausgebaggert wurde. Dadurch verschwinden die Gewerbebauten fast im Untergrund. Mit einigem Abstand ist nichts mehr davon zu sehen.

Beim Fußballplatz erreichen wir das Dorf Gelting. Wir bleiben in Wanderrichtung und folgen der Buchberger Straße, der Hauptstraße, ins Zentrum. Gelting besitzt noch einen richtigen Dorfmittelpunkt mit Kirche, Dorfladen und Wirtschaft. Bis zur Gebietsreform 1978 war es selbstständig und prunkt mit einer fantastisch ausgestatteten Barockkirche, die aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt.

Zurück nach Wolfratshausen 

In Gelting folgen wir der Hauptstraße, die sich an der Kirche nach rechts wendet und dann zur Wolfratshauser Straße wird. Wir biegen in die erste Straße links ein, die (etwas überraschend) Bahnweg heißt – das kommt aber nicht von ungefähr, denn westlich der Loisach gab es einmal eine Haltestelle der heute schon lange aufgelassenen Lokalbahn Wolfratshausen–Beuerberg–Bichl. Wir überqueren auf unserem Weg zunächst den Loisach-Isar-Kanal, den wir schon bei Farchet kennengelernt haben, und überqueren anschließend auf der blauen Schepperbrücke die Loisach. Ihren Namen bekam die Brücke durch die losen, in den Stahlbau eingelegten Holzbohlen, die beim Darüberfahren mit dem Rad klappern bzw. auf Bayrisch »scheppern«. Nach der Brücke biegen wir sofort rechts in den Dammweg ein, der uns, herrlich verkehrsberuhigt, zur Johannisbrücke von Wolfratshausen bringt. Jetzt können wir noch einen Bummel durch die Altstadt unternehmen und vielleicht einen Cappuccino im Eiscafé Cristallo trinken, ehe wir über die Bahnhofstraße zum Ausgangspunkt zurückkehren.

Touren-Charakter

Einfache, etwas längere Runde mit viel Schatten auf Wanderwegen, Feldwegen und Ortsstraßen mit nur wenigen Anstiegen. Im Sommer Badesachen mitnehmen

Ausgangspunkt

S-Bahnhof Wolfratshausen

Endpunkt

S-Bahnhof Wolfratshausen

Geretsried

Geretsried ist mit seinen ca. 25000 Einwohnern heute die größte Stadt des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, auch wenn sie noch keine hundert Jahre alt ist. Ab 1936 entstanden hier mit gewaltigem Bauaufwand zwei gigantische Fabriken zur Herstellung von Sprengstoff und Munition – große Bunker mit meterdicken Decken aus Stahlbeton, teils mit unterirdischen Gängen miteinander verbunden. Sie waren, genauso wie die Straßen, bewusst zufällig im Gelände verteilt, sodass sie auf Luftbildern kaum zu erkennen waren. Für das Gebiet galt strenge Geheimhaltung. Die Anwohner in der Umgebung hatten die Anweisung, Fragen nach den Fabriken möglichst nicht zu beantworten bzw. anzugeben, es sei eine Schokoladenfabrik. Was heute fast lächerlich klingt, konnte damals bei Nichteinhalten der Vorschriften die Einweisung nach Dachau bedeuten. Immer wieder testete die zivile Gestapo die Einheimischen in Gelting und befragte sie »rein zufällig« nach den Fabriken. Erst gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Fabrik von den Alliierten entdeckt und bombardiert. Nach dem Krieg wurden die meisten Bunker von den Amerikanern gesprengt. Ab 1946 siedelten sich die ersten Vertriebenen in Geretsried an, um sich eine neue Heimat zu schaffen – das ist ihnen bestens gelungen. Heute findet man allenthalben noch Häuser, denen man ihre Vergangenheit als Bunker mehr als deutlich ansieht, und in den Wäldern liegen noch Relikte alter Bauten, auch wenn sich die Natur ihren Raum mittlerweile wieder zurückerobert hat.

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