Wandern Hessen: Vom alten Eppsteiner Bergpark zum Kaisertempel
Nostalgietour mit Tempeln. Damals, als Wörter wie Sommerfrische, Sängerwettstreit und Wanderlust noch im Sprachgebrauch waren, war Eppstein im eng gewundenen Taunustal schon ein Traumziel. Bis heute zeugt davon ein dichtes Netz an Wegen und Aussichtspunkten, teils mehr, teils weniger gepflegt. Wir erwandern einen fast vergessenen Landschaftspark sowie den prachtvollen Kaisertempel.
Felsiger Aufstieg
Vom Bahnhof gehen wir Richtung Tunnel. Rechts davon, markiert unter anderem mit dem schwarzen T des Taunushöhenwegs, führt uns ein Waldweg an Felsen entlang bergauf. Bald erreichen wir den Pioniertempel, dessen Aussicht beim Bau sicherlich hübscher gewesen ist. 1889 wurde er von Mainzer Soldaten errichtet, die mühevoll und teils mit Sprengungen einen wirtschaftlich und militärisch wichtigen Verbindungsweg schaffen mussten und sich mit dem Tempelchen offenbar selbst belohnten. Man sieht ihm die nüchterne Handschrift seiner Erbauer an. Kurz danach kreuzt schräg ein Weg. Unser T führt links, aber vorher machen wir einen Abstecher nach rechts zum Clara-Hilda-Fels mit Aussichtspunkt, den wir nach wenigen Schritten erreichen. Zurück zur Kreuzung und mit dem T links bergauf, stoßen wir am Waldrand auf eine Koppel, die zum Gehöft Wurzelhof gehört. Wir biegen nach rechts und 100 Meter weiter nach links, an der Koppel entlang. Nach etwa 150 Metern, an der nächsten Gabelung, verlassen wir das Wanderzeichen T, bleiben geradeaus entlang der Koppel und biegen an ihrem Ende direkt links ab.
Bergpark im Dornröschenschlaf
Ein Stück bergab zwischen Waldrand und Koppel, erreichen wir das Taubenhaus, eines der mehr oder weniger erhaltenen Gebäude des ehemaligen Bergparks Villa Anna. Diesen Landschaftspark ließ um 1900 der Kaufmann und Bankier Alfred von Neufville aus Frankfurt anlegen, damit er und seine Frau die gute Taunusluft und das idyllische Landleben genießen konnten. Noch lange war der Park eine Eppsteiner Attraktion und wurde für Führungen und Veranstaltungen genutzt. Heute wirkt er vergessen und verwunschen. Doch vielleicht wird er wiederbelebt? Eine Initiative scheint sich zumindest darum zu bemühen. Direkt am Taubenhaus geht unser Weg rechts steil bergab. Nach rund 20 Metern biegen wir rechts auf den querenden Pfad und wandern im Bogen am Hang entlang. Bald gesellt sich von links unten das Wanderzeichen blauer Punkt zu uns, dem folgen wir geradeaus und erreichen den Neufvilleturm. Als ich die Strecke gewandert bin, war er zur Sanierung geschlossen. Ob er nach Erscheinen dieses Buches wieder bewirtschaftet wird?
Sängerwettstreit am Hang
Vor dem Turm treppauf und an der Mauer links, führt uns der blaue Punkt weiter durch den Wald, erst auf einem Pfad, dann auf einem breiten Weg. An der Straße verlässt uns das Zeichen aber in Richtung Bahnhof, wir dagegen überqueren den Fahrweg und gehen auf schmalem Pfad weiter zum Männerchor-Tempel, der einen weiten Blick auf die Eppsteiner Burg bietet. In diesem Holzpavillon, wie auch in den anderen Tempelchen des Parks, wurden um 1900 Sängerwettstreite ausgefochten, das Publikum lauschte im Tal – eine nostalgisch schöne Vorstellung. Weiter geradeaus, nun ohne Markierung, gehen wir bergab und in Serpentinen bis zur Straße oberhalb der Bahnlinie. Wir biegen rechts auf die Straße ein, überqueren nach links die Bahn und folgen nun wieder dem schwarzen T. Am Hang gegenüber lockt schon unser nächstes Etappenziel, der Kaisertempel, 1894 vom Verschönerungsverein erbaut.
Tempel mit kaiserlicher Aussicht
An der Ampel queren wir die Lorsbacher Straße, dann den Schwarzbach und das schmale Rinnsal des Fischbachs, biegen nach rechts und gleich halb rechts auf einen Fußweg entlang des Baches. Vor dem Brückenpfeiler der über uns liegenden Landstraße führt uns unsere T-Markierung durchs Wohngebiet (Staufenstraße/Ober dem Staufenweg) zum Waldrand. Hier steigt unsere Strecke nach rechts steil bergauf. Nur wenige hundert Meter, aber auch ein kräftiger Anstieg trennen uns noch vom nächsten Aussichtspunkt. Die letzten 500 Meter geht es nach rechts über die Zufahrtsstraße. Dann haben wir den Kaisertempel erreicht, gegen einen kleinen Obolus ist er zugänglich. Der Blick fällt weit über Eppstein, die Burg und den gegenüberliegenden Bergpark. Weiter führt unsere T-Markierung bergan. In einer Haarnadelkurve machen wir rechts einen Abstecher zur Mendelssohn-Gedächtnisstätte, einem ebenfalls beeindruckenden Aussichtspunkt in Erinnerung an den großen Komponisten, der hier die Inspiration für sein Lied »Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut so hoch da droben« erfahren haben soll. Hier lässt es sich noch schöner rasten als am Tempel.
Zum Abschluss noch eine Burg
Zurück zum markierten Weg und links bergauf, folgen wir unserem Wanderzeichen über einen schmalen Pfad und biegen oben an der T-Kreuzung nach links. Bald stoßen wir auf einen Forst-/Radweg. Hier verlassen wir das schwarze T und wenden uns nach links bergab, nun geleitet von der Panoramawegmarkierung mit dem Ritter »Kleiner Gottfried«. Auf breitem Weg geht es für rund 1 Kilometer geradeaus, vorbei an zwei mehr oder weniger gut erkennbaren Pfaden, die links ins Tal führen, und einem alten Holzschuppen. Etwa 200 Meter nach dem Schuppen kommt von unten ein Weg. Aufpassen – wir biegen hier mit dem »Kleinen Gottfried« scharf nach links ab, das Zeichen ist aber erst spät zu erkennen. Gemütlich geht es bergab, erst auf einem Forstweg, später auf asphaltiertem Weg zurück nach Eppstein. Unten rechts in die Staufenstraße, beim Edeka über die Fischbacher Straße, dann schlendern wir auf der Burgstraße durch den hübschen Ort. Geradeaus geht es direkt zum Bahnhof; schöner ist es aber, wenn wir hinter der spätgotischen Talkirche noch kurz zur Eppsteiner Burg hochsteigen und uns mit weiteren Ausblicken belohnen, bevor wir durch die Burgstraße zum Ausgangspunkt gelangen.
GenussTipp
Freitags ist vor der Eppsteiner Talkirche ein kleiner Wochenmarkt mit Ausschank, Tischen und Bänken.
Region
Touren-Charakter
Etwas anspruchsvollere Tour, teils durch einen verwilderten Landschaftspark, durch felsigen Wald und durch die Altstadt. Gut begehbare Waldwege oder schmale Pfade, im letzten Abschnitt asphaltierter Weg. Mehrere steile An- und Abstiege, die teils rutschig sein können
Ausgangspunkt
Bahnhof Eppstein (nicht Eppstein-Bremthal), P+R-Parkplatz
Endpunkt
Bahnhof Eppstein (nicht Eppstein-Bremthal), P+R-ParkplatzBergpark Villa Anna
Nur zwei Parks in Hessen tragen die Bezeichnung Bergpark: Kassel-Wilhelmshöhe ist bestens in Schuss, während der Eppsteiner Bergpark Villa Anna im Dornröschenschlaf liegt. Wie ein begehbares Landschaftsgemälde war er vor rund 120Jahren angelegt: Je nach Standpunkt boten sich dem Betrachter unterschiedliche Blickachsen. Bis heute finden sich die damals gepflanzten exotischen Bäume, doch die architektonischen Glanzpunkte wie Kutscherhaus, Neufvilleturm, Schweizerhaus oder Taubenhaus muss man suchen. Das Haupthaus, die Villa Anna, ist derzeit eine Einrichtung der Stationären Jugendhilfe. Doch der Verschönerungsverein plant, den Park wieder aufleben zu lassen.
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Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.