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Mystische / Geheimnisvolle Pfade
wandern

Wandern Harz: Von Sankt Andreasberg zum Oderteich

Anspruch:
mittel
Dauer:
05:00 Std.
Länge:
17 km
Aufstieg:
300 m
Abstieg:
300 m

Durch das Tal des ­Odergletschers. Diese Wanderung lädt zu einer Zeitreise ein. Denn »Gletscher im Harz« ist kein Scherz oder Fake, sondern frühere Realität. Wenn wir hier nicht nur die Stille und die Bäume bewundern, sondern auch die Spuren der Vorzeit lesen, dann erleben wir zusätzliche Dimensionen.

Beschreibung

Von der Jordanshöhe in den Grund des Odertales   

Wir gehen vom Parkplatz Drei Brode westlich der Straße südwärts hinab zum geologischen Schaugarten an der Jordanshöhe. Dort überqueren wir die Straße und gehen drüben den Sankt Andreasberger Höhenweg in Richtung Rinderstall weiter. Er führt teils entlang entzückender Bergwiesen und teils in Wald nach insgesamt zwei Kilometern zu einem markanten Wegekreuz beim  Hochbehälter. Hier folgen wir links dem breiten Weg (auch Hexenstieg Südvariante) in Richtung Rinderstall hinab in ein kleines Tal. Dort gehen wir weiter unten nach links den schmalen, steinigen Weg im Tälchen direkt hinab zur Waldstraße im Grund des weiten Odertales.

Hinauf zum Oderteich   

Vor der Brücke gehen wir (noch vor dem rechts gelegenen  Gasthof Rinderstall), auf dem schon zerfallenden Asphalt des Sträßchens links talaufwärts. An alten Ahornbäumen und majestätischen Rotfichten vorbei gelangen wir zu einer weiteren Brücke. Im folgenden Talabschnitt liegen auf dem breiten Odertalboden rechts der Straße flache Rücken aus teils großen Granitblöcken alter  Moränen. Ihre Zusammensetzung ­erzählt besonders deutlich, dass bei ihrer Ablagerung einstmals Gletscher am Werk waren. Am östlichen Talhang sind weiter oben die steilen Halden und fel­sigen Grate der Hahnenkleeklippen zu sehen.

Wir folgen der jetzt nur geschotterten Talstraße noch einige Kilometer immer weiter hinauf. Dabei stehen neben offenbar gesunden mächtigen Rotfichten auch viele abgestorbene Fichten. Sie warten darauf, dass sie von all den vielen Käfern, Würmern und Pilzen der wald­eigenen Recyclingsysteme so weit an­gefressen werden, dass sie irgendwann schließlich ein Sturm umwerfen, zerlegen und den Bodentieren zuführen wird. Diese erzeugen daraus Nährstoffe für neuen Wald – Werden und Vergehen.

Nach Stunden nur mit Naturgeräuschen nehmen wir allmählich wieder Motorenlärm wahr. Und schließlich mündet die Straße, erst zuletzt wieder mit Asphalt, auf die Harzhochstraße.

Vom Oderteich den Rehberger Graben entlang   

Wir gehen nordseitig auf einem hübschen Fußweg über dem Wasser nach links zum Westende des Oderteich-Staudammes. Dort überqueren wir die Straße und gehen direkt gegenüber in Richtung Rehberger Grabenhaus hinab zu einem Wehr. Hier beginnt der Rehberger Graben. Wir folgen nun dem breiten Weg an seiner Talseite, der immer wieder neue Ausblicke ins Odertal und in den wilden steilen Wald seiner Hänge und Nahblicke auf das nebenan teils offen, teils unter großen Decksteinen schnell fließende dunkle Wasser des Grabens öffnet. Am  Goetheplatz werden oberhalb von langen Blockhalden hohe Klippen sichtbar. Später führt der Weg nach rechts um einen Bergsporn herum und schließlich zur Gaststätte Rehberger Grabenhaus.

Dort können wir uns stärken. Den Weiterweg nehmen wir angenehmer gleich hinter dem letzten Gebäude über den dort rechts abzweigenden schmalen Grasweg bis zu einem Wehr. Erst danach folgen wir links der Zufahrtsstraße hinauf zur Autostraße und zurück zum Parkplatz Drei Brode. Die beschriebene Wanderung ist besonders eindrucksvoll an Tagen des goldenen Herbstes, kurz bevor die Blätter fallen.

Einladung zu einer Zeitreise   

Unser Wissen über die Geschichte des Tales ist solide fundiert. Die großen, teils tonnenschweren Granitblöcke fallen uns schon von der Talstraße aus auf. Sie bestehen aus ganz anderem Gestein als die oberhalb am Hang gelegenen Hahnenkleeklippen, die nämlich aus kleinsplittrigem metamorphem Hornfels bestehen. Dies gab den ersten Hinweis darauf, dass die Blöcke nicht einfach hierher herabgerollt sein konnten, sondern aus dem Granitgebiet weit oben im Tal kommen mussten. Die Schleppkraft von Bächen in einem so flachen Tal hätte nie dazu ausgereicht.

Aber aus Beobachtungen an heutigen Gletschern höherer Gebirge wissen wir, dass der feste, vom Druck oberhalb lagernder Eismassen und der Schwerkraft angeschobene Eisstrom eines Gletschers dies durchaus kann. Mit ­Bohrungen und durch Aufgrabungen konnte nachgewiesen werden, dass die Ab­lagerungen im Talgrund genauso aufgebaut und zusammengesetzt sind, wie sie an heutigen Gletschern anderswo entstehen (siehe K. Duphorn, Eiszeitalter und Gegenwart, 1968). Es ist also Ergebnis exakter Wissenschaft, dass in diesem Tal vor 30 000 Jahren, in der letzten Kaltzeit des Pleistozäns, ein mächtiger, mehrere Kilo­meter langer und sicher mehr als 100 Meter mächtiger und von Spalten zerrissener Gletscher floss. Er brachte Blöcke mit und kratzte mit ihnen auch das Tal tiefer und breiter aus. Der Odergletscher war wohl der größte der Harzgletscher.

Damals war es viel kälter als heute. So standen keine der heute hier imposanten Fichten im Wege und im Sommer wuchsen nur einige Gräser und Kräuter und vielleicht hier und da geduckte Weidenbüsche – wie etwa heute in Nordnorwegen oder Lappland oder in größeren Höhen in den Alpen. Dieser Gletscher hatte keine Verbindung mit dem von Skandinavien bis nach Norddeutschland vorgeschobenen Inlandeis. Es genügte, dass es in jener Zeit einige Grade kälter war. Dadurch schmolz auf den höchsten Bergen des Harzes der Schnee im Sommer nicht komplett ab. Er blieb von Winter zu Winter höher liegen und wurde zu Eis.

Seinen ­Ursprung hatte dieser Gletscher in der weiten Mulde zwischen Bruchberg und Achtermann. Dort sammelte sich wie heute noch auf den skandinavischen Pla­teau­gletschern immer mehr Eis, wahrscheinlich mehrere Hundert Meter dick. Unter dem Druck der Eismassen begann dieses Eis langsam entsprechend dem Gefälle zu fließen – eben in das Odertal. Wobei wir davon ausgehen können, dass in den ­kälteren früheren Kaltzeiten der Gletscher deutlich dicker und weiter ins Tal vor­gestoßen war ... Vor etwa 10 000 Jahren wurde das Klima wieder wärmer, das Eis schmolz komplett ab und ließ die mitgeschleppten Steine liegen. Nun wuchs auch wieder Wald und in der weiten Mulde zwischen Bruchberg und Achtermann entwickelten sich Sümpfe.

Im Mittelalter lockte die Entdeckung von Erzen Menschen ins Gebirge. Bei Sankt Andreasberg fanden Bergleute sehr ergiebige Vorkommen von silberhaltigem Erz. Deshalb wurde hier ab dem 16. Jahrhundert mit einfachsten Mitteln in mühsamer und gefährlicher Arbeit die Grube Samson immer weiter in die Tiefe vorgetrieben. Sie galt zeitweilig mit einer Tiefe von 840 Metern als das tiefste von Menschen geschaffene Loch auf der Erde. Zur Erleichterung des Hineinsteigens und Wieder­heraufsteigens und zum Transport des Erzes wurden große Wasserräder betrieben. Dafür legte man den Oderteich und den Rehberger Graben an.

Sie sind Teil der heute als Welterbe anerkannten Oberharzer Wasserwirtschaft. Wenn wir dort entlangwandern, müssen wir uns vergegenwärtigen: Dies alles wurde mit einfachsten technischen Mitteln wie Spitzhacke, Schaufel und Schubkarre gebaut. Diese uns kaum vorstellbar harte körperliche Arbeit verdient auch heute noch Bewunderung und Respekt. Der Besuch der originalen Grube Samson in Sankt Andreasberg ist übrigens eines der Highlights des gesamten Harzes!

Region

Touren-Charakter

Großzügige Rundwanderung auf meist breiten Wegen, teils auch harten Straßen

Ausgangspunkt

Parkplatz Drei Brode an der Straße Sonnenberg Stankt Andreasberg

Der Hexenstieg

Der auf einer Teilstrecke benutzte Hexenstieg hat mit alten Geschichten über auf Besen reitende Frauen nichts zu tun. Er wurde erst 2003 von Tourismus-Strategen kreiert und kombiniert hübsche Wegstrecken zu einer mehrtägigen Wanderung quer über den Harz. Diese wurde dann mit ungeheurem Aufwand an Farbe, Schildern und Holzpflöcken markiert und intensiv beworben. Dafür brauchte man eben ein Icon ...

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