Bruckmann CMYK quer
Mystische / Geheimnisvolle Pfade
wandern

Wandern Harz: Hexentanzplatz, Hirschgrund und Bodetal

Anspruch:
mittel
Dauer:
03:00 Std.
Länge:
8 km
Aufstieg:
350 m
Abstieg:
350 m

Kaleidoskop von Natur und Klamauk. Dies ist eine Wanderung zu einem der Brennpunkte des Tourismus, wo es so heftig brummt, dass man das auch als Realsatire nehmen kann. Aber selbst hier gibt es daneben wilde und ruhige Szenerien. Besonders wenn wir früh oder spät am Tage unterwegs sind.

Beschreibung

Im Traubeneichenwald bergan   

Vom Bahnhof Thale gehen wir durch die Bahnhofstraße zum Parkplatz und Kreisel mit dem Stein eines heftig arbeitenden Bergmanns und danach durch die Walther-Rathenau-Straße zum Wohnpark für Senioren. Nun folgen wir links den Wegen am Kletterwald vorbei zur Talstation der Kabinenbahn und der Hubertusquelle. Über die Brücke erreichen wir die Hubertusstraße auf der anderen Seite der Bode. Schräg rechts gegenüber beginnt hier ein Wanderweg. Er führt gleich hinter einem Haus hinauf in den Wald. Dort gelangen wir über zwei Kehren zu einem Hangweg. Wir folgen ihm nach links, ostwärts, nicht weit vom Waldrand und den obersten Häusern entfernt, in einigen Minuten zur Heimburgstraße.

Auf dieser steigen wir rechts etwa 100 Meter an und biegen noch vor der Walpurgisstraße scharf nach rechts in den Sachsenwallweg ein. Er führt bald unter einer kleinen Felswand mit Klettersteigen und Warnschildern vorbei. Danach steigen wir in weiten Kehren mit mäßiger Steigung über den steilen Hang hinauf. Lichter, knorriger Traubeneichenwald mit von Moos oder Rippenfarn überwachsenen Felsköpfen darin entrückt uns bald vom Ort weg in ruhigere Gefilde. Durch Lücken im Blätterdach ahnen wir das weite Harzvorland. Ein horizontaler Weg auf halber Höhe ermöglicht einen Abstecher 300 Meter nach rechts zu einer Felsklippe mit Aussicht ins Bodetal, aber wir folgen dem Zickzackweg weiter nach links hinauf zum Beginn eines Bergrückens hoch über dem Steinbachtal.

Zum alten Sachsenwall 

 Wir nehmen hier nicht den in das Tal hineinziehenden Weg, sondern rechts den schräg am Bergrücken ansteigenden Weg. Nach einem kecken Felsklotz verlassen wir ihn und gehen weit schöner auf dem schmaleren Pfad direkt auf dem gratartigen Rücken hinauf. An weiteren gewunden wachsenden Traubeneichen und hübschen Grasflecken vorbei gelangen wir so zum Aussichtsturm auf der Homburg mit Blick zum felsigen Bodetal.

Südlich ist der erreichte Bergsporn mit uralten Wällen einer vorzeitlichen Fliehburg abgetrennt. Wir gehen hinab zum Bergsattel und jenseits einen kurzen Zickzackweg hinauf bis vor die Gebäude des  Bergtheaters, dann nach rechts zu den ersten Gebäuden des Hexentanzplatzes. Gleich davor bietet am Abbruch zum Tal eine Felskanzel einen eindrucksvollen Blick ins Bodetal. Nebenan stehen eine Walpurgisgrotte mit einer Hexenschau, ein Harzeum und wenig oberhalb die schon 1903 zeitgleich mit der Eröffnung des Bergtheaters erstellte und kürzlich wieder restaurierte Walpurgishalle. Letztere wartet mit Holzschnitzereien im Jugendstil und einem als Opferstein gedeuteten Felsblock und großformatigen Ölbildern zu Sagen um Bodetal, Brocken, Faust, Hexen und Teufel auf. Wenige Meter oberhalb zieht sich der zwei Meter hohe alte  Sachsenwall von Granitblöcken als Rest einer jahrtausendealten Trockenmauer quer über die gesamte Breite des Plateaus.

Vom Hexentanzplatz zur La Vieres-Höhe   

Hinter dem Wall gelangen wir bald zur Bergstation der Seilbahn und durch Wald zum eigentlichen  Hexentanzplatz mit seiner wilden Mischung aus Angeboten von Essen, Trinken, Souvenirs und ausgedehnten Sitz-, Spiel- und Parkplätzen. Hinter dem großen Hotel und Restaurant öffnet sich an der Oberkante der schroff abbrechenden Felswände von einer breiten Terrasse mit solidem Geländer gratis ein grandioser Tiefblick – ins wirklich wilde Bodetal zum 250 Meter tiefer fließenden Fluss und in die Ferne bis zum Brocken.

Wir gehen vom Südende der Aussichtsterrasse auf dem tiefsten der weiterführenden Fußwege im Wald weiter. Schlagartig versinkt der Trubel hinter uns. Ein mit dicken Geländern und hohen Stufen gezähmter Aufstieg auf eine etwas tiefer gelegene Felskanzel gibt den Blick frei auf nicht gezähmte Nachbarfelsen. Aber das eigentliche Schaustück können wir erst sehen, wenn wir neben der Felskanzel im Wald mühsam über Blockwerk etwa 30 Meter absteigen. Dort steht zwischen den Bäumen versteckt die Wotanskeule – ein gut 20 Meter hoher und wahrhaft aufregend schlanker Felsturm. Wow! Und anders als all die inszenierten Hexen und Teufel ist das hier wilde Natur live.

Der Weg führt am oberen Rand der steilen Hänge weiter, bald an den Zäunen und Gehegen des  Tierparkes mit gar nicht mehr wilden Tieren entlang. Den Abschluss bildet das von besonders hohen Zäunen umgebene Wolfsgehege. Hier gehen wir nach rechts hinab in Richtung Königsruhe und stehen bald vor der von Eisengeländern eingerahmten Felskanzel La Vieres-Höhe mit Blick zu den benachbarten Felsgraten der Hirschhörner.

Durch den Hirschgrund zur Königsruhe   

Danach beginnt der Zickzackweg hinab in den  Hirschgrund. Hier ist wieder alles wild. Große Warnschilder stellen klar, dass der Weiterweg auf eigene Gefahr erfolgt. Hier kann es Steinschlag geben und in der Folge zeigen beim Abstieg allerlei frische und auch großformatige Blöcke, dass das nicht immer eine leere Drohung ist. Wer die angekündigten realen, aber übersichtlichen Restrisiken auf sich nimmt und weitergeht, den erwartet mit dem Hirschgrund eines der besonders wildromantischen Täler unseres Landes. Im gedämpften Licht des sommerlichen Grüns des feuchtmodrigen Laubwaldes steigen wir auf dem nicht steilen, aber holprigen und schuttigen Steig in weiten Zickzacks tiefer, an mächtigen Ahornen und Linden und Eichen vorbei. Jeder dieser Bäume ist ein Individuum, oft auch von Steinschlagnarben gezeichnet. Eine lebendige Fantasie kann aus den Welten unseres Unterbewusstseins Gesichter oder Figuren hinein­interpretieren. Oder die Bäume als Ganzes und als riesige Gegenüber ­sehen – Tolkien lässt grüßen. Solche Wahrnehmungen werden allerdings besser beim Stehenbleiben gemacht, beim Gehen selbst verlangt der Weg volle Aufmerksamkeit. Im Spotlight der das Blätterdach durchdringen-

den Sonnenstrahlen leuchten einzelne Kräuter und Blumen auch mal besonders herausgehoben auf, ein Springkraut etwa oder eine Glockenblume oder eine Brennnessel.

Nach all der Konzentration auf die nächste Umgebung springt uns an ­einer Lücke im Laubwerk ein Durchblick zur Rosstrappe an. Auf der gegenüber­liegenden Seite des Tales ragt sie mit jähen Wandfluchten und Graten 200 Meter hoch, die zweithöchste Felswand Deutschlands nördlich der Alpen. Der Anblick kann uns das Adrenalin in die Adern jagen ... Das Schau-genau-Gehen endet schließlich vor der steinernen Jungfernbrücke gegenüber dem luftig direkt an die Bode gebauten Gasthaus Königsruhe. Auf der Terrasse kann man sich über den schäumenden Wassern der Bode stärken. (Wer noch eine gute halbe Stunde länger wandern will, könnte von hier noch den Abstecher einen halben Kilometer talauf zur Teufelsbrücke unterhalb des wilden Bodekessels machen, siehe Variante.)

Zurück im Grund des Bodetales   

Auf der Seite der Gaststätte führt ein asphaltierter Weg talauswärts, aber viel schöner ist der etwas rauere steinigere Weg an der Ostseite oberhalb der Jungfernbrücke. Er bringt uns in einer Viertelstunde mit ­eindrucksvollen Tiefblicken zur gischtenden Bode und zu den schroffen Felsklippen zur einladenden Gaststätte Kleiner Waldkater und dann zur Jugendherberge Waldkater. Hier gehen wir über die Brücke und dann auf der Westseite den ­breiten Weg an der Talstation der Seilbahn und am Kletterwald vorbei zurück zum Bahnhof Thale.

Variante über den Bergmannsweg zur Teufelsbrücke  (45 Min.)

Anspruchsvoll und eindrucksvoll! Hinter dem hinter der Bergwachthütte stehenden Bettenhaus der Königsruhe liegen talseitig am Wege große Felsblöcke. Einige Meter dahinter beginnt rechts oberhalb des breiten Weges eine schmale alte Steintreppe. Sie stammt aus der Zeit vor dem aufwendigen talnahen Ausbau des Wanderweges und führt luftig über den unteren Klippen ins Tal. Nach einem Felssporn passiert der Weg auf einer Terrasse eine oberhalb liegende vergitterte Kaverne. Danach führt er im Wald hinab zum unteren Wanderweg. Auf diesem gelangen wir bald zur auch ohne Verkauf der Seele passierbaren Teufelsbrücke. Auf dem unteren, eisenreich ausgebauten Weg geht es ohne die ruppige Steigung, aber mit Blick auf die nah springende Bode, zurück zum Gasthaus Königsruhe.

Der Hexentanzplatz   

Der mächtige Bergsporn hoch zwischen schroffen Tälern war als natürliche Fluchtburg geeignet und zeigt sehr alte Wälle. Er könnte tatsächlich auch ein prähistorischer Kultplatz gewesen sein, wird jedoch erst seit dem 19. Jahrhundert als Hexentanzplatz bezeichnet. In den hier heute zelebrierten Skulpturen und Spektakeln sind Hexen nicht die einst in Pogromen verfolgten unglücklichen Frauen. Eher werden sie im Rückgriff auf vorchristliche Vorstellungen wie Fruchtbarkeitsriten als positive Figuren präsentiert, die zwar hässlich, aber durchaus sinnlich sind. Und die vielleicht gerade darin einen vitalen Kontrapunkt zu gängigen modernen Schönheitsidealen setzen.

Die negativen Ausmalungen zu Hexen sind auf die niedere Instinkte bedienende Schrift eines Herrn Praetorius zu Ende des Mittelalters zurückzuführen. Diese boten die Ideologie für die Hexenverfolgungen, bei denen auch ein gewisser Christopher Marlowe für seinen Urfaust, »Doktor Faustus«, Anleihen machte, ebenso wie ein hierzulande immer noch gefeierter Dichterfürst namens Goethe mit seinem auf diesen Motiven aufbauenden Drama »Faust«. Hieraus entwickelten sich wiederum Ideen zu den Bildern der Walpurgishalle mit ihrer Mischung aus romantischen und teils schon geahnt expressionistischen Sujets.

Der Brunhildenstieg   

Der vom Waldkater direkt zum Hexentanzplatz führende ­Zickzackweg Brunhildenstieg hat nichts mit der gleichnamigen Wagnerfigur aus der »Walküre« zu tun. Er ist nach einer in der Rosstrappensage auftretenden riesig großen Königs­tochter benannt. Die soll hier auf der Flucht vor Vergewaltigung dem bösen Riesen Bodo entkommen sein, indem ihr starkes Pferd quer über das Bodetal sprang, während Bodos Pferd den Sprung nicht schaffte und beide im Talgrund zerschellten. Der als Beleg für Brunhildes großen Sprung auf der Rosstrappe angeführte Hufabdruck ist jedenfalls – ganz abgesehen davon, dass die Richtung nicht stimmt und der Anlauf fehlt und auch ein gutes Pferd nicht mit einem Bein abspringen oder landen kann – ganz sicher ein Fake. Solche »Opferkessel« genannten schalenförmigen Vertiefungen gibt es auf Granitklippen nicht selten und sie sind auch keine speziell gefertigten Kulteinrichtungen zur Präsentation von Blut, Weihwasser oder sonst was. Sie entstehen auf natürliche Weise durch die Verwitterung des Gesteins in einem Zusammenspiel von Niederschlagswasser, Frostsprengung und Humus­säuren.

Das Bodetal   

Die wahrhaft intensiven Erlebnisse und Eindrücke bieten sich im realen Wandern durch das Bodetal. Sogar aus dem Weltraum ist diese tief eingeschnittene Schlucht mit ihren schroffen Windungen zu erkennen. Und die wirkt wahrhaft gewaltig, wenn wir direkt davor oder mittendrin stehen. Hier ragen die weit und breit mächtigsten Felsen hervor. An denen bricht wie an jeder Baustelle der Natur gelegentlich auch mal was ab und fällt spektakulär runter, dann sollte man besser nicht im Wege sein.

Region

Touren-Charakter

Abwechslungsreiche Rund­wanderung auf teils bequemen, im Hirschgrund auch raueren Naturwegen. Sehr gut geeignet für Wandern ohne Autoanfahrt

Ausgangspunkt

Bahnhof Thale

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Bitte beachten!

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.