Wandern Hamburg: Im Wohldorfer Wald
Der Ur-Ur-Urgroßvater unter den Hamburger Wäldern. In den Walddörfern haben Käfer überdauert, die als »Urwaldrelikt-Arten« nur in sehr alten Wäldern vorkommen. Das lässt sich vom Wohldorfer Wald wohl behaupten: Hamburgs ältestes Forstrevier gehört seit 1437 zur Hansestadt und ist ihr größter zusammenhängender Laubwald.
Auf dem Redder
Steigt man am Bahnhof Ohlstedt aus der U-Bahn, scheint die Luft gleich frischer, der Verkehr spärlicher und der Baumbestand höher als im Rest der Stadt. Linker Hand geht es wenige Meter auf der Dorfstraße entlang und dann direkt rechts hinter den Bahngleisen ins Grüne. Der Fußgängerweg führt vorbei an der »Schule am Walde« zum Kupferredder. Redder werden im Norden eigentlich von Hecken gesäumte Wege genannt, doch auf diesem Redder gelangt man schon nach wenigen Schritten in einen urwüchsigen Laubwald. Das passt zur alten, kopfsteingepflasterten Straße, die ein Reit- und Wanderweg begleitet. Unwahrscheinlich, dass ein Auto die Idylle stören wird. Der Wohldorfer Wald steht schon seit 1980 unter Naturschutz und ist weitgehend für Kraftfahrzeuge gesperrt. Überhaupt setzt hier schnell das Gefühl ein, in einen »richtigen« Wald vorzudringen, nicht bloß in ein städtisches Substitut. Die City verschwindet vollends aus dem Bewusstsein, wenn sich nach etwa 600 Metern ein Fußweg in den größten Hamburger Laubwald schlängelt.
Zum Waldfriedhof
Circa 400 Meter weiter geht es dann noch einmal links und danach immer den Weg entlang in Richtung Friedhof. Von Grabesstille kann dabei keine Rede sein. Waldlaubsänger, Mönchsgrasmücke, Gartenbaumläufer, Misteldrossel, Rotkehlchen, Mittel- und Schwarzspecht, Hohltaube – viele seltene Vogelarten tummeln sich im Wohldorfer Wald. Um bedrohten Tier-, Pilz- und Pflanzenarten gute Lebensbedingungen zu bieten, blieben im Naturschutzgebiet Altholzinseln stehen, und auch das für eine Reihe von Waldbewohnern überlebenswichtige Totholz darf hier modern. Vom Wohldorfer Waldfriedhof, der einen kleinen Abstecher lohnt, sind es noch einmal 500 Meter bis zur alten Villa Westphal, heute Neuer Kupferhof, am Brügkamp.
Ein Stück Industriegeschichte
Die Landstraße führt einen halben Kilometer unter Weiden entlang. Bald taucht der Kupferteich auf. Dort laden Bänke zur Rast mit Blick auf die alte Kupfermühle ein, dem ältesten Gebäude des Ensembles Kupferhof. Seit 1622 wurde hier mit der Wasserkraft der aufgestauten Ammersbek zunächst Messingdraht hergestellt. Von 1687 an stand der Kupferhammer für 140 Jahre nicht still, bis die Mühle in eine Baumwollfabrik umgewandelt wurde. Die historischen Arbeiterhäuschen an der kreuzenden Herrenhausallee bilden quasi die Neubauten des Kupferhofs. Sie wurden erst in den 1930er-Jahren im Heimatstil errichtet.
Jenseits der Herrenhausallee wird der Brügkamp zur Schünenkoppel. Der Auewanderweg führt zurück in den Wald. Er mäandert neben der Ammersbek, einem Nebenfluss der Alster. Blauschwarze Prachtlibellen zeugen vom guten Zustand des Gewässers. Flüsse, denen durch Nährstoffeintrag der Sauerstoff verloren geht, sind nämlich ihre Sache nicht, doch auf den Seerosen und Schwertlilien der Ammersbek scheinen sie sich pudelwohl zu fühlen. Den Mühlenteich quert der Auewanderweg über eine Brücke. Am jenseitigen Ufer laden gleich zwei beliebte Restaurants zur Einkehr.
Auf dem Senatorenstieg
Schnurgerade geht es weiter, Langweile stellt sich aber trotzdem nicht ein. Stationen des Bodenlehrpfads erklären anhand von Profilgruben, was wir gemeinhin mit Füßen treten. In Deutschland wird jährlich eine Fläche halb so groß wie Hamburg durch Siedlungs- und Straßenbau zerstört. Dabei bilden Böden neben Wasser, Licht und Luft die entscheidenden Grundlagen für alles Leben. Die Geheimnisse des Waldbodens sind beeindruckend: In einer Handvoll Wohldorfer Walderde befinden sich mehr Organismen, als es Menschen auf der Erde gibt.
Der höchste Punkt des Wohldorfer Waldes ist beim Gefallenendenkmal 1914–1918 erreicht. Der Hügel wurde früher als Eiskeller für das Wohldorfer Herrenhaus genutzt. Noch heute hat man in den Walddörfern für Gefrorenes ein besonders gutes Händchen. Davon können sich Spaziergänger und Passanten in der Eisbar Eisbär am Ohlstedter Bahnhof überzeugen. Um ihn zu erreichen, geht es am Ende des Senatorenwegs weiter geradeaus auf den Kleinbahnwanderweg und dann von der »Schule am Walde« ab wie anfangs beschrieben.
Region
Touren-Charakter
Wunderbare Rundwanderung, vorwiegend auf Waldwegen und -pfaden, bei Regen kann es matschig werden.
Beste Jahreszeit
Frühling, Sommer, Herbst
Ausgangspunkt
U-Bahn Ohlstedt
Endpunkt
U-Bahn OhlstedtJe länger, je lieber?
Die Wanderung durch den Wohldorfer Wald kann gut mit der Tour durch den Duvenstedter Brook kombiniert werden. Wer beide Naturschutzgebiete auf einmal erwandert, braucht aber etwas Zeit und Ausdauer. Die reizvolle Schleifenwanderung beläuft sich auf etwa 18 Kilometer.
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Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.