Wandern Frankreich: Geschichtliche Runde bei Salm
Pfad der Mennoniten. Im abgeschiedenen Salm hat eine mit der Natur zutiefst verbundene Glaubensgemeinschaft ihre Spuren hinterlassen. Nachdem die eng mit den Hutterern und Amischen verbundenen Gläubigen nach Amerika ausgewandert sind, erinnert heute in einem Seitental der Bruche der Pfad der Mennoniten an ihr Wirken.
Los geht es beim Wanderparkplatz nahe dem Maison Forestière de Salm. Mit Sicht auf Gemüsebeete sind es nur wenige Schritte, bis links ein Pfad in ein kleines Waldstück abzweigt. Er führt über ein leider privates Grundstück zum Friedhof der Mennoniten. Dass dieser überhaupt existiert, ist bereits eine Besonderheit.
Denn die Mennoniten betrieben keinen Totenkult und keine Grabpflege, sondern lebten nach der Prämisse »Verbring Gutes, solange du am Leben bist, aber nachher lasse es einfach sein«. Bis um das Jahr 1890 hatten die Mennoniten ihre Toten in Rasengräbern in der Nähe ihrer Häuser bestattet, sodass mit der Zeit Gras darüber wachsen konnte. Erst wegen der darüber schockierten Elsässer beschlossen sie später, ihre Verstorbenen an einem bestimmten Ort in schlicht gehaltenen Gräbern beizusetzen. Hierfür hatte Nicolas Augsburger (1802–1890) der Gemeinschaft ein Grundstück zur Verfügung gestellt, das mehreren Familien als letzte Ruhestätte diente. Offiziell erlaubt der heutige Eigentümer des Grundstücks nur am Tag des Kulturguts im September den Zugang zu dem zehn Gräber umfassenden Friedhof.
Die Große Eiche
Weiter geht es auf dem Sentier du Patrimoine am Campingplatz vorbei an den Waldrand, wo wir als Nächstes zurGroßen Eiche kommen und dort durchaus eine Zeit verweilen sollten. Die Pflanzung der Eiche hängt eng mit der Französischen Revolution zusammen. Bis dahin lebten die Mennoniten im unabhängigen Fürstentum Salm, das ihnen Schutz vor Verfolgung währte. Durch den Umsturz in Frankreich war das Fürstentum von anderen Fürstentümern und Ländereien in Deutschland abgeschnitten. Um wirtschaftlich bestehen zu können, schlossen sich die Salmer der Französischen Republik an. Infolgedessen kamen 1793 drei Kommissare nach Senones und forderten die Menschen auf, den Eid auf die neue Republik zu leisten. Dabei fielen ihnen die anders gekleideten Mennoniten auf.
Als diese den Schwur leisten sollen, lehnen sie ab. Stattdessen erklären sie, dass es in ihrem Glauben keinen Eid oder Schwur gebe und die Bibel über allem stehe. Auch hätten sie im Kriegsfall Wehrdienst leisten müssen, wogegen Jacob Kupferschmitt einwendet, dass Mennoniten keine Waffen tragen. Um die Lage zu entschärfen, lädt Kupferschmitt die Kommissare auf seinen Hof ein, wo er ihnen erklärt, warum sie sich der neuen Republik zwar fügen, aber keinen Eid leisten können. Mit Erfolg. So kehren die Kommissare nach Paris zurück und bewirken dort, dass in der Verfassung festgehalten wird, dass die Mennoniten keinen Wehrdienst leisten müssen. Stattdessen dürfen sie einen Ersatzdienst leisten und dem Staat in anderer Weise dienlich sein. Zur Erinnerung an diese Ereignisse pflanzten die Mennoniten die Eiche; leider erhielt sie in jüngerer Vergangenheit Besuch von ein paar Hirnspatzen, die den stattlichen Baum in Brand steckten. Dadurch musste ein Teil der Äste entfernt werden.
Landwirtschaft und Auswanderung
Links der Eiche kommen wir auf den Chemin Rural. Links geht es zurück nach Salm. Zunächst aber biegen wir rechts ab und folgen dem Weg durch den Wald und entlang Wiesen zum HofMalplaquet. Die Ländereien gehen ebenfalls auf die Mennoniten zurück. Ihr Wissen um die Landwirtschaft und Viehzucht, um den Einsatz neuer Bewässerungssysteme und die Umwandlung von Wald in fruchtbare Wiesen verschafften ihnen in der Bevölkerung hohes Ansehen. Zudem brachten sie eigene Rinder mit, die sie mit Elsässer Rindern kreuzten und so die Rinderrasse Montbéliard züchteten. Heute wird der Hof alternativ bewirtschaftet.
Ab Malaplaquet nutzen wir die leicht abfallende Zufahrtsstraße durch den Wald. Nach rund 900Metern zweigen wir rechts auf den mit rotem Punkt markierten Pfad ab und überqueren einen Geländeeinschnitt. Sobald wir wieder ein paar Meter bergauf gelaufen sind, kreuzen wir die Straße und folgen dem roten Punkt erst durch den Wald, dann über eine aussichtsreiche und in Teilen feuchte Wiese zum ehemaligen Restaurant Adam. Hier schildert eine Tafel die Auswanderung der Mennoniten im 19.Jahrhundert. Einer der Auslöser war Napoleon Bonaparte, dessen Politik keine Ausnahmen duldete. Zude verlor die Landwirtschaft durch die Industrialisierung an Bedeutung und eine Änderung im Erbschaftsrecht führte zu einer Zerstückelung der Höfe. Durch die rasch wachsende Bevölkerung verringerten sich obendrein die Möglichkeiten, Arbeit zu finden. Als Konsequenz folgten ab 1830 viele Mennoniten den mit ihnen verbundenen Amischen in die Vereinigten Staaten. Eine zweite Auswanderungswelle löste 1870 die Kriegserklärung von NapoleonIII. an Preußen aus.
Bei dem alten Gasthaus gabelt sich der Weg. Wir halten uns links, sodass wir auf die Straße nach Salm treffen, die uns zurück zum Wanderparkplatz führt. Auf dem Weg dorthin biegen wir jedoch zunächst links (blauer Punkt) zum Hof Kupferschmitt ab. Das alte Hofgebäude wird als historischer Hof von Salm betrachtet. Hier hatte Jakob Kupferschmitt 1793 die Kommissare der Revolutionsbehörden empfangen und die Wehrdienstbefreiung der Mennoniten erreicht. Wer zum Ende dieser kurzen Wanderung auf den Erfolg eines einzelnen Manns gegen den Staatsapparat anstoßen möchte, findet ein Stück weiter entlang der Straße die einfache Auberge Ferm de Salm.
Region
Touren-Charakter
Einfachste in diesem Buch beschriebene Wanderung auf meist gut ausgebauten Wegen, kurze Abschnitte auf Pfaden und über eine oft feuchte Wiese.
Beste Jahreszeit
Außer bei Schnee Ganzjahrestour
Ausgangspunkt
Wanderparkplatz bei Salm, 640m
Endpunkt
Wanderparkplatz bei Salm, 640mRoute
Parkplatz Salm - Große Eiche - Malplaquet 0.50Std., Malplaquet - Haus Kupferschmitt - Parkplatz 0.50Std., insgesamt 1.40Std.
Höchster Punkt
Große Eiche, 650 mMennoniten – die Wiedertäufer
Oberlin-Museum: Im 18.Jahrhundert hatte es sich der Pfarrer Jean Frédéric Oberlin als Lebensaufgabe gemacht, die Lebensbedingungen der Menschen im Steintal, einem Seitental des Breuschtals, sowohl materiell als auch geistig zu verbessern. Auch wenn ihm die Mittel zum Reisen fehlten, trug er Gegenstände, Pflanzen, Insekten und Tiere aus aller Welt zusammen. Dadurch sollten die Kinder im Tal spielerisch begreifen lernen. Zudem förderte er das friedliche Zusammenleben, indem er seine Besucher lehrte, sich in den anderen hineinzuversetzen. Heute sind weltweit zahlreiche Einrichtungen nach dem Pfarrer und Lehrer benannt. Die Zufahrt zum Museum erfolgt ab Schirmeck über die D1420 bis Fouday und weiter auf der D57 nach Waldersbach (www.musee-oberlin.com).
Mennoniten – die Wiedertäufer
Die Glaubensgemeinschaft der Mennoniten (auch Anabaptisten genannt) geht auf eine Bewegung in Zürich zur Zeit der Reformation im 16.Jahrhundert zurück. Damals hielten einige Christen die Kindertaufe für ungültig, weil diese frühe Taufe nicht im Einklang mit einer persönlichen Bekehrung steht. Sie verlangten deshalb eine neue Taufe, zu welcher sich Christen von sich aus entschlossen. Die Mennoniten sind daher auch als Wiedertäufer bekannt. Weil sie in ihrer Heimatstadt verfolgt wurden, zerstreuten sie sich. Dies führte dazu, dass sich ihre Ideen in alle Welt ausbreiteten. Der Name der Bewegung geht auf den niederländischen Theologen Menno Simons (1496–1561) zurück.
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Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.