Wandern Frankreich: Besuch im Fort de Mutzig
Kaiserliche Festung im Elsass. Mit gemischten Gefühlen sind wir zum Fort de Mutzig, der Feste Kaiser WilhelmII. gefahren. Es ist die größte deutsche Festung, die vor 1914 gebaut wurde. Aber ist dies mystisch? Eher nicht. Dennoch empfehlen wir jedem einen Besuch des kaiserlichen Bollwerks, das sich zu einem Ort des Friedens entwickelt hat.
Die Festung erstreckt sich über eine Fläche von 254 Hektar und der Weg einmal um die ganze Anlage herum ist elf Kilometer lang. Zugänglich ist jedoch nur ein kleiner Teil der Feste Kaiser WilhelmII. Der größere Teil ist Sperrgelände. Auf diesem soll sich eine streng geheime Abhörstation des Militärs befinden. Das zumindest bekamen wir regelmäßig zu hören, wenn von der Festung die Rede war – stets gefolgt von dem Hinweis: »Aber das habt ihr nicht von mir.«
Eintauchen in die Festung
Auf dem Freigelände empfängt uns Bernhard Just. Sein perfektes Deutsch – oder eher badischer Dialekt – versteht sich von selbst. Er ist Deutscher. Der Verein zum Erhalt der Feste freilich ist es nicht. Schließlich befinden wir uns auf französischem Boden. Für die Vereinsmitglieder ist dies nachrangig, man arbeitet selbstverständlich Hand in Hand. Überhaupt ist die Stimmung ausgesprochen freundlich. Und friedlich. Dann beginnt die Führung. Der Zugang erfolgt durch einen Graben, dem früheren Schwachpunkt der Festung. Am hinteren Ende führt ein langer Gang in das Innere.
Es ist die Seite, die nach Frankreich zeigt. Und genau dorthin zweigen mehrere Seitenstollen ab. Diese hatte man für den Fall angelegt, dass der Feind miniert, also unterirdisch angreifen sollte. Um dem zu begegnen, sollte im eigenen Stollen eine kleine Sprengladung gezündet werden, welche den feindlichen Stollen eindrücken sollte. »Natürlich mit Inhalt«, ergänzt Bernhard Just. »Das ist eine uralte Technik, die schon die Türken vor Wien – das ist ein paar Wochen her – angewandt haben.« Doch zu einem solchen Angriff kam es bei Mutzig dann nicht. Weil es bis auf einen Scheinangriff im Ersten Weltkrieg auch sonst nie einen ernsthaften Angriff auf die Festung gab, blieb die größtenteils unterirdische Anlage bis heute weitestgehend erhalten.
Die innere Versorgung
Für Technikbegeisterte ist die kaiserliche Festung damit ein Eldorado. Erstmals kamen beim Bau der Festung in Industrien hergestellte Betonsteine zum Einsatz. Sie gelten als Vorreiter der Fertigbauweise. Den elektrischen Strom lieferten monströse Siemens-Dieselgeneratoren und 1898 wurde hier mit dem ersten deutschen Funktelefon eine Verbindung nach Straßburg hergestellt. Eine der größten Herausforderungen war jedoch die innere Gebäudeversorgung. Dazu förderten Pumpen der Firma Weise & Monski Grundwasser aus einer Tiefe von 95 bis 300 Metern, welches über Leitungen in die einzelnen Gebäudeteile und Zwischenspeicher gepumpt wurde. Zudem verfügten die in den Berg hineingebauten Kasernen über eigene Küchen und Bäckereien, Operationssäle und Krankenstationen, Werkstätten und vieles mehr. Damit konnte die Besatzung der Kasernen bis zu drei Monate autark leben – unabhängig voneinander.
Überrascht sind wir schließlich, wie unterhaltsam, zugleich aber auch kritisch Bernhard Just die Militärgeschichte vorträgt. Dazu zählen Bemerkungen, wie die eine Seite, die meinte, von der anderen alles zu wissen, annehmen konnte, dass die andere Seite nicht auch alles wusste? Dazu zählt der Hinweis, dass jeder, der schon einmal die Redewendung »08/15« in den Mund genommen hat, ein Militarist ist. Denn es bezeichnet ein Maschinengewehr, welches 1908 entwickelt und 1915 dahingehend modifiziert wurde, dass für den Gebrauch nur noch ein Soldat notwendig war. Zuletzt war es die Idee zweier Staatschefs (Konrad Adenauer und Charles de Gaulle), dass man ja auch mal miteinander reden könnte. In den 1950er-Jahren hatten sie damit den Grundstein für die heute enge Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland gelegt. Oder wie es Bernhard Just am Ende der Führung formuliert: »Man hat die Menschen jahrhundertelang um ihre Zukunft betrogen und brachte keine Lösung. Es ging immer nur um Revanche, Revanche, Revanche – aber das funktioniert nicht. Es braucht immer erst einen, der zur Vernunft kommt und sagt: ›So, jetzt hört das Affentheater auf‹, anders geht’s nicht.«
Die Wanderung
Der Besuch des Fort de Mutzig ist natürlich auch ohne Wanderung gut möglich. Da wir schon mal hier sind, bietet sich jedoch eine kurze Wanderung zur Felsbourg an. Damit laufen wir vom Fort de Mutzig an die Zufahrtsstraße vor und wechseln dann links auf den mit grünem Ring ausgewiesenen Weg. Auf diesem kommen wir im Wald zum Barackenlager. Es bestand aus 100 Holzhütten und diente den Soldaten als Unterkunft, wurde 1947 nach nur einem Jahr aber verlassen und verkauft. Zu sehen ist nur noch das Fundament der Privatunterkunft von General de Lattre, dem Initiator der Baracken.
Nach dem Lager kommen wir an den Waldrand, wo nach 50Metern der Weg rechts abknickt und über eine blumenreiche Wiese bis auf einen befahrbaren Weg entlangführt. Dort biegen wir links ab und folgen anschließend der Beschilderung bis zu einer Weggabelung. Auf dem Weg informieren Schilder über die weiter oben gelegene Batterie Nr.3 und den Schützengraben Nr.5 mit der Kommandostelle der Artillerie. Bei der Weggabelung biegen wir rechts auf den mit blauem Schrägkreuz markierten Weg ab. Wo dieser den Wald verlässt, sind es nur noch wenige Schritte bis zur Aussicht über das Breuschtal. Vor Ort laden Bänke zur Rast ein. Sowie wir den Aussichtspunkt wieder verlassen, kommen wir an den spärlichen Resten der Felsbourg vorbei, eh der Weg links zur Weggabelung zurückführt. Von dort geht es wahlweise zurück zur Festung oder über den beschilderten Zuweg hinunter nach Mutzig.
Region
Touren-Charakter
Einfache Runde, die sich ideal als Spaziergang nach der Besichtigung der Feste Kaiser WilhelmII. anbietet.
Beste Jahreszeit
Ganzjahrestour
Ausgangspunkt
Fort de Mutzig, 350m
Endpunkt
Fort de Mutzig, 350mRoute
Besichtigung der Feste 2.30Std. - Fort de Mutzig - Aussicht Felsbourg 1.15Std., Felsbourg - Fort de Mutzig 1.20Std., insgesamt 2.30Std. und 1.35Std.
Höchster Punkt
Fort de Mutzig, 350 mFeste Kaiser WilhelmII.
Die Feste Kaiser WilhelmII. ist die erste deutsche Festung, die nach der Entwicklung von Melinit, einem deutlich stärkeren Sprengstoff als Schwarzpulver, ab 1893 gebaut wurde. Sie ist die erste Festung aus Beton und Panzerstahl und mit Stromversorgung, womit sie als Prototyp des modernen unterirdischen Festungsbaus gilt. Zusammen mit dem Festungsgürtel um Straßburg sollte die Festung die Rheinebene gegen eine erwartete französische Offensive abriegeln und den Zugang ins Breuschtal (Vallée de la Bruche) sichern. Für ihren Betrieb benötigte man allein 7000 Soldaten. In den Gebäuden herrscht eine Temperatur von ca. 14 Grad Celsius (www.fort-mutzig.eu).
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Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.