Wandern Europa: Zum Halleranger
Eine der schönsten Touren im Karwendel ist die Überschreitung vom Karwendelhaus zum Halleranger über den Birkkarsattel: lang und anstrengend, aber wegen der herrlichen Aussicht von der Birkkarspitze und der unberührten, wilden Berglandschaft auch sehr lohnend. Das letzte Mal hören wir heute das Rauschen der Isar. Am Abend soll ein Spaziergang zu ihrer Quelle die mehrtägige Isarwanderung abrunden.
Der Wegverlauf
Direkt am Karwendelhaus beginnt der Steig Nr. 225 mit einem mühevollen Aufstieg durch das Schlauchkar. Der Name rührt nicht etwa daher, dass uns dieses Kar besonders »schlaucht« (obwohl das zweifellos zutrifft), sondern von dem Mittenwalder Namen Schlaucher. Beim Anstieg durch die für das Karwendelgebirge so typischen endlosen Geröllfelder ist sorgfältig auf die roten Markierungen zu achten. Diese sind stellenweise verblichen und nicht mehr gut zu erkennen. Besonders bei schlechten Sichtverhältnissen besteht die Gefahr des Verlaufens.Die Biwakhütte (3:00 Std.) östlich des Schlauchkarsattels dient als Notunterkunft und Rastplatz. Wer die Birkkarspitze (2749 m) besteigen will, lässt hier am besten den schweren Rucksack zurück. Bei schönem Wetter und klarer Sicht ist es ein lohnender Abstecher. An dem Hüttchen vorbei erreichen wir den Gipfel auf dem stellenweise drahtseilversicherten und ausgesetzten Steig in etwa 30 Min. Der Blick reicht von den Hohen Tauern bis zur Silvretta und nach Norden hinaus ins Alpenvorland. Erstiegen wurde der Gipfel erstmals im Jahr 1870 von Hermann von Barth, der ebenfalls über das Schlauchkar hier heraufkam.
Nach einer Rast am Gipfel wartet ein langer und serpentinenreicher Abstieg durch das Birkkar hinunter zur 1500 Hm tiefer gelegenen Kastenalm auf uns. Zunächst auf einem steilen Steig, später wieder über Geröll und schließlich auf gutem Pfad entlang des Birkkarbachs wandern wir hinab in den Talgrund des Hinterautals (5:45 Std.).
Hier, am Fuß der höchsten Karwendelberge, beginnen die Wasser unserer Isar ihre Reise. Der genaue Ursprung ist allerdings umstritten. Vielen Karten nach entspringt sie hier, etwas westlich vom Zusammenfluss von Birkkarbach, Moserkarbach und Lafatscherbach unterhalb des Tratenköpfls. Den längsten ihrer Quellbäche, den Lafatscherbach, der manchmal auch mit dem Namen Isar verzeichnet ist, verfolgen wir nun bis zu seinem Anfang zurück.
Auf den Almwiesen der Kastenalm zweigt der Wanderweg Nr. 224 zum Hallerangerhaus nach Süden von der Wirtschaftsstraße zur Almhütte ab. Die Kastenalm ist einfach bewirtschaftet, und den kurzen Umweg dorthin nehmen wir gern in Kauf, zumal uns eine kleine Stärkung jetzt zusteht. Immerhin haben wir heute schon einiges geleistet, und der nun folgende Hüttenanstieg von etwa 500 Hm will auch noch bewältigt werden.
Nach der Rast auf der sehr schön gelegenen Alm geht’s wieder zurück auf unseren Weg und dann gleich flott hinauf in Richtung Halleranger. Oberhalb des Lafatscherbachs wandern wir dann auf gutem Weg dahin und queren diesen schließlich. Die Flurbezeichnung hier lautet »Beim silbernen Hansl« und erinnert an die vielen Jahre, in denen Bergleute im Karwendel nach metallhaltigen Mineralien schürften. Von 1276 bis 1590 und sogar noch im Zweiten Weltkrieg grub man hier nach Zink und Blei.
Auf der nördlichen Talseite erreichen wir bald den Lafatschalm-Niederleger (7:00 Std.). Von hier ist es nun nicht mehr weit, und in knapp 45 Min. sind wir am Hallerangerhaus (7:45 Std.) angekommen. Neben dieser Alpenvereinshütte bietet auch die nahe gelegene Hallerangeralm Einkehr und Unterkunft. Auf den Wiesen oberhalb dieser Hütte Richtung Überschalljoch finden sich die kleinen Bäche und Quellen, die den Lafatscherbach und damit die obere Isar speisen. Das Überschalljoch bildet die Wasserscheide zwischen Inn und Isar. Morgen werden wir den Einzugsbereich der Isar endgültig verlassen und hinab ins das Haupttal Tirols wandern.
Region
Ausgangspunkt
Karwendelhaus; N47 25.632 E11 25.302
Endpunkt
Halleranger; N47 21.294 E11 28.630Wegbeschaffenheit
Zunächst felsige und teilweise ausgesetzte Bergpfade, dann Wanderwege zum Hallerangerhaus
Information
Markierung: Wegmarkierung Nr. 225, rote Punkte
Freud & Leid
Die heutige Tour wird von manchen als die »Königsetappe« des Traumpfads bezeichnet. Wenn man die Birkarspitze besteigt, sind über 1500Hm Aufstiege und Abstiege zu bewältigen. Ein früher Aufbruch am Karwendelhaus hilft, nicht in Zeitnot zu kommen und diese herrliche Bergtour mit Muße zu genießen.
Tipp
Dass die Biwakhütte am Schlauchkarsattel als Notunterkunft dringend benötigt wird, hat einer der Autoren bei einer Karwendeltour im Frühsommer bereits am eigenen Leib erfahren. Nach schneereichen Wintern ist der steile Nordhang im Bereich des Sattels oft bis in den Sommer hinein vereist, und im Birkkar liegt noch viel Schnee. Vor allem Frühstarter, die die Wanderung von München nach Venedig bereits im Juli beginnen wollen, sollten sich also unbedingt beim Hüttenwirt nach den Wegverhältnissen erkundigen.
Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden.
Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.