Wandern Dolomiten: Große Giau-Runde
Zwischen Croda da Lago und Nuvolau. Selbst die »kleineren« Berge der Ampezzaner Dolomiten, wie Nuvolau und Averau, Croda da Lago und Becco di Mezzodi, zeigen meist ein unverwechselbares Profil. Und aus der Nähe betrachtet gewinnen sie plötzlich auch enorm an Ausstrahlung. Grund genug, in diesem Revier einmal ausgiebig auf Streifzug zu gehen. Eine weite Rundtour über den Passo Giau vermittelt ganz unterschiedliche Perspektiven.
In den Hausbergen Cortinas
Die Conca d’Ampezzo ist geografisch quasi in vier deutliche Quadranten eingeteilt, mit der »Dolomiten-Metropole« Cortina im Mittelpunkt. Den Südosten beherrschen die Dreitausender Sorapìss und Antelao, den Nordosten der Cristallo mit dem vorgelagerten Pomagagnon. Im Nordwesten ragen die Tofane auf, während im Südwesten die Struktur aufgelockerter und nicht ganz so gewaltig anmutet. Diesen Raum nehmen vor allem Croda da Lago sowie Nuvolau und Averau ein. Der Dolomiten-Höhenweg Nr. 1 durchquert dieses Gebiet mit zwei Varianten, die wir hier pfiffig zu einer geschlossenen Tagesrunde zusammenfügen. Sie besitzt zwei Berührungspunkte mit der Straße zum Passo Giau, weshalb ein Start beim Ponte de Rucurto vorteilhaft erscheint.
Um die Croda da Lago
Gleich unterhalb der Straße werden zwei Bäche im Val Costeana überschritten, bevor es am bewaldeten Nordhang auf wurzeligem Steig allmählich leicht aufwärts geht. In der Nähe des Casón de Formin gabelt sich der Weg. Jenen ins Val de Formin (Nr. 435) lassen wir rechts abziehen, stattdessen weiter mit Nr. 434 nun kräftiger steigend zum Nordausläufer der Croda da Lago. Um diesen herum schwenken wir südwärts ins Val Negra ein und wandern durch lichten Lärchenwald ganz sachte abwärts zum Ostufer des Lago de Federa bzw. zum Rifugio Croda da Lago (2046 m), für das auch die Anrede Rifugio Palmieri geläufig ist (der ursprüngliche Name »Reichenberger Hütte« ist indes in Vergessenheit geraten). Jedenfalls könnte die Lage traumhafter nicht sein! Der Federasee ist ein echtes Juwel zu Füßen des gezackten Croda-da-Lago-Kammes. Auch die schlanke Turmgestalt des Becco di Mezzodì – für die Cortineser seit jeher Uhrzeiger der Mittagsstunde – spiegelt sich darin. Und weist überdies für uns die Richtung des Weiterweges. Auf einem komfortablen Weg steuern wir in mäßiger Steigung den Einschnitt der Forcella Ambrizzola (2277 m) rechts daneben an. Ein neues Bild fesselt unsere Blicke. Es wird beherrscht vom Monte Pelmo, einem mächtigen Solitär der Dolomiten, der von jeder Seite unverwechselbar erscheint. Fast bedauert man es, nicht weiter in seine Richtung zu marschieren (das wäre die Fortsetzung auf dem »Einser« zum Rifugio Città di Fiume). Aber auch unser Rundkurs hat noch jede Menge in petto.
Über den Passo Giau zu den Cinque Torri
Wir gehen auf dem Weg Nr. 436 scharf rechts weiter, also gen Westen. Der Weg verliert einige Höhenmeter, durchquert eine Bergsturzmulde und steigt in sanftem, blumengesprenkeltem Wiesengelände allmählich wieder an. Der Monte Formin mit seiner prallen Südwand sowie der Monte Mondevàl mit der pultartigen Nordabdachung vermitteln uns die typische Geländestruktur, wie sie sich an diversen Bergen der Umgebung vergleichbar wiederholt – eine Folge des Gesteinsaufbaus und der Verwitterungsmechanismen.
Bei der Forcella Giau (2360 m) erreichen wir den höchsten Punkt der Rundtour und erblicken im Norden die Tofane, während diametral das Civettamassiv Parade steht. Durch zwei kleinere Sättel gegliedert, ist die folgende Stunde hinüber zur Passstraße nun sehr abwechslungsreich. Wir steigen ein Stück weit relativ steil ab, gehen die Mulde des Val Cernera am Hangansatz aus, überschreiten nacheinander die Forcella de Col Piombin sowie die Forcella di Zónia und laufen kurz darauf beim Gasthaus am Passo Giau (2236 m) ein. Kurzfristig erwischt uns hier der Rummel mit Ausflugsverkehr, Bikern und Motorradfreaks, doch ist das laute Intermezzo bald vergessen. Schon hat uns das Felshorn der Gusela – ein Nachbargipfel des bekannteren Nuvolau – als Wächter in seinen Bann gezogen.
Bei der Verzweigung hält man sich rechts an die Markierung Nr. 443 und setzt damit zu einer Traverse des kleinen Nuvolaustocks an. Sie führt leicht auf und ab durch märchenhaftes Blockgelände, dann ein Stück abwärts in den Einschnitt des Val de Ra Fontanes und über eine Steilstufe gegen die Cinque Torri hinan. »Dolomitenarchitektur en miniature« erleben wir an diesen fünf Felsklötzchen, die in die Landschaft geworfen scheinen, als hätte ein Riese seine Spielsachen den Kletterern überlassen. Die Cinque Torri wirken in der monumentalen Conca d’Ampezzo beinahe verloren, sind als Klettergarten der »Scoiattoli«, einer Cortineser Klettergilde, jedoch legendär. Im Umkreis stehen das Rifugio Scoiattoli und das Rifugio Cinque Torri (2137 m) – für uns die letzte Durchgangsstation, bevor wir den Abstieg zurück zumPonte de Rucurto antreten. Wunderbar erscheint jetzt das Westprofil der Croda da Lago im Abendlicht.
Region
Touren-Charakter
Überwiegend recht gute, nur selten steile Bergwanderwege, für die elementare Trittsicherheit ausreichend ist. Aufgrund der Gesamtstrecke relativ hohe konditionelle Anforderungen.
Beste Jahreszeit
Mitte Juni bis Mitte Oktober
Ausgangspunkt
Ponte de Rucurto (1708 m), an der Straße von Cortina d'Ampezzo zum Passo Giau
Endpunkt
Ponte de Rucurto (1708 m), an der Straße von Cortina d’Ampezzo zum Passo GiauRoute
Ponte de Rucurto - Rifugio Croda da Lago 2 Std. - Forcella Ambrizzola ¾ Std. - Forcella Giau 1 Std. - Passo Giau 1 Std. - Rifugio Cinque Torri 1½ Std. - Ponte de Rucurto ¾ Std.; insgesamt 7 Std.
Höchster Punkt
Forcella Giau (2360 m)Gipfeltour
Für einen Gipfelabstecher kommt am ehesten der Nuvolau (2575 m) in Betracht: Über eine gesicherte Steilstufe (Via ferrata Ra Gusela) geht es auf das ostseitige Karrenfeld und über den Schlussgrat zur Gipfelhütte mit tollem 360-Grad-Blick. Der anschließende Abstieg nach Norden ist leichter. Zusätzlicher Aufwand ca. 1 Std.
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Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.