Wandern Dolomiten: Bletterbachschlucht und Weißhorn
Auf den Berg und in den Berg: Beides geht am Weißhorn. Nach der erdgeschichtlichen Wanderung durch die Jahrmillionen entsteigt man der Bletterbachschlucht und wandert am Rand des »Grand Canyons« hinauf zum Weißhorn und zur großen Aussicht.
Vom großen Parkplatz beim Besucherzentrum Geoparc führt der Geoweg hinab in die Bletterbachschlucht (0:20 Std.), zuletzt über steile eiserne Stiegen. Am Bach angekommen wendet man sich nach links und wandert im breiten, geröllbedeckten Klammgrund zwischen fast himmelhoch ragenden rötlichen Mauern (Porphyr) taleinwärts, vorbei an den alten Bergwerksstollen des Taubenlecks. Schautafeln informieren über die Geschichte der Klamm und ihre geologische Bedeutung.
Zwischen dem Unterlauf des Bletterbachs und dem Weißhorn liegen gut 2000 Höhenmeter und – erdgeschichtlich gesehen – mehr als 50 Millionen Jahre. Das Fundament dieses gewaltigen »Bauwerks« besteht aus Bozner Porphyr, einem rötlichen Gestein vulkanischen Ursprungs (vor 270–225 Millionen Jahren), das im Landschaftsbild rund um Bozen dominiert. Auf dieser Platte stapeln sich – fast wie bei Omas Torte – Grödner Sandstein, Bellerophon- und Werfener Schichten. Der »Zuckerguss« am Weißhorn besteht dann aus Sarldolomit.
Handelt es sich beim Grödner Sandstein, der im Bereich der Bletterbachschlucht eine Mächtigkeit von etwa 200 Metern erreicht, noch um ein festländisches Verwitterungsprodukt, so zeugen die Bellerophonschichten mit ihren Gipseinlagen bereits von – wenn auch nur seichter und sporadischer – Meeresbedeckung. Die Werfener Schichten leiten die alpine Triasfolge ein (vor rund 225 Millionen Jahren) – mit ihnen beginnt die marine Sedimentation (Ablagerung).
Die spannende Klamm- und Gipfelwanderung ist also auch eine Reise in die Vergangenheit. An den Steilflanken der Bletterbachschlucht lässt sich das Werden der Dolomiten ablesen: ein geradezu exemplarischer »Aufschluss«, wie die Geologen sagen.
Aufschlussreich ist sie aber auch für Laien – diese Wanderung durch Äonen auf einem Pfad, der, entstanden durch Erosionsarbeit des Wassers, die Vergänglichkeit selbst der »ewigen« Berge deutlich macht. Unglaubliche zehn Milliarden Tonnen Gestein wurden vom Wasser durch die Klamm ins Etschtal transportiert, dann vom zweitlängsten Fluss Italiens zu Sand zerrieben und aus den Alpen heraus in die Adria befördert.
Der Geoweg führt ohne größere Steigung klammeinwärts. Nach etlichen Schluchtbiegungen kommt man zum Butterloch, über das ein 40-Meter-Wasserfall herabstürzt. Kurz zuvor zweigt links der neue Jagersteig ab. Er ersetzt die 2009 durch einen Murabgang völlig zerstörten Eisenstiegen. Im Zickzack geht’s hinauf zu einer Forstpiste – hier hält man sich rechts.
Oberhalb des Butterlochs (Kreuzung mit Weg 4) wird die Klamm breiter, sind ihre Wände auch nicht mehr so steil, und im Talhintergrund taucht das Weißhorn auf. Eine knappe halbe Stunde weiter kreuzt der Gorzsteig (1:30 Std.) die Schlucht. Hier kann man noch bis ins eigentliche Talende hineinwandern. In der Gorz erwartet einen eine grandiose Szenerie mit scheinbar himmelhoch übereinander aufgetürmten Felsschichten, von der Arbeit des Wassers bloß- und freigelegt (30 Min. hin und zurück).
Die Fortsetzung des Gorzsteigs führt über einen teilweise bewaldeten Hang heraus aus der Klamm auf die blumenreichen Lahner Wiesen. Hier stößt man auf den Zirmersteig, den klassischen Anstieg von Radein zum Weißhorn (2317 m). Er folgt dem Rand des Canyons und bietet neben packenden Tiefblicken auch eine bemerkenswerte Fernsicht, die nach Nordwesten bei entsprechender Witterung bis zum Eisdom des Ortlers (3905 m) reicht.
Oberhalb der 2000-Meter-Höhenmarke gabelt sich der Weg: Links quert eine dünne Spur, zunächst ab-, dann wieder ansteigend, auf halber Höhe zwischen Klammgrund und Gipfelkreuz hinüber zum Nordwestgrat des Weißhorns (sehr lohnend!). Geradeaus geht’s zunehmend steiler zum Nordgipfel des Weißhorns (3:30 Std.) mit großem Kreuz und gewaltigem Panorama. Um ein paar wenige Meter höher ist der Südgipfel (2317 m).
Blickfang sind natürlich die markanten Zacken der westlichen Dolomiten: Schlern, Rosengarten, Latemar und Pala, mit einem Durchblick über den Karerpass zu den Tofane. Nicht zu übersehen ist auch, weshalb das Weißhorn öfters als ein »verirrtes Stück Dolomiten« bezeichnet wird: viel Grün rundum, rötliches Porphyr am benachbarten Schwarzhorn (2439 m).
Der Rückweg verläuft – orografisch gesehen – am rechten Rand des »Südtiroler Grand Canyons« und bietet nochmals faszinierende Einblicke in den Graben, der wie eine riesige Wunde inmitten der grünen Hügel liegt. Ein paar felsige Passagen sind mit Drahtseilen entschärft. Der weitere Abstieg bietet dann keinerlei Schwierigkeiten mehr, dafür aber viel Aussicht. Der Blick geht durch das Etschtal hinauf bis nach Meran.
Nicht zu übersehen ist auch der Gebäudekomplex von Maria Weißenstein (1520 m) auf einem Höhenrücken des Regglbergs. Die Wallfahrt geht auf eine Marienerscheinung im 16. Jahrhundert zurück. Das Gotteshaus wurde 1638–1673 (erste Weihe) erbaut, später umgestaltet. Nach der Aufhebung des Klosters unter Kaiser Joseph II. fielen größere Teile der Spitzhacke zum Opfer. Im 19. Jahrhundert baute man es schließlich, teilweise in historisierendem Stil, wieder auf.
Beim weiteren Abstieg taucht der Weg bald ein in den lichten Wald. Von rechts mündet eine Forstpiste ein, die sanft bergab in der Senke unter der Schönrast (1791 m) in eine quer verlaufende Straße führt. Hier hält man sich links und folgt dem Steig hinunter zur Lahner Alm (5:00 Std.), wo dann eine längere Rast fällig ist – bei einer Südtiroler Marende, zu der ja bekanntlich fast alles passt, von der Cola bis zum Viertel Roten. Zurück zum Parkplatz beim Besucherzentrum (5:10 Std.) ist es hinterher nur noch ein Katzensprung.
Region
Ausgangspunkt
Parkplatz beim Besucherzentrum Geoparc (1540m)
Wegbeschaffenheit
Überwiegend Bergwege, zum Ende hin auch Waldstraßen. In der Bletterbachschlucht teilweise weglos, am Weißhorn ganz leichte Kletterstellen (gesichert)
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sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.