Wandern Bregenzerwald: Unter dem Diedamskopf
Von Schoppernau nach Au. Dies ist sozusagen der Sonntagsspaziergang unter unseren Touren: Auf Entdeckungsreise zwischen Schoppernau und Au wandern wir gemütlich am Hang entlang von Dorf zu Dorf und entdecken dabei einige kulturelle Highlights.
Kein Geheimtipp, aber oho!
Natürlich ist eine Wanderung zwischen zwei der bekanntesten Bregenzerwalddörfer, Schoppernau und Au, auch im Winter als Skigebiete sehr beliebt, kein Geheimtipp im eigentlichen Sinn. Genau deshalb wollen wir auf unserem heutigen Weg einmal das Augenmerk auf Dinge richten, die abseits der großen Attraktionen sonst nicht unbedingt die Aufmerksamkeit erregen. Dafür beginnen wir am Gemeindeamt in Schoppernau, nebenan liegen das Tourismusbüro und das Felder-Museum. Wie schon in Schnepfau (s. Tour 19) fällt auch hier auf, dass sich das Dorf, auf gut 850 Metern Höhe gelegen, an die nördliche Talseite der Ach drängt – wollten die Bewohner doch den langen Schatten der sie umgebenden Berge möglichst entfliehen. Links oder rechts an der Käserei vorbei gehen wir hoch zur Kirche, die auf einem kleinen Felsabsatz errichtet wurde – nachdem ihre Vorgängerin durch ein Hochwasser komplett zerstört worden war.
Schriftsteller und Menschenfreund
Das Leben in Schoppernau war einst nicht leicht, wie wir vor allem dank Franz Michael Felder (1839–1869) wissen und noch immer nachlesen können. Bevor wir die Kirche betreten, gehen wir rechts auf den Friedhof mit den vielen schmiedeeisernen Kreuzen; links an der Seitenwand finden wir das Grab des berühmtesten Schriftstellers des Bregenzerwalds. Der Bauernsohn, gesundheitlich angeschlagen, erarbeitete sich sein umfassendes Wissen selbst, er besaß nicht nur das Talent zum Schreiben, sondern engagierte sich vor allem auch für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse seiner Mitmenschen. Er schuf eine Genossenschaft der Käsebauern, um sich gegen die großen Monopolisten, die »Käsegrafen«, durchzusetzen, verbesserte das Los der in Heimarbeit arbeitenden Frauen, schuf eine Versicherung gegen Naturunglücke für die Bauern und gründete für alle zugängliche Bibliotheken, um das Bildungsniveau zu erhöhen. Bei Obrigkeit und Kirche stieß das nicht immer auf Gegenliebe, doch in der Bevölkerung genoss Felder durchaus hohes Ansehen. Tragisch ist sein Tod: Nachdem seine ihn stets unterstützende Frau, Anna Katharina Moosbrugger, jung verstorben war, folgte ihr der dadurch aus der Bahn geworfene Felder kurz darauf mit nur 30 Jahren.
Durch Schoppernau
Betreten wir die Kirche mit der schönen Barockausstattung, so begegnen wir einem seiner Söhne: Kaspar Felder wurde Schreiner und schuf für seine Heimatkirche u. a. das Hauptportal, die Docken der Kirchenbänke und das Kriegerdenkmal. Treten wir aus der Kirche wieder hinaus, sehen wir den charakteristischen Pfarrhof eines Bregenzerwald-Dorfs, so wie in und um Schoppernau ohnehin einige sehr schöne Wälderhäuser erhalten sind – übrigens auch das Geburtshaus Franz Michael Felders im Oberdorf 55.Von der Kirche laufen wir zu dem kleinen Dorfplatz mit Großkreuzung vor dem Gasthaus »Zum Fraaanz«. Wir wählen hier den mittleren Weg, leicht rechts in Richtung der Talstation der Diedamskopfbergbahn. Zu dieser kommen wir dann rechts – sie ist nicht zu verfehlen, da hier sommers wie winters viel Betrieb herrscht, denn viele wollen bequem auf den Schoppernauer Hausberg (2090 m) hinauf. Wir dagegen gehen links an der Station vorbei, und der Weg steigt nun deutlich an.
Nach Rehmen
Nach der Linkskurve biegen wir rechts ab und halten uns kurz darauf links auf den Pfad Richtung Rehmen. Nun stoßen wir auf ein sehr interessantes Objekt: Am Eingang zum Holdamoos steht eine altertümliche Vorsäßhütte. Als Bregenzerwald-Kenner wissen wir, dass sie eigentlich viel zu tief im Tal platziert ist – tatsächlich wurde sie von der Vorsäß Vorderhopfreben hierher versetzt, um nun als Schauobjekt über das Leben und die Arbeit auf den Hütten zu dienen. An bestimmten Tagen ist die Vorsäß geöffnet, und auch sonst kann man sich hier und nebenan im schönen Kräutergarten informieren.Wir wandern anschließend nicht ins Holdamoos, sondern rechts weiter leicht bergab, durch das Gatter und bis zu dem Sträßchen. Hier gehen wir nur wenige Meter nach rechts und dann links auf dem Pfad hinauf zu der kleinen Feldkapelle. Von hier genießen wir den Ausblick auf das Tal mit dem Berghintergrund und steigen dann wieder hinab, rechts ins Dorf bis zur barocken kleinen Dorfkirche in Rehmen.
An der Ach entlang nach Au
Wir wenden uns an der Kirche nach rechts, gehen am Parkplatz vorbei zur Sennerei und biegen hier links in die Straße in Richtung Bregenzer Ach. Kurz geht es rechts an der L 200 entlang, aber nur bis zur Brücke, auf der wir den Bach überqueren. Auf der anderen Seite wandern wir nach rechts weiter an der Ach entlang, die hier gebändigt wurde, nachdem sie jahrhundertelang durch Hochwasser für die Bewohner der umliegenden Dörfer eine stete Gefahr darstellte.Der Ortskern von Au, zu dem wir schließlich nach einiger Zeit links hochsteigen, liegt deshalb auch erhöht über dem Tal. Der Ausgangspunkt der Siedlung allerdings befindet sich wiederum unten am Fluss, und noch immer deutet der Name der Parzelle Jaghausen an, dass hier die mittelalterlichen Grundherren eine Niederlassung für ihre Jagdvergnügen im tierreichen Bregenzerwald hatten.
Berühmte Barockkünstler
Vom Gemeindeamt kommen wir rechts hinab zu dem Ortsteil, der heute von der gotischen Kirche beherrscht wird. Au ist ein beliebter Ferienort – wie das nebenstehende Hotel deutlich unterstreicht –, berühmt ist das kleine Dorf jedoch vor allem für seine Barockbaumeister. Die Künstler der »Auer Zunft« um die beiden Großfamilien Beer und Thumb haben – unterstützt von vielen Bildhauern und Malern ihrer Heimat – für gut zwei Jahrhunderte das Bauen in Süddeutschland und der Schweiz geradezu beherrscht. Ihnen verdanken wir Bauwerke wie die Birnau am Bodensee, St. Gallen, Weingarten, die Stiftskirche Kempten oder Kloster Einsiedeln. Im Alter kehrten viele der berühmten Künstler dann wieder in ihre Heimat zurück. Auch wir machen uns nun auf den Rückweg, und zwar mit der Buslinie 40 – oder, wer mag, zu Fuß auf dem Weg an der Ach entlang direkt nach Schoppernau.
Region
Touren-Charakter
Für Bregenzerwald-Verhältnisse ein erholsamer Spaziergang, so gut wie kein Anstieg (nur kurze Anhöhen), sehr bequeme Wege. Für Familien geeignet
Ausgangspunkt
Schoppernau, Gemeindeamt. GPS: 47.312010, 10.016415
Endpunkt
Au, KircheLesenswerte Autobiografie
Naturgemäß lohnt sich ein Besuch des Felder-Museums in Schoppernau. Der Eintritt ist frei. Im Museum, einer der Lebensstationen Felders oder sonst einem gemütlichen Ort sollte man sich mit seinem bedeutendsten Werk, seiner Autobiografie »Aus meinem Leben«, zum Schmökern zurückziehen und tief eintauchen in die Schilderungen des Bregenzerwalds im 19. Jh., das beschwerliche Dasein seiner Bewohner und den mühsamen Versuch, heimatverbunden zu bleiben und doch Neues zu erreichen. Das Buch ist im Museum und im Buchhandel erhältlich.
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Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.