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Wandern Bodensee: Von Konstanz nach Mannenbach

Anspruch:
mittel
Dauer:
02:30 Std.
Länge:
10.5 km
Aufstieg:
60 m
Abstieg:
60 m

Oder: vom Paradies ins Kaiserschloss. Bei dieser Tour geht es uns wie einst Adam und Eva: Wir werden das Paradies verlassen - und landen direkt in der Schweiz. Alles andere als eine schlechte Zuflucht, und dies schon zu Napoleons Zeiten.

Beschreibung

Im Paradies

Unser Startpunkt ist die neugotische Lutherkirche an der Unteren Laube, der Straße, die die Altstadt umgibt und gleichzeitig vom Stadtteil Paradies trennt – sie ist zu Fuß oder per Bus mit mehreren Linien vom Bahnhof aus leicht zu erreichen. Die Gottlieber Straße hinter der Kirche führt uns nun schnurgerade durch den Stadtteil Paradies hindurch. Ob man sich das Paradies so vorstellt wie dieses Wohnviertel, muss jeder selbst entscheiden, benannt wurde es nach einem im 13. Jahrhundert hier gegründeten Frauenkloster, das nach einigen Jahren nach Schaffhausen weiterzog. Heute bildet der Stadtteil gemeinsam mit der Altstadt die einzige deutsche Besiedelung südlich des Rheins. Drum herum ist alles Schweiz – und in diese begeben wir uns auch, indem wir die Fußgängerbrücke über den Autobahnzubringer überqueren, hinter der das Zollhaus steht.

Nach Gottlieben

Nach nur wenigen Metern auf Schweizer Boden geht es rechts ab in Richtung Seeufer. Von hier an leiten uns die kleinen gelben Thurgauer Wanderwegschildchen für den Rest des gesamten Weges wie immer höchst verlässlich. Durch Wäldchen und Schilf, am Erholungsgebiet Kuhhorn vorbei, kommen wir direkt am Seeufer bis nach Gottlieben, eine der kleinsten – manche sagen auch, die kleinste – Gemeinden der Schweiz mit kaum über 300 Einwohnern. Hier wurde aber Weltgeschichte geschrieben ... Kurz nach den ersten Häusern taucht rechts neben uns hinter Parkbäumen Burg Gottlieben mit ihren beiden mächtigen Türmen auf, Überbleibseln der alten Burganlage aus dem 13. Jahrhundert. In ihnen schmachteten zur Zeit des Konstanzer Konzils (1414–1418) der dort später verbrannte Jan Hus und der abgesetzte Gegenpapst Johannes XXIII. Ein gewisser Louis Napoleon erwarb die Burg 1836 und ließ sie neugotisch umbauen – von ihm werden wir noch hören.

Die einstige Bischofsburg ist vom Ort aus nur schlecht, vom See her dagegen sehr gut zu sehen. Aber das Auge wird ohnehin bald abgelenkt von den schönen Fachwerkhäusern des kleinen Ortskerns. Weit über die Region hinaus berühmt ist die Drachenburg, ein Fachwerkhaus mit Erkern von 1617, das als eines der schönsten Häuser der Schweiz überhaupt gilt, heute ein hochklassiges Restaurant. Davon gibt es in Gottlieben gleich mehrere, wenig verwunderlich bei der Lage direkt am See.

Über Triboltingen nach Ermatingen

Von der Seepromenade aus laufen wir über die Espenstrasse, von dort rechts in die Ländlistrasse zurück auf den Wanderweg. An schier endlosen Schilffeldern vorbei geht es nun bis Triboltingen. Der Weg führt an die Bahntrasse, wo uns ein martialischer Bunker erwartet. Er war Teil des im Zweiten Weltkrieg gegen Nazideutschland errichteten und in den 1970er-Jahren – nun wegen der kommunistischen Bedrohung – noch einmal erneuerten und erst 1995 aufgegebenen Kreuzlinger Festungsgürtels. An diesem Bunker geht es rechts entlang der Bahnlinie weiter – wer möchte, sollte allerdings diese kurz queren und Triboltingen mit seinen schönen Fachwerkhäusern im Innern und der romanischen Nikolauskapelle mit ihrem spätgotischen Chor aufsuchen. Zurück am Bunker – und gleich an einem zweiten vorbei – wandern wir nun wieder zwischen Bahn und Schilf weiter bis Ermatingen.

Dort haben wir erneut die Wahl. Durch die Bahnlinie getrennt, besitzt Ermatingen zwei Ortskerne. Im Ortsteil Stad an der Schiffslände rechts stehen wunderbare Fachwerkhäuser direkt am See. Wer links abbiegt und die Gleise überschreitet, kommt am Bahnhof vorbei über die Poststrasse Richtung zweites Zentrum um die paritätische – also von beiden Konfessionen genutzte – Kirche St. Albin mit ihrer interessanten evangelisch-katholischen Ausstattung und das Hotel Adler, ältestes Hotel der Schweiz. Natürlich lässt sich, wenn man mehr Zeit hat, der Besuch beider Teile verbinden. Am Strandbad vorbei geht es nun wieder am See weiter – dabei sollte man darauf achten, immer nördlich der Gleise zu bleiben, diese also nicht zu überqueren, auch wenn auf der anderen Seite der Bodenseeradweg entlangführt.

Im Schlösserort Mannenbach-Salenstein

Über den Seeweg mit stetem Blick auf die Insel Reichenau kommen wir in Mannenbach, das mit dem höher liegenden Salenstein zusammengewachsen ist, an. Am auffälligsten thront auf den ersten Blick die gleichnamige Burg Salenstein über dem Ort, ein wohnturmartiger Bau aus dem 16. Jahrhundert, leider nicht zugänglich. Zum Schloss Arenenberg gelangen wir, indem wir die Gleise überschreiten und der Beschilderung folgen. Durch die Weinberge kommen wir auf die Hangtrasse mit ihrem herrlichen Blick auf den Untersee. Hier stand bis kurz nach 1800 ein Ansitz Konstanzer Patrizier mit dem kuriosen Namen Narrenberg, der sich später zu Arenenberg verschliffen hat. Nachdem sein Kurzzeitimperium zerfallen war, musste Napoleons Verwandtschaft aus Frankreich flüchten. Seine Stieftochter Hortense Beauharnais, jetzt Königin von Holland, fand 1817 Asyl im Thurgau und erwarb Arenenberg und ließ es im Stil der Zeit großzügig umbauen. Ihr Sohn Louis Napoleon wuchs hier auf, der sich 1851 in seinem Heimatland an die Macht putschte und als Napoleon III. Kaiser wurde. Er kaufte Schloss Arenenberg zurück, nach seinem Tod vermachte es die hochbetagte Exkaiserin Eugénie 1906 dem Thurgau aus Dankbarkeit. Heute beherbergt es ein sehenswertes Napoleon-Museum, ein Hotel und Restaurant.Hortenses Anwesenheit lockte die Verwandtschaft erst zu kurzen Besuchen und später dauerhaften Aufenthalten. Das Schema war stets das gleiche: Man erwarb ein vorhandenes Gut und baute es um oder neu auf. So machte es Hortenses Bruder Eugène, ihm verdanken wir Schloss Eugensberg im Salensteiner Hinterland, wie auch Hortenses Cousine Louise, die anstelle einer alten Kaplanei neben der mittelalterlichen Wallfahrtskapelle, in der seit Kreuzfahrertagen ein Splitter des heiligen Kreuzes aufbewahrt wird, Schloss Louisenberg errichten ließ. Unter den Bauten der französischen Kolonie ist nur Arenenberg für die Öffentlichkeit zugänglich. Von dort, den Berg wieder hinab, kommen wir direkt zum Bahnhof Mannenbach-Salenstein (eine Bedarfshaltestelle, Drücken nicht vergessen!).

Touren-Charakter

Trotz ihrer relativen Länge sehr leichte, unstrapaziöse Tour, da sie meist direkt am flachen Seeufer entlangführt. Kleiner Anstieg zum Schloss Arenenberg. Teilstrecken auch mit Kindern gut geeignet. Ausweispapiere nicht vergessen.

Ausgangspunkt

Konstanz Lutherkirche

Endpunkt

Bahnhof Mannenbach-Salenstein

Gottlieber Hüppen

Offizielles helvetisches Kulturerbe sind die Gottlieber Hüppen, längliche Waffelröllchen mit Schokofüllung. Selten hat mir Hochkultur so gut geschmeckt!

Das Kuriosum Tägermoos

Auf dem Weg nach Gottlieben streifen wir das Tägermoos. Dieses Naturschutzgebiet gehört seit Jahrhunderten der Stadt Konstanz, ist also ein Stück Deutschland in der Schweiz, ein staatsrechtliches Kuriosum. Konstanz gilt deshalb offiziell auch als Thurgauer Gemeinde.

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Bitte beachten!

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.