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Wandern Bayerischer Wald: Zur Wüstung Leopoldsreut

Anspruch:
schwer
Dauer:
05:18 Std.
Länge:
19 km
Aufstieg:
360 m
Abstieg:
360 m

Geschichte eines verlassenen Dorfes. Tiefe Wälder begleiten unseren Weg nach Leopoldsreut, dem verlassenen Dorf auf dem Höhenzug zwischen Haidel und Sulzberg. Während der Turm auf dem Haidel einen Blick bis in die Alpen gewährt, taucht man am Weg durch die Wüstung Leopoldsreut in die Geschichte bäuerlicher Kultur und ihre raue Lebenswirklichkeit im Bayerischen Wald ein.

Beschreibung

Zur Quelle der Kalten Moldau   

Unser Weg beginnt am Wanderparkplatz am Ende der Zufahrtsstraße, die südlich von Haidmühle/Ludwigsreut von der Landstraße zum Waldrand führt. Dahinter steigt der tiefgrün bewaldete Osthang zum Haidel (1166 m) an. Der Goldsteig führt geradeaus in den Wald hinein. Zunächst leicht abfallend, steigt er nach etwa einem Kilometer leicht an.

In einer Rechtskurve überqueren wir ein unscheinbares Bächlein, die Ohmüllerseuge. Kurz darauf laufen wir an einer Waldwiese, der Ohmüllerraumreut, vorbei, die sich rechts hinter einer Baumreihe ausdehnt. Kurz danach erreichen wir eine Gabelung, an der wir rechts weiterwandern. Noch zehn Minuten auf der Forststraße liegen vor uns.

An der nächsten Kreuzung geht es rechts herum zur Quelle der Kalten Moldau. Eine Bank für die erste Rast – daneben klärt uns ein Gedenkstein auf: »Weberaubach, Goldgrubenbach und Rothbach vereinigen sich zur Kalten Moldau. Die Seitenarme der Warmen und Kalten Moldau fließen schließlich bei Volary zur Moldau zusammen.« Der Goldgrubenbach hat seinen Namen wohl nicht umsonst. Es wird angenommen, dass in der Gegend um Haidmühle bereits ab dem 9. Jahrhundert Gold geschürft wurde. Scherbenfunde in Ohmüllerseuge und Ohmüllerraumreut, die ins Mittelalter zurückreichen, scheinen dies zu belegen.

Zwischen Bramandelberg und Haidel 

Wir gehen zurück zur Kreuzung und wandern nach rechts (Markierung »7«). Bereits nach einem halben Kilometer gabelt sich unser Weg – wir laufen nach links weiter. Rechts neben uns macht sich bald der Goldgrubenbach bemerkbar. Erneut münden zwei Forstwege in unseren Anstiegsweg, zuerst von links und 200 Meter weiter dann von rechts. Wir behalten unsere Richtung bei und steigen weiter bergauf. Der Forstweg umläuft so im weiten Linksbogen den Nordhang des Bramandelbergs.

Das Bachtal wird mit zunehmender Höhe enger, und schließlich erreichen wir einen Sattel, der den Bramandelberg im Osten und den Haidel weiter im Westen voneinander trennt. Wir sind auf beinahe 1000 Meter Höhe und haben von hier noch 200 Höhenmeter vor uns.

Auf dem Sattel laufen fünf Wege zusammen – wir nehmen den Weg nach rechts. Durch den dichten Wald führt er uns in einer knappen Stunde zu einer breiten Lichtung mit einem Rastplatz. Wir haben nun auf 1100 Meter Höhe den Rücken des Höhenzugs zwischen Haidel und Sulzberg erreicht. Hier trifft unser Weg mit den Aufstiegen aus Grainet im Westen und aus Herzogsreut im Norden zusammen.

Zum Haidelturm   

Scharf links herum wandern wir nun etwa einen Kilometer kerzengerade auf den Haidelgipfel hinüber. Am Ende einer beinahe ebenen Freifläche mit junger Aufforstung steht rechts am Weg ein kleines steinernes Wasserbecken – Gelegenheit für eine kühle Erfrischung, bis wir von hier den letzten, vergleichsweise steilen Aufschwung zum Gipfel im Wald nehmen.

Nur noch wenige Minuten sind es bis hinauf – über 30 Meter hoch ragt die Holzkonstruktion des Haidelturms in den Himmel. Vorangetrieben durch die Sektionen Passau und Straubing des Waldvereins, wurde im Herbst 1934 der erste Aussichtsturm errichtet. Wind und Wetter ausgesetzt, war die Holzkonstruktion jedoch schon nach wenigen Jahren so marode, dass sie 1948 abgebaut wurde. Über 20 Jahre lang zeugte nur das Fundament vom einstigen Aussichtsturm. Erst Ende der 1960er-Jahre wurde das Projekt wieder in Angriff genommen und im Oktober 1970 dann der zweite Turm eröffnet. Doch auch an ihm nagte der Zahn der Zeit: Die tragenden Säulen wurden morsch. 1998 wurde der zweite Turm ebenfalls abgerissen. Doch bereits im selben Jahr konnte der heutige Turm fertiggestellt werden, der mit seiner Aussichtsplattform einen grandiosen Rundumblick über die Baumwipfel hinweg bietet. Bei gutem Wetter endet der Blick nach Süden erst an den Gipfeln der Alpenkette, die wie die Zacken eines Sägeblatts in den Himmel ragen. Im Osten steht der Böhmerwald, im Norden reicht das Panorama über die markanten Gipfel von Lusen und Rachel hin zum Arber und läuft über die hügelige Mittelgebirgslandschaft des Südlichen Bayerischen Waldes nach Westen hin aus.

Stumme Zeugen in Leopoldsreut   

Wir gehen nun zurück zur Gabelung, weiter der Beschilderung folgend, und stehen nach ca. 500 Metern vor einer Lichtung: linker Hand die Kapelle St. Nepomuk, dahinter das ehemalige Schulgebäude von Leopoldsreut. Sie sind stumme Zeugen für das Ende eines Jahrhunderte andauernden Dorflebens.

Zwischen beiden Gebäuden hindurch führt ein kurzer Weg zu einem Gedenkkreuz, von wo aus die Lichtung einen wunderschönen Weitblick auf den Lusen freigibt. Auf den wenigen Wiesenflächen, die sich der Wald noch nicht zurückerobert hat, erzählen Schautafeln, bauliche Überreste und sogar drei Eichen von einer Zeit, als hier oben die Bewohner trotz widriger Bedingungen ihr Auskommen hatten.

Anders als beim Haidelturm hat der Mensch in Leopoldsreut das Ringen mit der Natur aufgegeben. Im späten Mittelalter wurde die Ortschaft gegründet, und die Bewohner versuchten hier auf über 1000 Meter Meereshöhe ein Gemeinwesen aufzubauen. Ackerland wurde dem Wald abgerungen, eine Kirche und eine Schule kamen hinzu. Doch dem Aufbau der dörflichen Infrastruktur, was unter den Bedingungen hier oben schwer genug war, lief die allgemeine Entwicklung entgegen: Mit der Verlegung der Maut- und Pferdewechselstation Anfang des 18. Jahrhunderts nach Bischofsreut fiel eine Aufgabe von Leopoldsreut weg. Die Entwicklung der Glasindustrie führte im 19. Jahrhundert dann zu einer Welle von Abwanderungen aus dem Dorf – und vor 50 Jahren verließen die letzten Bewohner das Dorf. Schon kurz darauf wurde mit der Wiederaufforstung der Flure begonnen.

Doch die Spuren sind nicht verwischt. Es bleibt mehr als die Erinnerung an das Dorfleben – die Wüstung atmet noch seinen Geist. Und vielleicht ist auch hier, wie beim Haidelturm, am Ende die Beharrlichkeit erfolgreich: Das alte Schulgebäude soll auf private Initiative hin als Gaststätte wiederbelebt werden – doch bis es so weit ist, haben wir genügend Proviant im Rucksack.

Unser Rückweg führt uns über den Goldsteig zurück zur Abzweigung zum Haidel. Dort folgen wir unserem Aufstiegsweg bis zum Sattel, von wo aus wir nun den Bramandelberg auf seiner Südseite umwandern und schließlich die Kreuzung an der Moldauquelle erreichen. Hier folgt der Rückweg dem Aufstiegsweg.

Touren-Charakter

Geschichtsträchtige, weite Waldtour für gehgewohnte Wanderer auf einfachen Forstwegen. Schöner Blick vom Haidel-Aussichtsturm

Beste Jahreszeit

Mai bis Oktober

Ort

Ludwigreut

Ausgangspunkt

Wanderparkplatz am Duschlberger Wald, 834 m

Endpunkt

Wanderparkplatz am Duschlberger Wald, 834 m

Route

Wanderparkplatz – Moldauquelle 45 Min. – Haidel 2.15 Std. – Leopoldsreut 30 Min. – Wanderparkplatz 2 Std.

Höchster Punkt

Haidel, 1166 m

Tipp zum Tourenausklang

Ende Mai bis Anfang Juni 2018 ist es wieder so weit: Bei den Festspielen von Leopoldsreut lassen Laienschauspieler das einstige Dorfleben und seine wechselvolle Geschichte auf einer Freilichtbühne an den Originalschauplätzen wieder aufleben. – PS: 2018 wird zudem die Gründung von Leopoldsreut vor 400 Jahren gefeiert (Tourist-Info Haidmühle, www.haidmuehle.de).

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Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.