JBerg-Verlag
Bergwandern
wandern

Wandern Bayerischer Wald: Wanderung durch das Sperrgebiet

Anspruch:
schwer
Dauer:
12:00 Std.
Länge:
35 km
Aufstieg:
1226 m
Abstieg:
1226 m

In zwei Tagen zum Poledník. Čerchov, Hoher Bogen, Großer Arber - bekannte Wander­berge, von deren Gipfeln aus mithilfe von Abhöranlagen einst der Feind ausgespäht wurde. Heute sind die Grenzen offen und die Abhöranlagen Touristenattraktionen. Und ein Gipfel fehlt in dieser Liste: der Poledník (Mittagsberg).

Beschreibung

Es ist gerade einmal eine Generation her, dass die Grenzen eisern befestigt und bewacht wurden, und dass in einem kilometerbreiten Landstreifen im Grenzverlauf die Bevölkerung umgesiedelt wurde. Wenn man dieser Zeit etwas Positives abgewinnen möchte, dann vielleicht, dass die Landschaft entlang der deutsch-tschechischen Grenze – dort wo Bayern und Böhmen sich begegnen – lange unberührt blieb. Vieles blieb in bitterer Erinnerung, manches geriet in Vergessenheit. Diese Geschichte wird uns während der vor uns liegenden zwei Tage begleiten. Daneben haben wir im Rucksack alles, was wir für eine Zweitagestour benötigen, also Getränke und Brotzeit für den ersten Tag, sowie alles, was wir für eine Übernachtung in einer Pension oder im Hotel brauchen. Einkehrmöglichkeiten gibt es erst jenseits der Grenze in Prášily (Stubenbach) und dann wieder am Gipfel des Poledník. Ebenso verhält es sich mit der Übernachtung. Prášily ist gut auf Besucher eingestellt. Das Bergdorf erwartet uns mit einigen kleinen Pensionen und Hotels. Wer das naturnahe Abenteuer sucht, nimmt das Zelt mit. Im Schatten des Turms auf dem Poledník befindet sich ein gekennzeichneter Not­übernachtungsplatz. Zelten ist von 18 bis 9 Uhr und für eine Nacht erlaubt. Dennoch empfiehlt sich eine Übernachtung in Prášily, weil der Abschnitt von Spiegelhütte bis zum Notübernachtungsplatz am Gipfel als Tagestour nur sehr ausdauernden Wanderern vorbehalten ist. Dies liegt vor allem an dem anstrengenden Aufstieg hinauf zum Prášilské jezero (Stubenbacher See). Übrigens: Nicht überall werden Euro akzeptiert. Wir sollten also ausreichend tschechische Kronen im Geldbeutel haben.

Tag 1: Der erste Tag wartet mit etwa 450 Höhenmetern und beinahe 15 Kilometern Wegstrecke auf. Gut zum Einlaufen, weil wir überwiegend auf einfachen Wald- und Schotterwegen unterwegs sind. Wir starten am Wanderparkplatz in Spiegelhütte gegenüber der St. Stephanuskirche und folgen der Markierung »Sauerklee«, die uns bis hinauf zum Grenzübergang Gsenget führt. Nachdem wir die wenigen Häuser von Spiegelhütte hinter uns gelassen haben, überqueren wir am Waldrand den Mühlgraben. Der Waldweg steigt nun zunehmend an. Immerhin überwinden wir auf den ersten zweieinhalb Kilometern fast 400 Höhenmeter. Nachdem wir zweimal eine Forststraße überquert haben, rückt der Wegverlauf näher an den Graben des Mitterbachbachels heran, der uns bis auf Weiteres entgegenplätschert. Schließlich kreuzen wir erneut eine Schotterstraße. Danach ist bald der Waldrand erreicht. Vor uns liegt eine weitläufige Kreuzung breiter Schotterwege. Wir folgen jenem, der leicht ansteigend die weitläufige Hochfläche des Wildscheuer­ecks quert. Rechter Hand Richtung Süden steigt der baumfreie Hang hinauf zum Kiesruck. Wir passieren eine Abzweigung nach rechts, und nach einer knappen halben Stunde gabelt sich der Weg. Wir halten uns links und folgen dem Feldweg durch einen schmalen Waldgürtel, bis wir über die alte Weidefläche zum Schachtenhaus gelangen. Vor fast 200 Jahren erbaut, diente das Haus zur Beherbergung von Waldhirten und Waldarbeitern. Heute steht es unter Denkmalschutz. Für uns ist es ein idealer Rastplatz, um uns nach dem Anstieg bis auf 1145 Meter zu stärken.

Von der Sitzgruppe am Ende des Hauses verläuft der weitere Weg über die Wiese bergab und durch ein Waldstück, wo wir wieder auf einen Schotterweg treffen, in den wir links einbiegen. An schönen Wochenenden sind wir am Schachtenhaus sicher nicht allein, doch schon der nächste Wegabschnitt gehört mehr und mehr uns. Ohne Orientierungsprobleme folgen wir dem Weg, der den Schachtenhausriegerl östlich umrundet. Mit einem Mal öffnet sich nach Osten der Wald, und der Turm auf dem Poledník rückt nun erstmals ins Blickfeld. Rechts unter uns breitet sich ein einsames Tal aus. Darüber erhebt sich in der Ferne unser Tourenziel. An der Nordseite des Schachtenhausriegerls zweigen wir rechts vom Schotterweg ab und steigen über einen Pfad zum Scheuereckbach hinunter, den wir auf einem schmalen Brücklein überqueren. An einem Umkehrplatz geht es nun weiter auf Schotter bis zum Grenzübergang Gsenget. Wenn uns keine Mountainbiker begegnen, gehört uns der weitere Weg bis ins Nachtquartier beinahe alleine. Auch beim Grenzübergang hilft uns eine Brücke über einen Bach. Vorbei an der verlassenen Grenzwärterhütte folgen wir der Markierung »Gelb-Prášily« bergauf. Der Wald wird unterbrochen von alten Weideflächen, und nach einem halben Kilometer erreichen wir eine Kreuzung (»Gsenget«) auf freiem Feld. Wir biegen hier rechts ein und folgen der Markierung »Rot-Prášily 5 km«. Leicht bergab queren wir alte Weideflächen. Der breite Feldweg bricht plötzlich sehr steil ins Tal ab. Dort unten biegt der Weg nach links und folgt dem Stubenbach. Recht einsam und idyllisch schlängelt er sich unter Fichten hindurch. Wir bleiben an seinem linken Ufer und haben nach etwa vier Kilometern unser Tagesziel Prášily erreicht.

Tag 2: Wir beginnen den zweiten Tag am Gedenkstein, der an die Umsiedlungen der Einheimischen nach dem Krieg erinnert. Gegenüber helfen uns eine Menge Wegweiser bei der Orientierung. Tatsächlich ist es recht einfach. Wir folgen der Markierung »Rot-Prášilské jezero 4,5 km« hinauf zum Stubenbacher See. Zunächst geht es auf Teer aber bergab aus dem Dorf hinaus. Nachdem wir den Bach überquert haben, sind es noch etwa 100 Meter, ehe wir nach rechts einbiegen. An einer Schranke vorbei geht es erneut ein Stück auf Teer weiter und schließlich auf Schotter. Links weitet sich eine Lichtung, um die wir herumlaufen. Der Weg steigt nun zunehmend an und wird zudem anspruchsvoller. Mal über Wurzeln, mal über Blockgestein, mal breit, mal eng und eingewachsen geht es hinauf. Die Anstrengung wird belohnt, wenn wir den See an seinem Nordufer erreichen. Mehrere Rastbänke geben uns die Gelegenheit, uns vom Aufstieg auf über 1000 Meter zu erholen und die malerische Aussicht über Wasser und Richtung Mittagsberg und Kleiner Riegel zu genießen.

Neben einem gemauerten Ablauf schlängelt sich der weitere Weg hinunter. Zunächst steil und jeden Tritt beachtend, teils über Bohlen, windet sich der Pfad, um schließlich in einen Schotterweg zu münden. Nach etwa zehn Minuten treffen wir auf eine weitere Forststraße, der wir nach rechts folgen. Gleichmäßig steil geht es nun wieder bergauf. Rechter Hand liegt der Poledník, auf dessen breitem Rücken sich der ehemalige Spähturm versteckt. Jetzt brauchen wir Wetterschutz und genug zu trinken, denn im zunehmend lichten Wald sind wir weder vor Sonne noch vor Regen geschützt. Schließlich erreichen wir eine Abzweigung, über die wir nach rechts auf den höchsten Punkt zugehen. Das Panorama öffnet sich besonders schön nach Süden über den Grenzkamm und nach Westen ins Bayerische. Am Fuße des Turms versorgt uns ein Kiosk. Wer mag, schlägt auf der Ostseite des Turms sein Zelt auf. Wir laufen nun zurück über die breite Hochfläche. An der Abzweigung geht es weiter nach rechts Richtung Grenze. Die Markierung ist grün und verweist unter anderem auf die Abzweigung »U Bývalé roty«. Ab hier, in der Kernzone des Nationalparks, ist der Weg von November bis Mitte Juli gesperrt. Er verläuft nun stetig bergab. Bald haben wir den Turm rechts oberhalb aus den Augen verloren. Der Wald wird dichter und der Weg ist allzeit gut zu gehen. Im federnden Schritt erreichen wir die genannte Abzweigung und kehren uns nach links. Wir verlieren schnell an Höhe, und Laub mischt sich in den Nadelwald. Schließlich plätschert vor uns ein Bach: der Stubenbach, dem wir am Vortag noch im Wasserlauf gefolgt sind. Ein Steg hilft zum Weg hinüber. Nun geht es links zurück auf bekanntem Weg bis zum Grenzübergang Gsenget. Dort wandern wir auf der breiten Schotterstraße geradeaus weiter, welche die eineinhalb Kilometer hinauf bis zur Wegekreuzung dem »Böhmweg« folgt. An der Kreuzung bietet ein Unterstand Wetterschutz. In Aufstiegsrichtung links folgen wir nun dem Schotterweg ohne weitere Höhenmeter etwa zwei Kilometer (siehe Tipp). Dann erreichen wir die weitläufige Kreuzung, an der nach rechts unser Abstieg entlang des Mitterbachbachels hinunter nach Spiegelhütte beginnt.

Touren-Charakter

Abwechslungsreiche und aussichtsreiche 2-Tages-Tour durch einsames Grenzgebiet für ausdauernde Wanderer; denken Sie an tschechische Kronen!

Ausgangspunkt

Ortsmitte Spiegelhütte

Endpunkt

Ortsmitte Spiegelhütte

Abstecher zum Abschluss

Wer am Ende der Tour noch Kondition hat, biegt kurz nach der Kreuzung vom Schotterweg rechts ab, folgt dem Pfad hinauf zum Jährlingsschachten, einer früheren Hochweide, und findet ein kleines Kreuz auf einem Felsen und rundherum Aussicht über die einsamen Wälder und Wiesen des Grenzkammes. Und drüben am Horizont grüßt ein letztes Mal der Poledník.

Einkehrmöglichkeiten

Penzion U Michala, Prášily 111, 34201 Prášily, Tel. 0042/376589029, villakarolina@prasilskyraj.cz, www.prasilskyraj.cz Penzion Bruckneruv Dum, Prášily 117, 34201 Prášily, Tel. 0042/605016508, brucknerdum@senzam.cz, www.bruckneruvdum.cz Informationszentrum Poledník, www.npsumava.cz/navstivte-sumavu/navstevnicka-centra/informacni-stredisko-polednik, Mai/Okt. je nach Schneelage, Sa/So ab 10 Uhr, Juni–Sept. tägl. ab 10 Uhr

Lust auf mehr?
Wandergeheimtipps Bayerischer Wald
Erlebe alle Touren aus dem Guide!
Sie vermissen die Ruhe beim Wandern? Wir verraten Ihnen einsame Wege zu den schönsten Wanderzielen und wo es unbekannte Orte zu entdecken gibt.
Bitte beachten!

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.