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Vergessene / Entdecker Pfade
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Wandern Bayerischer Wald: Von Hofberg zur Kirche Rothenbaum

Anspruch:
leicht
Dauer:
03:09 Std.
Länge:
12.5 km
Aufstieg:
220 m
Abstieg:
220 m

Verlassene Heimat. Wo wir heute ungehindert über die Grenze wandern, standen noch vor einer Generation Wachtürme. Die Region entlang der Grenze ist nun ein verborgenes Wanderparadies inmitten sonnig blühender Viehweiden, verträumter Waldhügel und jeder Menge Geschichte.

Beschreibung

Weg in die Vergangenheit   

Wenn man von Eschlkam nach Warzenried und weiter hinauf nach Hofberg fährt, fühlt es sich beinahe so an, als würde man die Welt hinter sich lassen. Die Welt vielleicht nicht, aber den Alltag sicher. Einsam und verträumt liegt der Weiler als letzter Außenposten vor der Grenze auf der Anhöhe.

Vom Wanderparkplatz in Hofberg wandern wir entlang des Baierwegs über einen Feldweg hinunter zur Grenze. Heute sind dort nur noch der kleine Schilderwald, der die Staatsgrenze ankündigt, und ein mächtiger Granitblock. Vor nur einer Generation noch undenkbar, laufen wir heute auf tschechischer Seite geradeaus weiter und folgen dem Weg wie durch eine Allee bis zu einer Kreuzung. Vier von Bäumen gesäumte Wege laufen hier zusammen; die Bäume der Allee zeichnen Schattenbilder auf den Weg.

Wir überqueren die Kreuzung und sehen am Horizont schon die ersten Häuser von Fleky (Flecken) – noch ein knapper Kilometer zu laufen. In Fleky folgen wir der Straße links nach Norden bergab. Sie führt hinaus zur Landstraße, die Všeruby und Chudenín verbindet.

Mahnung und Erinnerung   

Nach zehn Minuten steht links dieser Straße eine kleine Gedenkstätte. Hier stand einst die Kirche der Gemeinde Rothenbaum. Ihre versprengten Ortsteile, darunter Fleky und Liščí (Fuchsberg), waren seit dem Mittelalter überwiegend deutsch besiedelt.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Bezirk der Tschechoslowakei zugeschlagen, dann nach dem Münchner Abkommen 1938 an das Deutsche Reich und nach Kriegsende wieder an die Tschechoslowakei angeschlossen. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung zwischen 1946 und 1947 und der sukzessive Abriss vieler Höfe und Weiler sowie die Nähe zur Grenze ließen den Ort beinahe veröden. »Die hiesige Kirche der Jungfrau Maria Bolestna brannte zusammen mit dem Pfarrhaus am 3. Mai 1953 nieder. Auch der Friedhof, der die Kirche umgab, wurde vernichtet. Nicht einmal das Schulgebäude und die übrigen Häuser blieben verschont. Die Ruinen wurden im Dezember 1957 beseitigt«, berichtet eine Tafel von der schicksalshaften Nachkriegszeit.

Die Pfarrei Rothenbaum wurde bereits im Jahr 1676 gegründet. Nachdem der Grenzübergang nach dem Krieg zwar streng bewacht, aber geöffnet war, wurde die Grenze Anfang der 1960er-Jahre ganz geschlossen. Die neue Offenheit hat inzwischen vieles einfacher gemacht – auch das Andenken. Die Grundmauern der Kirche sind rekonstruiert, die nebeneinander aufgereihten Grabsteine des Friedhofs halten heute die Menschen und die Geschehnisse von einst in Erinnerung. Jedes Jahr Anfang September findet dort wieder ein Gottesdienst statt.

Zur Bärenkapelle   

Gegenüber der Gedenkstätte führt der Weg (Markierung rot-weiß) nun geradeaus, an einem Hof und Viehweiden vorbei, und folgt dem Waldrand nach links bergab. Wir durchwandern eine Senke und steigen an den nördlichen Ausläufern des Lišák (Plattenberg, 710 m) wieder bergan. Der Waldweg ist bisweilen stark verwachsen, aber immer gut zu erkennen und begehbar.

Einen guten Kilometer wandern wir so am Waldrand entlang. Das Panorama erstreckt sich über die Weiden von Liščí (Fuchsberg) und wird im Norden am Horizont von den bewaldeten Höhen des Gibacht (938 m) und des Čerchov (1042 m) mit seinen ehemaligen Spähtürmen abgeschlossen.

Wir erreichen schließlich eine Forststraße, der wir nach links bis zu einer Gabelung folgen. Dort geht es für uns nach rechts, der Markierung grün-weiß folgend, und bereits wieder Richtung Fleky – vielleicht kreuzt dabei ein Fuchs oder Dachs, die heute wieder in den Wäldern rund um den Plattenberg heimisch sind, unseren Weg.

Die Markierung kündigt vorher noch von einem weiteren Ziel: »Medvedi Kaple«, die Bärenkapelle (631 m). Ca. 500 Meter nach der Abzweigung führt ein kurzer Abstecher vom Hauptweg zu ihr hinauf. Die Legende besagt, dass ein Bauer aus Fuchsberg 1719 dort unterhalb des Plattenbergs von einem Bären angegriffen wurde. Und weil er den wilden Kampf überlebte, baute er aus Dankbarkeit an diesem Ort eine Kapelle. Doch die Geschichte der Kapelle reicht bis in die Gegenwart: Nach dem Krieg wurde sie von Soldaten, die den Grenzstreifen kontrollierten, bisweilen als Unterstand genutzt. Schließlich verfiel sie. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nahm sich ein Privatmann, der einst aus Fuchsberg vertrieben wurde, mit seiner Familie der Sache an und baute die Kapelle in eigener Leistung wieder auf.

Über Flecken nach Hofberg   

Zurück auf dem Hauptweg folgen wir diesem nun weiter nach rechts bis zur Waldgrenze. Den Angriff eines Bären müssen wir vermutlich nicht mehr befürchten, eher schon die Begegnung mit Wildschweinen, deren Bestände in der Gegend wieder ansteigen. Vielleicht sehen wir auch einen Bussard, der über den umliegenden Feldern seine Kreise zieht.

Wir haben nun den Plattenberg beinahe umrundet. Vor uns ziehen die Felder gemächlich ins Tal und treffen sich am Geleitbach mit den Abhängen seines Gegenübers, des Kamenák (751 m). Wir queren die Weide auf einem Feldweg und erreichen die Straße – nach links, talwärts, führt sie nach Chudenín, nach rechts hinauf nach Flecken. Ein verfallener Hof steht auf der linken Seite. In einer halben Stunde haben wir Flecken erreicht und gehen an der Wegkreuzung in der Dorfmitte geradeaus, vorbei am Kriegerdenkmal. Hier haben wir unsere Rundwanderung durch die Geschichten eines verlassenen Dorfes beendet, und über die uns schon vom Hinweg bekannte Allee erreichen wir in einer halben Stunde wieder Hofberg.

Touren-Charakter

Einfache Rundwanderung durch das ehemalige Niemandsland des Grenzstreifens mit Besuch der Gedenkstätte Rothenbaum. Idyllischer Rundweg um den Plattenberg. Vor und nach Fleky auf Teer, sonst Wald- und Schotterwege

Beste Jahreszeit

März bis November

Ort

Hofberg

Ausgangspunkt

Wanderparkplatz, 609 m, in Hofberg (am Ortsausgang entlang des Baierwegs Richtung Grenze)

Endpunkt

Wanderparkplatz, 609 m, in Hofberg (am Ortsausgang entlang des Baierwegs Richtung Grenze)

Route

Hofberg – Rothenbaum 45 Min. – Bärenkapelle 45 Min. – Hofberg 1.45 Std.

Höchster Punkt

Bärenkapelle, 631 m

Tipp zum Tourenausklang

»In der neuen Mitte Europas«: Mit dem Kunstwanderweg und dem Kunstpavillon hat Eschlkam ein die Grenzen überwindendes Zeichen gesetzt. Für den Pavillon haben Künstler u. a. aus Deutschland und Tschechien eigens Werke angefertigt (www.eschlkam.de).

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Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
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