Wandern Allgäu: Auf den Großen Daumen
Wo der Allgäuer Sisyphos sich mit einem Bierfass plagt. Der Große Daumen ist ein herrlicher Gipfel ganz hinten im Ostrachtal. Die Besteigung ist abwechslungsreich und lässt sich wunderbar mit einer Hüttenübernachtung kombinieren. Diese muss allerdings nicht sein, wenn man flink unterwegs ist.
Tempo entscheidet
Diese Gipfelbesteigung ist mit einer etwas aufwändigeren Planung verbunden, denn die Tour startet im hinteren Ostrachtal und dorthin kommt man nur zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Bus. Wenn man diese Wanderung an einem Tag machen möchte, muss man schneller sein als der Durchschnittswanderer oder zumindest fitter und noch eine 8 Kilometer lange Zufahrt mit dem Fahrrad zum Einstieg auf sich nehmen. Der Busfahrplan lässt nämlich höchstens ein knappes Zeitfenster von 6.35 Stunden zu, um diese Strecke zu bewältigen. Also ist man entweder erstens besonders schnell unterwegs oder zweitens, man fährt mit dem Fahrrad das Tal hinauf bis zum Einstieg, was auch schon anstrengend ist, oder drittens, man macht sich keinen Stress, reist mit dem Bus an und übernachtet auf der Schwarzenberghütte. Dann kann man am nächsten Morgen früh los und hat auch noch genug Zeit für eine Einkehr, bevor der letzte Bus am Nachmittag wieder zurück nach Hinterstein fährt. Die Tour erfordert Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowie trockenes Wetter und schneefreie Felsen.
Eine Nacht auf der Hütte
Die Bushaltestelle, an der wir loswandern, heißt nicht umsonst »Aufstieg Schwarzenberghütte«. Gleich rechts geht es hier den Berg hinauf. Zunächst noch über eine Kuhweide und dann durch Wald. Der Weg stimmt von Anfang an auf die Tour ein: Es geht recht knackig bergauf. Wer diese Wanderung auf zwei Tage aufteilt und auf der Schwarzenberghütte übernachtet, hat es aber nicht weit. Bereits nach rund einer Stunde darf man sich dann auf sein Abendessen und den nächsten Morgen in den Bergen freuen. Zum Sonnenuntergang traut man sich aber am besten noch mal aus der gemütlichen Stube heraus und bestaunt die Berge, die auf der gegenüberliegenden Talseite noch beleuchtet werden. Kein Wunder, dass dieses Fleckchen auch »kleines Paradies« genannt wird.
Zum Engeratsgundsee
Von der Schwarzenberghütte geht es noch ein Stück über einen Pfad weiter, dann treffen wir auf eine Fahrstraße. Dieser folgen wir nach rechts, wo wir in einer Kurve einen Bach überqueren. Kurz danach beginnt der große Aufstieg. Rechts schlängelt sich ein Pfad zwischen Wiese, Sträuchern und Felsen hindurch. Der Weg ist steil und wir gewinnen schnell an Höhe. Hier stehen nun schon keine Bäume mehr und der Blick ist frei. So erreichen wir den Engeratsgundsee, der einer recht kargen Landschaft zu etwas mehr Farbe verhilft. Hier kann man sich kurz erfrischen, wobei erfrischen genau das richtige Wort ist, denn das Wasser ist ziemlich kalt.
Überschreitung des Großen Daumens
Wir umgehen den See nach rechts und schon nach ein paar Metern geht es wieder verlässlich bergauf. Bald erreichen wir das Türle, einen Sattel, der uns eine neue Aussicht ins nächste Tal schenkt. Anschließend queren wir den Hang hoch über dem Engeratsgundsee. Hier wird es nun noch einmal richtig felsig und vor allem der letzte Abschnitt zum Gipfel geht steil bergauf. Oben ist schön viel Platz, so findet jeder ein gemütliches Plätzchen für seine Brotzeit – nicht umsonst heißt der Berg »Großer« Daumen. Nach einer Gipfelpause steigen wir auf der anderen Seite wieder bergab. Noch bevor wir den tiefsten Punkt hier am Kamm erreichen, wenden wir uns nach links, wo wir in engen Kehren durch abermals steiles Gelände zum Laufbichlsee hinabwandern.
Allgäuer Sisyphos
Auch hier gehen wir wieder nach links, um unsere Runde um die zwei Seen zu vollenden. Ein aussichtsreicher Pfad, der nur gemächlich an Höhe verliert, bringt uns zurück zum Engeratsgundsee. Dabei können wir einen Blick ganz hinten ins Tal werfen. Dort liegen die Wengenalpen, wo der Geist von einem Senn sein Unwesen treibt. Zu seinen Lebzeiten war er oft betrunken auf der Alp. Deshalb vernachlässigte er seine Arbeit, weil seine Priorität war, sein Bierfässle hinauf zur Hütte zu bringen. Und so muss er noch im Tod immer ein schweres Bierfass den Hang hinauf zur Alpe tragen. Jedes Mal, wenn er fast an der Hütte angekommen ist, rutscht er aus und das Fass fällt ihm aus den Händen. Es rollt den steilen Berg hinab und er muss mit seiner Aufgabe wieder von vorn anfangen. Mit dieser Geschichte können wir uns einen Teil des Abstiegs vertreiben, denn ab dem Engeratsgundsee ist dieser derselbe wie der Aufstieg, bis wir wieder auf der Fahrstraße ankommen.
Zweimal Einkehr auf den letzten Meter
Hier gehen wir weiter auf einem Pfad über die Wiesen hinab zur Alpe Engeratsgund. Dort warten Brotzeiten mit selbst gemachten Leckereien auf hungrige Wandersleut und auch ein kühles Bier bekommt man hier ganz ohne Anstrengung. Anschließend gelangen wir über die Fahrstraße hinab zum Giebelhaus, der Endstation des Talbusses. Auch hier haben wir noch einmal die Möglichkeit einzukehren – praktisch, falls wir noch auf den Bus warten müssen.
Region
Touren-Charakter
Alpine Wanderung auf schönen Waldwegen und anspruchsvollen Steigen zu herrlichen Aussichten
Ausgangspunkt
Haltestelle Aufstieg Schwarzenberghütte
Route
Haltestelle - Schwarzenberghütte 1 Std. - Engeratsgundsee 1.45 Std. - Großer Daumen 1.15 Std. - Laufbichlsee 0.30 Std. - Engeratsgundalpe 2 Std. - Giebelhaus 0.30 Std.
Höchster Punkt
Großer Daumen, 2280 mInformation
Orientierung: Alle Wegpunkte gut ausgeschildert
Zochel
Im Giebelhaus gibt es etwas, das man sonst nur selten auf einer Speisekarte findet: Die Spezialität des Hauses ist Zochel. Das ist Knödelteig, der in Wirsing gewickelt und mit Käse aus dem Tal überbacken wird – nach so einer langen Wanderung ein stärkendes Mahl.
Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden.
Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.