Klettersteig in den Dolomiten: Vom Val Marzon zum Sentiero Durissini
Auf diesem Klettersteig in den Dolomiten bist du selbst an schönen Sommertagen fast alleine unterwegs. Und dass, obwohl du grandioses Panorama und Weitblicke zu den berühmten Drei Zinnen hast!
Die Cadini di Misurina bilden zusammen mit den Drei Zinnen und dem Sorapiš die fantastische Kulisse des Bergsees, der zu den Hotspots der Ampezzaner Dolomiten zählt. Das hat seinen Preis, Bergeinsamkeit gibt’s hier höchstens noch bei Regenwetter. Dann aber ganz ohne den formidablen Hintergrund.
Bergeinsamkeit in den Sextener Dolomiten
Ganz anders die Rückseite des Massivs, vom Massentourismus völlig übersehen – glücklicherweise! In den Südtälern der Sextener (zu denen die Cadini gehören) gibt es sie nämlich noch, die vielbeschworene Bergeinsmakeit, sogar an sonnigen Sommertagen.
Du bist allein in der Natur, genießt kleine bunte Sehenswürdigkeiten und große graue wie den unglaublich schlanken Felsturm der Kleinen Zinne, der über dem Vallon de Lavaredo buchstäblich in den Himmel schießt. Die berühmten "Drei" hießen drunten in Auronzo früher schlicht Monte Bello.
Ungewohnte Perspektiven der Drei Zinnen
Lang ist der Anstieg zum Sentiero Durissini, doch nach vier Stunden ist man – auch gefühlsmäßig – ganz oben angekommen: Dolomitenzauber.
Der Abstieg durch das Val d’Onge bietet zum Abschluss Gelegenheit, nochmals zurückzuschauen, auf den bizarren Zackenwald und vor allem hinauf in die Felswildnis, wo man ein paar Stunden zuvor noch auf schmalen Pfaden unterwegs war – und hinabgeschaut hat in dieses stille Südtal der Sextener Dolomiten.
In die Cadini
Die Tour startet als Asphalthatscher, führt von Cason de la Crosera (1207 m) im Val Marzon über ein paar Kehren bergan. Nach zwei Kilometern endet die Straße an einer Brücke; das gut bezeichnete Weglein führt an, neben und in einem Bachbett weiter. Dabei bieten sich schöne Rückblicke auf die Vorberge des Zwölfers (3094 m); über dem Vallon de Lavaredo zeigt sich der (aus dieser Perspektive) unglaublich schlanke Felsturm der Kleinen Zinne.
An der folgenden Weggabelung (1506 m) hält man sich links und wandert hinein in das Cianpedeletal. Über steinige Grashänge geht‘s hinauf zur Forcela de Rinbianco (2176 m); knapp unterhalb der Scharte mündet der Sentiero Bonacossa. Er leitet ansteigend in den Karwinkel unter dem Passo dei Toce (2367 m).
Der Klettersteig Sentiero Durissini
Hier zweigt der Sentiero Durissini, das ostseitige Pendant zum Bonacossa-Steig, ab (siehe Tipp). Er führt als Geröllspur unter den Felsen hindurch und im Zickzack hinauf zur Forcella della Torre (2410 m). Jenseits der Scharte steigt man im Links-rechts-Takt ab ins "Verlorene Kar"« (Ciadin Deserto), um nach kurzer Hangquerung gleich wieder über Kehren aufzusteigen zur Forcella Sabbiosa (2436 m).
Hier hat man bereits Sichtverbindung mit der Forcella del Ciadin Deserto (2420 m). Ab- und anschließend wieder ansteigend leitet der Sentiero Durissini in diese nächste Scharte. Dahinter geht’s am Fuß einer senkrechten Wand im Geröll abwärts, dann in kurzem Gegenanstieg zu einer Geländeschulter in wildromantischer Kulisse.
Links am Felsdurchschlupf der Forcella Cristina vorbei und in weitem Bogen unter den Wänden der Cima Eötvös (2825 m) in den mit Bergsturztrümmern übersäten Boden des Ciadin de le Pere.
Auf den Spuren des Alpinismus in den Dolomiten
Die Cima Eötvös verdankt ihren Namen zwei recht kapriziösen, allerdings auch sehr sportlichen Damen aus Budapest, denen in den Dolomiten einige Erstbegehungen im Steilfels gelangen, auch in den Cadini. An der Tofana-Südwand bewiesen Ilona und Rolanda Eötvös im Sommer 1901 ihren Führern Dimai, Siorpaès und Verzi, was Frauenpower vermag… Die Leidenschaft fürs Klettern vermittelte den Schwestern ihr Vater, Loránd Eötvös, von Beruf Physiker und ein begeisterter Alpinist.
Im Südgrat der Cima Eötvös steht ein schlanker Turm, der ebenfalls an einen prominenten Kletterer erinnert: der Campanile Dülfer. Hans Dülfer, einer der besten Kletterer seiner Zeit, dem vor allem im Wilden Kaiser aufsehenerregende Erstbegehungen gelangen, bestieg den Campanile im Sommer 1913 zusammen mit Walter von Bernuth, eine Tour im V. Schwierigkeitsgrad.
Von der Città di Carpi knieschonend ins Tal
Der Sentiero Durissini steigt kurz an zur Selletta Alta di Maraia und läuft anschließend über karge Almwiesen hinüber zum Rifugio Città di Carpi (2130 m) wenig oberhalb der Forcella Maraia (2101 m). Hier endet eine ehemalige Kriegsstraße, auf der man über viele Serpentinen sehr knieschonend absteigt in das Val d‘Onge.
Der Fahrweg ist an mehreren Stellen durch Muren verlegt, was eindrucksvoll belegt, dass selbst Berge nicht für die Ewigkeit geschaffen sind. An der Mündung des Ongetals, bei Cason de la Crosera, endet die große Runde.
Region
Touren-Charakter
Dass die Sextener Dolomiten auch eine stille, fast "vergessene" Seite haben, macht diese große Runde auf sympathische Weise sicht- und erlebbar: Auf- und Abstieg werden nur schwach frequentiert und auch der südostseitige Höhenweg, der mehrere Scharten miteinander verbindet, ist keine Wanderautobahn. Insgesamt ein anstrengendes Tagespensum. Trittsicherheit und Bergerfahrung unerlässlich (kürzere gesicherte Passagen), dazu natürlich eine tadellose Kondition. Faszinierend die Felskulisse am Sentiero Durissini!
Ausgangspunkt
Cason de la Crosera (1207 m) im Val Marzon; asphaltierte Zufahrt von der Straße Auronzo - Misurina, knapp 4 km
Endpunkt
Cason de la Crosera (1207 m) im Val Marzon; asphaltierte Zufahrt von der Straße Auronzo – Misurina, knapp 4 kmRoute
Gesamt 9.00 Std.; Aufstieg 3.00 Std., Sentiero Durissini 3.30 Std., Abstieg 2.30 Std.
Schwierigkeit
K2Höchster Punkt
Forcella Sabbiosa (2436 m)Information
Markierung Durchwegs ordentlich markierte Wege
Ähnliche Eindrücke wie der Sentiero Durissini vermittelt der Bonacossa-Steig, allerdings mit dem Vorteil, dass die Tour nicht drunten im Val d’Ansiei, sondern am Col de Varda (2115 m; Sessellift) oberhalb des Misurinsasees startet.
Die Durchquerung der gesamten Cadinigruppe bis zur Forcella Longeres (2235 m) ist in 5 Stunden zu schaffen, mit dem Abstieg zum Misurinasee ergibt sich eine Gesamtgehzeit von gut 6.30 Stunden. Durchgehend markiert, mehrere gesicherte Passagen (Drahtseile, Leitern).
Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden.
Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung,
sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.