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Fahrrad Bodensee: St. Gallen

Anspruch:
mittel
Dauer:
01:00 Std.
Länge:
7 km
Aufstieg:
110 m
Abstieg:
110 m

Bistum, Bären, Bratwurst. Sie fing ganz klein als Einsiedelei an, wurde Fürstabtei sowie reiches Textilzentrum und ist heute UNESCO-Weltkulturerbe: die Kantonshauptstadt St. Gallen.

Beschreibung

Die Kantonshauptstadt

Im Jahre 612 durchzog der irische Wandermönch Columban die Bodenseeregion mit seinem Begleiter Gallus, um die christliche Missionierung voranzutreiben. In Bregenz erkrankte Gallus und zog sich allein tief in die Wälder hinter Arbon zurück, wo er eine Klause mit einer kleinen Kirche baute – diese wurde archäologisch inzwischen aufgefunden. Gleichgesinnte schlossen sich ihm an und im Jahre 719 übernahm der einheimische Priester Otmar die Leitung und bald darauf die Benediktinerregel: St. Gallen stieg schnell zu einer der bedeutendsten Abteien des Frankenreichs auf und brachte zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten hervor. Wie die Reichenau wurde man zum Zentrum der Gelehrsamkeit und der Kunst.

Anders als das Inselkloster konnte St. Gallen seinen Status jedoch über die Jahrhunderte durch alle Krisen hindurch bewahren und wurde zum Zentrum des Fürstenlands und Toggenburgs, dem Kern des heutigen Kantons St. Gallen. Die Stadt ist von ihrer Vergangenheit geprägt, doch keineswegs angestaubt. Die einst von den Mönchen eingeführte Textilindustrie blüht hier, wenn auch nicht mehr ganz so glanzvoll wie früher, noch immer, die Gelehrsamkeit setzt sich in der berühmten Hochschule St. Gallen fort, das Kloster ist heute Bischofssitz und Regierungsgebäude, das einst kleine Klosterdorf des Frühmittelalters die zweitgrößte Stadt nah am Bodensee.

Ein Bogen zum Kloster Notkersegg

Kein Wunder also, dass man hier problemlos den ganzen Tag verbringen kann. Bevor wir uns aber der inneren Stadt widmen, wollen wir mit dem Kloster Notkersegg ein erstes Kleinod etwas außerhalb erkunden – und damit gleichzeitig einen Überblick über die Kantonshauptstadt gewinnen. Wir beginnen unsere Tour am prächtigen Bahnhof neben dem unübersehbaren modernen Rathaus. An diesem vorbei fahren wir geradeaus in die Poststrasse bis zur Kreuzung, hier in spitzem Winkel rechts an der Altstadt entlang.

Es geht etwas bergan bis zur Gallusstrasse, diese rechts bis auf den Vorplatz des Klosters. Hier kann man schon mal die Aussicht auf den Stiftsbezirk genießen, bevor es – wir halten uns rechts – via St.-Georgen-Strasse vorbei an der Talstation der Mühleggbahn in die Moosbruggstrasse geht. Im Kreisel am Spisertor gleich die erste rechts (Linsebühlstrasse) und von dieser dann nach wenigen Metern rechts ab in die Speicherstrasse.

Hier beginnt der nicht ganz zu vernachlässigende Anstieg hoch zum Kloster Notkersegg. In der Tradition des Stadtheiligen fanden sich im Spätmittelalter einige Frauen zusammen, um in den Wäldern ein gemeinsames frommes Leben zu führen. Ihre Sammlung überstand die Reformation und schloss sich 1610 den Kapuzinerinnen an. 1663 bis 1669 zogen sie etwas näher an die Stadt in das neu errichtete Kloster Notkersegg um. Ein Brand zerstörte 1718 große Teile der Bauten, doch wurde der Konvent bis 1720 wiederhergestellt – und besteht seitdem bis zum heutigen Tag. Wenn Sie die Kirche betreten, wundern Sie sich womöglich, dass sie Ihnen von außen doch deutlich größer vorkam. Sie haben recht.

Wir sehen nur die Laienkirche, doch hinter dem Hochaltar beginnt der Nonnenchor – die strenge Klausur verbietet den Kontakt zur Außenwelt. Doch was wir zu sehen bekommen, hat wenig von klösterlicher Armut, barocke Altäre des 18. Jahrhunderts mit wunderlich blau glänzenden Säulen und auch sonst eine gediegene Ausstattung aus jener Zeit prägen den Innenraum. Das Klostergeviert mit den Wirtschaftsbauten entstammt noch dem 17. bzw. dem 18. Jahrhundert nach der Brandkatastrophe. An der Vorderseite geht der Blick hinab ins Tal der Stadt St. Gallen, weiter nördlich ist der Bodensee bei gutem Wetter erkennbar. Neben dem Kloster befindet sich auch ein Bauernhof, wo man sich mit regionalen Produkten versorgen kann.

Im Stiftsbezirk

Auf gleichem, aber abwärts nun wesentlich bequemerem Weg rollen wir zurück in die Stadt bis zum Spisertor-Kreisel. Wir fahren in diesem nun links am Karlstor (16. Jh.), einem der wenigen Reste der einst ältesten Stadtbefestigung der Schweiz, vorbei – immer noch auf uns bereits bekanntem Weg – zurück zum Stiftsgelände, das naturgemäß von der Kathedrale beherrscht wird. Zurück am Gallusplatz, der dank seiner prächtigen Altstadtbauten nicht grundlos zu den schönsten der gesamten Schweiz gezählt wird, stehen wir vor einem ihrer Haupteingänge auf der Rückseite der einstigen Klosterkirche. Vom Kirchlein des Einsiedlers Gallus bis zu diesem monumentalen Klosterbau sind sichtlich einige Jahrhunderte und zahlreiche Um- und Neubauten vergangen.

Von den Glanzzeiten des Frühmittelalters sind uns baulich immerhin die Krypten unterhalb der Kirche (9. Jh.) und zahlreiche Bruchstücke geblieben, die heute im Lapidarium zu bewundern sind. Von stattlicher Größe, kaum hinter dem heutigen Gebäude zurückstehend, war das Gotteshaus schon im Mittelalter, bevor es 1755 bis 1766 mitsamt dem Großteil der Klostergebäude komplett ersetzt wurde. Zahlreiche Koryphäen der Architektur – Johann Caspar Bagnato, Peter Thumb und Mitglieder der Familie Beer – sowie der verschiedenen Künste haben mitgewirkt, um dieses prachtvolle Gesamtkunstwerk zu schaffen. Wer eintritt, ist überwältig von der Pracht, obwohl diese durch die Breite des Raums gemildert wird und eher im Detail liegt. Allein, um nur ein Beispiel anzuführen, jeder einzelne Beichtstuhl (es sind sagenhafte sechzehn) aus den Händen des berühmten Josef Anton Feuchtmayer ist ein Rokokotraum.

Damit nicht genug. Die Kirche und das Gebäude wären unzweifelhaft schon des verliehenen Status als UNESCO-Weltkultur­erbe würdig, wenig verwunderlich also, dass hier sowohl der Bischof als auch die Kantonsregierung ihren Sitz genommen haben. Doch es kommt noch hinzu, dass St. Gallen viele Kunstschätze literarischer Art glücklicherweise über die Jahrhunderte retten konnte. Und diese hat man nicht einfach in einem Archiv versteckt, sondern sie werden im schönsten Rokokosaal der Schweiz den Besuchern präsentiert. »Heilstätte der Seele« steht über dem Eingangsportal zu der berühmten Stiftsbibliothek, wo knapp 2000 originale Handschriften des Frühmittelalters und zahlreiche spätere Drucke an historischer Stätte aufbewahrt und gezeigt werden; darunter der bekannte Klosterplan St. Gallens von 819, angefertigt übrigens von den Mönchskollegen der Reichenau (Bibliothek täglich geöffnet 10–17 Uhr). Der Eingang ist vom Gallusplatz aus am linksseitigen Klostergebäude.

In der Stadt

Der Klosterbezirk ist quasi sein eigener Stadtteil, das Verhältnis zwischen den Mönchen und den Städtern war nicht immer ganz so harmonisch, besonders nach Einführung der Reformation. Symbol hierfür ist die benachbarte reformierte Pfarrkirche St. Laurenzen, erreichbar über die Gallusstrasse rechts am Stiftsbezirk entlang, die im 19. Jahrhundert durch einen neugotischen Umbau stark verändert wurde. Hinter ihrem Chor entlang kommt man über die Kugelgasse vorbei am Waaghaus hinüber in die Katharinengasse, benannt nach dem in der Reformation aufgelösten Frauenkloster, dessen Überreste mit sehenswertem spätgotischem Kreuzgang links zu erkennen sind. Am Ende der Gasse links (Goliathgasse), dann scharf rechts hoch zur alten Kirche St. Mangen, Heimstätte der Inklusin Sankt Wiborada. Von dort kann man geradeaus wieder zentral in die Innenstadt mit der Fußgängerzone zurückrollen (via Marktgasse).

Das Rad sollte man vielleicht für einige Zeit abstellen und durch die Gassen und Straßen St. Gallens bummeln, sei es zum Einkaufen, zur Rast in einem der Cafés oder Gasthäuser oder um Erkundigungen nach eigenen Vorlieben vorzunehmen – berühmt ist die Altstadt zum Beispiel für ihre zahlreichen Erker; wer den Kopf nach oben hält, kann davon sehr viele, oft liebevoll restaurierte Exem­plare entdecken. Zudem wartet St. Gallen mit zahlreichen Museen auf, von der modernen Kunst über Textil bis zu Historie und Naturkunde.Als Abschluss besuchen wir noch das zeitgenössische St. Gallen.

Vom Markplatz aus geht es wieder hinaus aus der Altstadt in die Straße Oberer Graben. Hier links hoch bis zur Gartenstrasse, in diese rechts einbiegen. Schon sind wir in der StadtLounge um den Roten Platz – warum dieser so heißt, können Sie hier sehen. Im »Freiluftwohnzimmer der Stadt«, zwischen überwiegend modernen Bauten, kann man auf rotem Belag gehen und sitzen und dabei entspannt die wolkenartige Beleuchtung und manch andere Kunst bewundern. Die benachbarte Schochengasse führt dann wieder direkt zum Bahnhof zurück.

Touren-Charakter

Lang gezogener Anstieg zum Kloster Notkersegg, ansonsten viel innerstädtischer Verkehr. Auf Einbahnstraßen und Fußgängerzonen achten

Ausgangspunkt

St. Gallen, Bahnhof

Endpunkt

St. Gallen, Bahnhof

Bodensee-Erfahrung: Die St. Galler Bratwurst

In St. Gallen kann man sich auch einer ganz besonderen Art der Kultur, der Kulinarik, widmen. Weltberühmt und sogar ein eingetragenes Warenzeichen ist die St. Galler Bratwurst, eine stattliche Variante mit sehr feinem Brät, deren Besonderheit – typisch für die Schweiz, möchte man sagen – unter anderem in der Zugabe von Milch liegt. Dazu kommen einige vorgeschriebene, aber auch zusätzliche Gewürze, die den Metzgern aus der Region durchaus kreative Möglichkeiten lassen. Zu bestimmten Anlässen (Olma-Messe, Kinderfest) gibt es Extraspezialitäten, die teils enorme Ausmaße annehmen.

Guten Appetit

Am Bauernhof neben dem Kloster Notkersegg gibt es verschiedene Produkte direkt vom Erzeuger zum Mitnehmen – am Automaten auch rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Dabei fehlt natürlich auch die legendäre St. Galler Bratwurst nicht.

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