Bruckmann CMYK quer
Radtouren - … erfahren
fahrrad

Fahrrad Bodensee: Gottmadingen – Randegg – Kattenhorn – Hemmenhofen

Anspruch:
leicht
Dauer:
02:30 Std.
Länge:
36 km
Aufstieg:
20 m
Abstieg:
20 m

Otto Dix auf der Höri. Ab 1933 lebte der Maler Otto Dix mit seiner Familie erst im Hegau, dann auf der Höri. Dieses »Exil« prägte seine Werke, statt Großstadtleben schuf er nun Landschaften, inspiriert von der Umgebung.

Beschreibung

Von Gottmadingen nach Randegg

Wir starten am Bahnhof von Gottmadingen, einem 10 000-Einwohner-Ort, der Ende des 19. Jahrhunderts sprunghaft vom Dorf zum Industriestandort aufstieg. Hiervon künden noch heute zahlreiche Villen und Amtsbauten der Gründerzeit sowie die große moderne Georgs­kirche (1930/32). Über die Johann-Georg-Fahr-Straße fahren wir links auf die Hauptstraße und gleich an der Kreuzung darauf rechts in die Randeggerstraße – die Radwegschilder sind hier bereits im weinroten »Schweizer Stil«. Mit dem letzten Wohnhaus können wir links auf den Radweg wechseln, der uns bequem, den Weiler Petersburg umkurvend, an den Ortsrand von Randegg bringt. Hier biegen wir nicht auf den Radweg am Flüsschen Biber ein, sondern fahren direkt in den Ort hinauf – denn dieser ist ein verborgenes Schatzkästlein des Hegaus.

Die erste Station ist die Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Ottilien links. In ihrem spitzbedachten Turm hängt eine von Deutschlands ältesten Glocken aus dem Jahre 1209. Im Innern des spätgotischen Kirchleins findet sich neben der Barockausstattung auch die sehr schöne Ottilienbüste von 1350. Weiter auf der Otto-Dix-Straße finden wir im Ortskern zahlreiche stattliche Häuser des 18. Jahrhunderts und den als Denkmal leer gelassenen Platz der einstigen Synagoge (siehe Infokasten). Rechts ragt das Renaissanceschloss Randegg mit seinen markanten Ecktürmen auf. Links finden wir die Ottilienquelle.

Einst Mitte des 19. Jahrhunderts als Heilbad eröffnet, kann man dort noch immer das beliebte Ottilienwasser kosten. Otto Dix zog sich mit seiner Familie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933, die ihn als einen der bekanntesten Vertreter der aus ihrer Sicht »entarteten Kunst« leidenschaftlich ablehnten, auf Schloss Randegg zurück, das seinem Schwager gehörte. Mit seinen drastischen Schilderungen des Weimarer Neureichenlebens und seiner Schattenseiten, aber vor allem mit seinen ungeschönten Kriegsbildern war Dix neben George Grosz zum international renommierten und heiß diskutierten Künstler aufgestiegen. Nun verlor er seine Posten als Akademiemitglied und Professor, Bilder wurden beschlagnahmt und zerstört, hier im abgelegen Hegau wollte Dix, der Großstadtmensch, sozusagen überwintern. Man wohnte in einem Schloss, aber es ging recht dürftig zu. Statt großer Gemälde schuf Dix nun Landschaften. »Hier war ja weiter nichts. Also raus in die Landschaft und Bäume gezeichnet …«, so Dix später. Heute erinnern nicht nur die Randegger Otto-Dix-Straße, sondern auch regelmäßige Kunstveranstaltungen im Schloss an den berühmten Bewohner.

Durch den Kanton Schaffhausen

Wie Otto Dix begeben wir uns nun in die Umgebung von Randegg, einem Grenzort, denn östlich von uns beginnt eine Exklave des Kantons Schaffhausen. An der Kreuzung unterhalb der Ottilienkirche fahren wir (wenn wir vom Schloss zurückkommen rechts) in Richtung Murbach, gleich wieder rechts und dorfauswärts (Zelgstraße) in den genannten Weiler. Hier rechts und über die Grenze weiter ins erste Schweizer Dorf: Buch. Überragt von seiner kleinen Kirche, einem Neubau des 19. Jahrhunderts, an der wir uns orientieren, weist das Dörfchen einen hübschen Ortskern auf. Über die Linkskurve im Ort kommen wir zur historischen Säge am Eselhof und dann zur Biber.

Der Fluss wird unser Begleiter, hinter der Feuerwehr, aber vor der Brücke biegen wir rechts auf den Radweg am Ufer ein. So kommen wir nach Ramsen, dem einst einzigen katholischen Ort im gesamten Kanton. Wir fahren bis ins Ortsinnere, auch hier sind viele schöne Häuser zu finden. Die katholische Kirche (rechts) ist ein spätbarocker, später noch einmal umgestalteter Bau mit sehenswerter Ausstattung. Wir fahren an der Kreuzung in der Ortsmitte rechts, gleich wieder links und dann erneut rechts unterhalb der kleinen evangelisch reformierten Kirche vorbei, hier links und dann hinaus bis kurz vor die Bahnstrecke (Museumsbahn Etzwilen–Singen).

Hier rechts auf den Radweg neben der Straße – es geht lange geradeaus. Wir bleiben auf dem Radweg und kommen so hinein nach Hemishofen. Einmal mehr begleitet von stattlichen Riegelhäusern durchfahren wir den Ort komplett und fahren unter der Brücke hindurch hinein nach Stein am Rhein. Diesen bekannten Ort heben wir uns für Tour 23 auf und umfahren die Altstadt erst links via Chlini Schanz, nochmal links über Obertor, dann rechts in die Grossi Schanz und an der Kreuzung schließlich links in die Oehningerstrasse.

Auf der Höri

Kurz vor dem Stadtende schließlich links abbiegen auf den Radweg (Rhigüetliweg) nahe ans Ufer. Auf dem Kiesweg geht es gemütlich durch den am Ufer gelegenen Öhninger Ortsteil Stiegen, am Strandbad und Schloss Oberstaad vorbei stets geradeaus. So kommen wir nach Kattenhorn, am Uferhang gelegen. Auch hier findet sich ein einst mittelalterliches Schloss, das sein heutiges Aussehen dem 19. Jahrhundert verdankt und leider unzugänglich ist bis auf die Schlosskapelle St. Blasius, aus einem Festungsturm hervorgegangen und darum von seltener Rundform (16. Jh.) mit schöner Ausstattung. Der Ort selbst wird liebevoll gepflegt, wovon viele alte Häuser und die Informationstäfelchen zur Dorfgeschichte zeugen. Otto Dix hat hier für die in der Nachkriegszeit errichtete evangelische Kirche eindrucksvolle Glasfenster geschaffen. Eine ansteigende Linkskurve führt uns aus Kattenhorn hinaus und auf die Landstraße, der wir nur sehr kurz rechts folgen, um sogleich wieder rechts auf den Radweg abzubiegen, der allerdings ebenfalls kurz darauf wieder auf die Straße einbiegt, links zu den ersten Häusern Wangens.

Im Ortskern treffen wir auf eine wunderschöne Museumskombination: das Fischerhaus aus dem frühen 17. Jahrhundert und nebenan auf dem Strand ein rekonstruiertes Haus der Pfahlbautenzeit – hier auf der Höri begann die Erforschung der heute zum UNESCO-­Weltkulturerbe zählenden Steinzeitgebäude (Öffnungszeiten: im Sommerhalbjahr Di–Sa 11–17, So 14–17 Uhr). Einen Blick sollte man auch in die Pfarrkirche St. Pankratius werfen, in dem spätgotisch-modernen Bau befinden sich mehrere alte Ausstattungsstücke, darunter das berühmte Renaissancegrab eines »schlafenden« Ritters (1610). Wie schon in Kattenhorn geht es schließlich in ansteigender Linkskurve aus dem Ort hinaus und auf dem Radweg entlang der Landstraße weiter durch das Gelände des Schlosses Marbach. Auch hier gilt: Nach mehrfacher Umgestaltung ist von der einstigen Burg nur noch wenig erkennbar, der gesamte Komplex ist privat. Belohnt werden wir mit einer längeren Abfahrt, die uns in das Dörfchen Hemmenhofen bringt.

Das kleine Kirchlein St. Agatha mit altem Turm ist im Innern ein Schmuckstück dank schöner Barockausstattung (18. Jh.). Dix zog mit seiner Familie 1936 hierher, wo ein befreundeter Architekt für die Familie ein Landhaus am Hang errichtete. Immer noch Repressalien durch das Regime ausgesetzt, konzentrierte sich der Maler weiterhin auf die Landschaftsmalerei und neuerdings auch auf religiöse Themen, die er, wie er sagte, unverfälscht darstellen wollte. Nach Kriegsende wurde Dix erst langsam wiederentdeckt, erst spät folgten Ehrungen in Ost und West, 1960 erhielt er einen Großauftrag für ein Gemälde im Rathaus von Singen. Dix starb 1969 und wurde in Hemmenhofen begraben. Sein Wohnhaus wurde inzwischen in ein Museum umgewandelt (Di–So 11–18 Uhr) und lädt zum Besuch und zur Begegnung mit dem großen Maler ein.

Unser Weg geht anschließend bis Stein zurück, hier dann rechts über den Rhein und links hoch bis zum Bahnhof – von dort mit dem Zug via Schaffhausen nach Gottmadingen.

Touren-Charakter

Der Weg führt hinab zum See und an diesem entlang, daher so gut wie keine spürbaren Steigungen. Radwege und kleine Landstraßen. Grenzübertritt.

Ausgangspunkt

Gottmadingen, Bahnhof

Endpunkt

Stein am Rhein, Bahnhof

Guten Appetit

Unsere Fahrt führt auf die Höri, die in den See hi­neinreichende Halbinsel, die ähnlich der Reichenau für ihr Gemüse bekannt ist. Am berühmtesten ist die Höri-Bülle, eine Zwiebel mit rötlichem Aussehen, die sogar ihre eigene europäische Schutzmarke hat. Hofläden an und neben der Strecke bieten wie auch Wochenmärkte nicht nur Zwiebeln an.

Bodensee-Erfahrung: Jüdisches Leben

Symbolhaft malte Otto Dix 1933 den Randegger jüdischen Friedhof als Winterlandschaft. Mehrere Dörfer des südlichen Hegaus und auch der Höri besaßen einst große jüdische Gemeinden, teils machten diese fast die Hälfte der Bevölkerung aus. In Randegg erinnern viele Häuser und der jüdische Friedhof sowie das Synagogendenkmal an die mosaischen Gemeinden, die ausnahmslos im Nationalsozialismus untergingen. In Gailingen, einst Sitz des Bezirksrabbiners, eines jüdischen Krankenhauses und einer Schule, wird die Geschichte des jüdischen Lebens der Region im Jüdischen Museum aufbereitet (Öffnungszeiten: werktags 9–16 Uhr), am Ortsrand liegt ebenfalls ein jüdischer Friedhof.

Lust auf mehr?
Den Bodensee erfahren
Erlebe alle Touren aus dem Guide!
Dieser Radführer zeigt Ihnen auf 25 abwechslungsreichen Radtouren alle Facetten der grenzüberschreitenden Bodensee-Region.
Bitte beachten!

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben kann trotz größtmöglicher redaktioneller Sorgfalt keine Haftung übernommen werden. Insbesondere bei GPS Daten können Abweichungen nicht ausgeschlossen werden.
Sicher unterwegs: Ein glücklicher und erfolgreicher Tag in der Natur setzt nicht nur die richtige Vorbereitung, sondern auch auch verantwortungsbewusstes Handeln auf Tour voraus. Das solltet ihr bei der Tourenplanung immer beachten.