VIA FERRATA GIANNI COSTANTINI
Vom Duranpass aus ist die Moiazza nicht zu sehen, da versteckt sie sich hinter dem Sass del Duràm (2515 m); doch während der Auffahrt aus dem Cordèvoletal, vom Städtchen Ágordo, hat man wieder-holt freie Sicht auf den massig-breiten Bergkörper mit seinen Wandfluchten und der großen Geröllterrasse: rechts der zerklüftete Sass del Duràm, den eine tiefe Scharte vom hohen, lang gestreckten Kamm der Cresta delle Masenade (2737 m) trennt, dann die gleichnamige, nur wenig ausgeprägte Senke und weiter die Cima Moiazza Sud (2878 m), deren Westwand jäh zur Forcella delle Nevere (2601 m) abfällt – die »Via Costantini« auf einen Blick!
Schwierig, zu schwierig?
Zu Recht gilt die »Costantini« nach wie vor als schwierigste Ferrata der Dolomiten; aus ihrer Länge, dem hochalpinen Terrain und den technischen Schwierigkeiten einiger Passagen ergibt sich ein Anforderungsprofil, mit dem sich weder eine »Piazzetta« (siehe Tour 5) oder eine »Stella Alpina« (siehe Tour 20) messen können. Also eine Unternehmung mit elitärem Anstrich, geeignet nur für ausdauernde, kräftige und erfahrene Bergsteiger? Ja, doch gibt es auch für Ferratisti, die sich der Schlüsselstelle nicht gewachsen fühlen, eine Möglichkeit, die Faszination der »Costantini« zu erleben: Aufstieg über die leichtere Westroute, weiter via »Engelsband« in die Masenadescharte, dann nordseitiger Abstieg zum Bivacco Grisetti und über den »Sentiero Angelini« zurück zum Passo Duràn – fast so weit wie die Originalrunde, aber weniger schwierig.
Zustieg.
Vom Passo Duràn führt ein markierter Weg bergan zu einer Sandpiste, die vom Colle Duràn herüberkommt. Man folgt ihr durch einen lichten Wald westwärts, hinüber und hinauf zum Rifugio Carestiato (1834 m).
Via ferrata Costantini – Ostroute.
Von der Hütte erreicht man über einen schma-len Latschenpfad rasch das Einstiegsband. Es leitet mit einer Unterbrechungsstelle (kleine Brücke) zum ersten, trittarmen Aufschwung, über den nur ein straff gespanntes Drahtseil (stemmen!) hilft. Dann geht es weniger anstrengend und gut gesichert an der riesigen, teilweise begrünten und mit kurzen Felsstufen durchsetzten Schräge unter der Pala del Belia aufwärts, zuletzt über Geröll zur Schlüsselstelle. Das in kurzen Abständen verankerte Drahtseil zieht diagonal an der trittlosen und senkrechten Wandstufe hinauf zu ein paar Eisenklammern, die über einen kleinen Überhang hinweghelfen. Steil geht’s weiter zur Schotterterrasse der Pala del Belia (2295 m). Ein nächster Aufschwung führt in eine Schlucht, die auf ein breites Geröllband mündet. Von der Cima Cattedrale (2558 m) leiten Drahtseile über gestufte, teilweise plattige Felsen hinauf zur Cima della Masenade (2737 m), dem höchsten Punkt im gleichnamigen, langen Gratrücken. Man verfolgt ihn, zuletzt absteigend, nach Westen, passiert die wenig ausgeprägte Senke der Forcella delle Masenade (2650 m; Abstiegsmöglichkeit in das nord-seitige Kar zum Bivacco Grisetti), und quert dann, teilweise gesichert, zu einem steilen Aufschwung. Über eine kurze, aber knackige Wandstufe gewinnt man die Geröllschräge unter der Cima Moiazza Sud und wenig später auch die Südostschulter des Gipfels (2784 m).
Gipfelferrata.
Der Abstecher beginnt steil; an Drahtseilen hangelt man sich zunächst schräg über eine senkrechte Wandstufe. Zwischen den bizarren Felszacken, die in der Gipfelflanke der Cima Moiazza Sud (2878 m) stehen, schlängelt sich die Ferrata hinauf zum Gerölldach des Berges. Abstieg nur über die Ferrata!
Via ferrata Costantini – Westroute.
Sie beginnt gleich mit einem absoluten Highlight, einem Spaziergang der besonderen Art: Fels himmelhoch und abgrundtief. Dazwischen verläuft das »Engelsband« (Cengia Angelini), und ihm folgt die »Costantini« quer durch die Südwestwand der Moiazza Sud, ehe sie – zuletzt über Geröll – absteigt in die Forcella delle Nevere (2601 m), in der das Bivacco Moiazza steht. Hier ist alternativ ein Abstieg zum Rifugio Vazzoler (1714 m) möglich (markiert, mit einer steilen 50-Meter-Klettersteigpassage). Aus der Scharte leiten die Drahtseile zunächst kurz aufwärts, dann über plattige Felsen und Rippen hinunter zum Felsfuß an der Mündung der Schlucht Van dei Cantôi.
Rückweg.
Ein schmaler Weg schlängelt sich zwischen Latschen weiter abwärts zum quer verlaufenden »Dolomiten-Höhenweg 1«. Auf ihm wandert man hinüber zum Rifugio Carestiato (1834 m), wo sich die Runde schließt. Auf dem Hinweg zurück zum Passo Duràn.